29-04-2010 Beijing Rundschau
Shanghai in den Augen der Fremden
  

 

Wie beurteilen Sie das generelle Dienstleistungsniveau in Shanghai?

Anonymer Brite: Es gibt kein generelles Dienstleistungsniveau. Es kommt darauf an, was man zu zahlen bereit ist.

Steve Bisogno: Der Kundendienst ist in den letzten sechs Jahren sehr viel besser geworden. Aber es ist immer noch sehr schwer, einen angemessenen Standard überall in der Stadt zu finden.

Elyse Singleton: Sie meinen Kundendienst? Na, da kann ich Ihnen was erzählen. Shanghai Tang, ein sehr teurer „Designer" Laden. Ich habe eine Tasche zur Reparatur dorthin gebracht. Eines Tages erhalte ich einen Telefonanruf mit einer mir unbekannten Nummer. Ich kann nicht abnehmen, weil ich gerade zu tun habe, also rufe ich später zurück. Sie antworten, aber ich kann nicht verstehen, um wen es sich handelt. Also sage ich auf Chinesisch, dass sie mich angerufen hätten und dies hier nur mein Rückruf sei. Am anderen Ende der Leitung heißt es dann: „Wer sind Sie? Wer hat Sie angerufen? Was für eine Handynummer?" Schließlich komme ich drauf, dass es sich um Shanghai Tang handelt. Ich sage also auf Englisch: „Oh, es geht um meine Tasche!" Stille. Dann, auf Englisch: „Hallo, Shanghai Tang, kann ich Ihnen helfen?" So schräg das Ganze! Mein Freund schreibt gerade eine Doktorarbeit über die Dienstleistungsbranche in China. Es sieht wirklich sehr schlecht aus! Aber es bessert sich langsam. Ich habe da eine wunderbare Kellnerin im Radisson am Volksplatz erlebt und einen vorzüglichen Service in einem anderen Restaurant, in dem ich neulich gewesen bin.

Sami Zabel: Die Leute sind immer hilfsbereit. In Läden wird einem immer geholfen!

Anonymer Amerikaner: Teils-Teils. Abgesehen von den Taxis, das sind die besten in China.

 

Haben Sie Vertrauen in die medizinischen Einrichtungen Shanghais?

Anonymer Brite: Nein. Krankenhäuser auf einfachem Niveau haben mir oft falsche Diagnosen erteilt. Auch hier gilt: es kommt auf den Preis an. Bei ernsthaften Erkrankungen hätte ich definitiv kein Vertrauen in die Gesundheitsdienste der Stadt.

Steve Bisogno: Ich habe zwar keine große Erfahrung mit Krankenhäusern in Shanghai, aber es gibt ein paar gute Hospitäler und auch einen guten Zugang zu Heilbehandlungen.

Elyse Singleton: Hmm, ich suche eigentlich keine Ärzte auf, ich bin selten krank. Ich würde aber schätzungsweise ausflippen, wenn ich ins Krankenhaus müsste. Vor allem wegen der Sprache! Aber mit meinem hypochondrischen Exfreund bin ich ein paar Mal in Krankenhäusern gewesen. Sie sahen ziemlich sauber und gut geführt aus.

Sami Zabel: Meine Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen sind sehr gut gewesen.

Anonymer Amerikaner: Sehr gut. Auch größere operative Eingriffe werden mit großem Sachverstand ausgeführt.

 

Denken Sie, dass Shanghai ein gutes Geschäftsklima bietet?

Anonymer Brite: Für Unternehmer sicherlich; für Angestellte bei lokalen oder internationalen Firmen, nein.

Steve Bisogno: Geschäftsmöglichkeiten sind die Hauptattraktion von Shanghai. Die Chancen scheinen immer noch zu steigen von Jahr zu Jahr.

Elyse Singleton: Wie ich schon sagte: ja! Weil es immer noch so viele Marktlücken gibt, die nur darauf warten, gefüllt zu werden. Aber ich bin kein Wirtschaftsexperte. Ich finde, vor allem im Einzelhandel gibt es noch ein großes Entwicklungspotenzial. Und bei Restaurants und Cafés. Wir warten hier in Shanghai noch auf die wirklich großartigen Cafés und Bars. Also, so etwas wie wirklich schicke Boutiquen, kleine Designerläden, Bioläden, mehr Buchläden, all das kommt hoffentlich noch!

Sami Zabel: Selbstverständlich.

Anonymer Amerikaner: Ja.

 

Wie beurteilen Sie das Alltagsleben und die Freizeitmöglichkeiten in der Stadt?

Anonymer Brite: So gut wie in jeder Weltstadt.

