1. Mai 2010, Sonnenschein
Als ich meinem Vater sagte, dass ich am 1. Mai die Weltausstellung in Shanghai besuchen wollte, reagierte er am Telefon darauf im Shanghaier Dialekt mit „Gedaomang". „Gedaomang" bedeutet, sich einer ausgelassenen Gesellschaft anzuschließen. Weiter meinte er, dass er sich auch darüber freut, dass seine Tochter Gelegenheit hat, über die Weltausstellung zu berichten. Obwohl ich nicht als Journalistin für die Berichterstattung zur Weltausstellung akkreditiert wurde, freue ich mich genauso wie mein Vater, die Weltausstellung am ersten Tag besuchen und darüber berichten zu können.
Ich bin so früh wie möglich aufgestanden, um zeitig auf dem Expo-Gelände anzukommen. „Der frühe Vogel fängt den Wurm", dieses bekannte Sprichwort war die Energiequelle für meinen frühen Tagesbeginn. Und die Erfahrung unserer Vorfahren hat mich nicht betrogen.
Um 8 Uhr erreichte ich Tor 2, das zur Zone E des Expo-Geländes führt. Hier waren nicht viele Leute vor mir. In der kommenden Stunde jedoch war ich wirklich dankbar, dass ich so früh aufgestanden war. Vor jedem der zwanzig Einlässe gab es eine Schlange, die sich in Kurven 50 Meter lang zog.
Sehr vernünftig war auch die Entscheidung, zuerst die in Puxi am westlichen Ufer des Huangpu gelegene Seite des Expo-Geländes zu besichtigen. Insgesamt gibt es fünf Zonen, von denen drei am östlichen Ufer des Huangpu in Pudong liegen und zwei in Puxi. Da sich alle Nationen-Pavillons und die drei Themenpavillons in Pudong befinden, sind diese Zonen relativ begehrt bei den Besuchern. Als ich frühmorgens also die Best Practices Area (UBPA) in der Zone E erreichte, gab es dort nur wenige Besucher.
Mein Zielpavillon in der UBPA war das Hamburg Haus. Im Jahr 2008 habe ich drei Monate in Hamburg gelebt und empfinde noch immer große Zuneigung für die Stadt. Das Hamburg Haus im UBPA war deshalb erste Station meiner Expo-Reise. Nachdem ich mehrmals nach dem Weg fragen musste, kam ich nach einem halbstündigen Fußmarsch schließlich beim Hamburg Haus an. Von Außen schien es allerdings so, als ob das Passivhaus noch nicht für die Besucher vorbreitet war - zwei Fensterputzer waren noch dabei die Scheiben des Hamburg Haus zu reinigen. Das dreiköpfige Empfangspersonal im Hamburg Haus begrüßte mich herzlich und reichte mir einen Besichtigungsausweis. Beim Eintreten in die erste Ausstellungshalle sah ich zuerst ein Foto vom Hamburger Hafen. Dieser vertraute Blick begeisterte mich sehr. Der folgende Besuch war allerdings eine Enttäuschung: In der ersten Halle gab es nur einige Fotos mit kurzen Informationen über Hamburg und einen Stand der Hamburger Tourismusbehörde. Drei Arbeiter hielten sich am Stand auf, jedoch stellte keiner von ihnen die Informationen vor. Auf der zweiten Etage gab es einen massiven Baum, der sich mit seinem kräftigen Wurzelwerk, dem massiven Stamm und dem verzweigtem Geäst über alle Etagen des Hamburg Haus zieht. Neben dem Baum gibt es ein Schild mit dem Porträt der Architektin Nina Krell. Im dritten Stockwerk präsentiert sich die Hamburger Wirtschaft von ihrer besten Seite. Hafenwirtschaft und Logistik, Luftfahrt und Life Science, erneuerbare Energien und Hamburg als deutsche Medien-Hauptstadt stehen hier im Mittelpunkt. Dabei gewinnen die Besucher auch Einblicke in die besonders engen Beziehungen zwischen Hamburg und China.
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