15-07-2010
Ein Tag auf der Expo in Shanghai
von Christoph Karg

„Wer braucht im Zeitalter der Globalisierung noch eine Weltausstellung? Niemand. In Shanghai findet das 159 Jahre alte Konzept ein glorreiches Ende", so leitet der deutsche Journalist Bernhard Bartsch auf seiner Internetseite einen Artikel zur Expo ein. Im Juni war ich selbst auf der Expo in Shanghai. Hier mein Erfahrungsbericht.

„Bessere Stadt, Besseres Leben"

Seit der Expo in Hannover steht die Expo unter einem bestimmten Motto. Nicht nur andere Länder und Kulturen sollen dem Besucher vorgestellt werden, er soll auch für ein bestimmtes, meist mit der Umwelt in Verbindung stehendes Thema sensibilisiert werden. In diesem Jahr lautet das Motto „Bessere Stadt, Besseres Leben". Da ich schon zwei Jahre in Beijing gelebt und auch andere Weltstädte besucht habe, bin ich mir vieler Probleme großer Städte bewusst und sehr neugierig, wie städtisches Leben verbessert werden kann. Wie bereiten die einzelnen Länderpavillons das Thema auf und wo gibt es sonst schon so geballt wie auf einer Expo die Möglichkeit, sich über das Thema schlau zu machen?

 

Der Pavillon von Nordkorea

Aufgrund der Nähe zum Eingang No. 5 des Expo-Geländes, aber auch aus Interesse schaue ich mir als erstes den Pavillon des ostasiatischen Landes an. Ich habe schon häufiger geplant, eine Reise nach Nordkorea zu machen. Leider ist es bis zum heutigen Tage nicht dazu gekommen. Aber ich kann ja mindestens im Pavillon mehr über das Land erfahren.

Direkt beim Betreten des Pavillons fällt mir ein hoch über den Köpfen der Besucher angebrachter großer Bildschirm auf. Dort werden koreanische Revolutionslieder gesungen und Theaterstücke gezeigt. Direkt daneben ist der Schriftzug „Nordkorea, das Paradies der Menschheit" angebracht. Ich weiß nicht, ob man den Satz tatsächlich ernst nimmt. Da hilft auch keine über einen künstlichen Fluss gespannte hölzerne Mini-Brücke, um den Besucher in den Garten Eden zu führen.

Am Ausgang des Pavillons erfreut sich ganz besonders eine Anstecknadel von Kim-Jong-il oder seinem Vater Kim-Il-sung, je nachdem für wen sich man mehr interessiert, der Beliebtheit der chinesischen Besucher. Man kann sie zum stolzen Preis von 30 Yuan (ca. 3,50 EUR) erwerben.

In gewisser Weise steht der nordkoreanische Pavillon stellvertretend für viele der kleineren Pavillons, in denen sich längst nicht so viele Exponate wie in den Pavillons der größeren, beziehungsweise reicheren Staaten finden. Im Pavillon von Nordkorea vermisse ich einen Bezug zum Thema der Expo. Über das Land sehe ich zwar einige Ausstellungstücke, aber das sind eher aus dem Zusammenhang gerissene Versatzstücke. Aber wann bietet sich schon einmal die Gelegenheit, sich mit Nordkoreanern zu unterhalten? Und Austausch ist doch gerade Sinn und Zweck einer Weltausstellung. Gerade in einem Land wie China, in dem viele Menschen es sich noch nicht leisten können zu verreisen, ist eine Expo wichtig, so meine ich.

 

Der amerikanische Pavillon

„Ich frage mich, was die mit dem ganzen Geld gemacht haben", entgegnet mir mein Kollege, als ich ihn frage, was er vom amerikanischen Pavillon hält. Ich muss zugeben, dass ich mich das nach der Besichtigung des Pavillons auch gefragt habe.

Der Pavillon besteht aus drei Kinosälen. Zu Beginn sieht man, sehr zur Freude der chinesischen Besucher, einen Film über Amerikaner, die Chinesisch lernen. Besondere Begeisterung löst der Basketballstar Kobe Bryant aus, der sich auf Chinesisch vorstellt. An der nächsten Station sieht man einen kurzen Film darüber, was wir alles machen können, um die Welt umweltgerechter zu gestalten. Konkrete Antworten finde ich dabei leider nicht. Im dritten Kinosaal sieht man einen Film über ein Mädchen, das ihr Viertel mit einem Garten verschönern will. Zu Beginn steht sie ziemlich einsam einer breiten Front der Ablehnung gegenüber, kann aber nach einer Weile die Menschen in der Nachbarschaft überzeugen, ihr zu helfen. Gemeinsam erschaffen sie einen blühenden Garten, der zum Verweilen einlädt. Der Film ist ganz nett gemacht und verkündet die Botschaft, dass jede Veränderung bei einem selbst anfangen muss.

Es ist aber schwierig, sich damit einen Eindruck über das Land zu verschaffen. Der Pavillon ist das genaue Gegenteil vom Pavillon Nordkoreas. Im Pavillon des ostasiatischen Landes findet sich nichts über das Thema der Expo, „Bessere Stadt, Besseres Leben". Im amerikanischen findet sich allerdings außer dem Thema nichts anderes.

Ein Wermutstropfen also, aber auch ein Grund, um Einspruch gegen das Konzept Weltausstellung zu erheben? Nein! Denn auch hier steht wieder der Austausch im Mittelpunkt. Wo sonst kann man sich schon an einem einzigen Tag mit Menschen so unterschiedlicher Kulturen wie Nordkorea und den USA austauschen? Außer auf einer Weltausstellung sehe ich da wenig Möglichkeiten. Die Aussicht, sich als Chinese mit einem Amerikaner und einem Türken am selben Tag zu einem Gespräch zu treffen, besteht allenfalls auf einem Gipfeltreffen der G-20, doch dieses Event ist Staatenlenkern und hohen Diplomaten vorbehalten.

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