Steve Bisogno: Das öffentliche Leben ist aufregender geworden in den sechs Jahren, die ich in der Stadt gelebt habe. Anfänglich war ich enttäuscht darüber, weil es so wenige Sportmöglichkeiten gab. Das hat sich jedoch geändert mit der Zahl der Einrichtungen und der höheren Einkommen der Leute. Was das Nachtleben betrifft, so hat die Stadt immer schon eine starke Bar- und Nachtclubszene gehabt. Unglücklicherweise ist Shanghais Musikszene in einem beklagenswerten Zustand. Es gibt da nur Jazz- oder Popgruppen, die immer die gleichen bekannten Hits spielen.

Elyse Singleton: Es ist wirklich großartig zu beobachten, wie die Live-Musikszene langsam heranwächst. Ich mag nämlich Live-Musik sehr. Ich bin nicht gerade der Typ, der gerne in Nachtbars geht, aber die, in denen ich gewesen bin, haben mich nicht gerade umgehauen. Die sind alle recht protzig, bieten aber wenig Spaß, finde ich. Fitness-Center, Yoga- und Tanzschulen werden jetzt überall aufgemacht, das ist ziemlich cool. Es gibt einige Bars, die ganz in Ordnung sind, aber ich wünschte mir, es gäbe mehr Angebote, die irgendwo angesiedelt wären zwischen den stickigen 15-Yuan oder Flatrate-Drinks-für-Frauen-Buden und den Spitzenbars, wo sie dir für einen Martini 115 Yuan abknöpfen. Es gibt schon ein paar ganz ordentliche Kneipen, und das ist gut so! Ich denke immer noch, dass es schwierig ist, die richtigen Leute kennen zu lernen. Ich meine, coole Leute. Es scheint, dass jeder darauf aus ist, sich an einen ranzuschmeißen. Es gibt viele riesengroße Partys, aber da sind meistens nur Leute, die sich gegenseitig anglotzen und mächtig herausgeputzt daherkommen. Aber ich bin ein bisschen zynisch!

Sami Zabel: Es ist unmöglich, sich in Shanghai zu langweilen. Es gibt immer Abwechslung.

Anonymer Amerikaner: Was, außer Bars? Da hat Shanghai nicht viel zu bieten. Wenn man Unterhaltung sucht, muss man nur ein bisschen spazieren gehen.

 

Wie leicht ist es, sich durch die Stadt zu bewegen?

Anonymer Brite: Im Allgemeinen ist der öffentliche Nahverkehr gut und billig. Wenn es regnet, ist es allerdings schwierig, ein Taxi zu bekommen. In den Stoßzeiten geht gar nichts mehr. Die Busrouten sind nicht sehr übersichtlich organisiert.

Steve Bisogno: Neben den vielfältigen Geschäftsmöglichkeiten, die Shanghai bietet, ist das Nahverkehrssystem die zweite große Attraktion. Seit der Eröffnung der Linie 4 sind die Züge der Linien 1 und 2 längst nicht mehr so überfüllt wie früher. Es gibt auch viele Taxis und Busse, die immer noch sehr preiswert sind. Für Leute, die kein Mandarin sprechen, dürfte es allerdings nach wie vor recht schwierig sein, mit dem Taxi oder dem Bus zu fahren.

Elyse Singleton: Haha, schrecklich, wenn es regnet! Aber eigentlich ist es kein Problem. Große Teile der Innenstadt sind ganz gut zu Fuß zu erlaufen. Das Streckennetz der U-Bahn wird jeden Tag größer, das ist prima! Die U-Bahn funktioniert gut, nur nicht zur Rushhour. Aber sie bietet eine saubere, effiziente und preiswerte Lösung, um durch die Stadt zu kommen. Der Bus ist eigentlich auch ganz gut, wenn man nicht gerade darauf angewiesen ist, genauso zu wissen, wo man aussteigen soll oder wohin der Bus eigentlich fährt. Denn da gibt es Sprachprobleme. Ehrlich gesagt, benutze ich Busse nicht gerade häufig. Taxis sind immer noch recht billig, allerdings führen die Verkehrsstaus dazu, dass man mit dem Taxi in letzter Zeit nicht mehr so gut vorankommt. Ich würde gerne Fahrrad fahren. Aber es gibt nicht genügend Radwege und ich bin nicht gerade scharf darauf, von einem LKW überfahren zu werden.

Sami Zabel: Die öffentlichen Verkehrsmittel sind sehr gut und Taxis gibt es überall. Es ist sehr leicht, überall hinzukommen.

Anonymer Amerikaner: Sehr leicht.

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