29-04-2010 Beijing Rundschau
Shanghai in den Augen der Fremden
  

Die Beijing Rundschau hat sich unter Ausländern in Shanghai umgehört, um zu erfahren, was sie von der Stadt halten.

Einheimische und Touristen unter freiem Himmel in einem Restaurant in der Shanghaier Innenstadt.

 

An der Umfrage haben teilgenommen: ein 30-jähriger Brite, der anonym bleiben will. Er lebt seit fünf Jahren in Shanghai und arbeitet für eine Firma, die sich auf den Vertrieb hochwertiger Produkte spezialisiert hat; Steve Bisogno (28), ein Amerikaner, der von 2001 bis 2004 in Shanghai lebte, als freier Autor und Lehrer am Sydney Institute of Language and Commerce arbeitete und gleichzeitig die Shanghai International Studies University besuchte. Derzeit ist er bei einer europäischen Versicherungsgesellschaft in New York beschäftigt. Nebenbei schreibt er für die Beijing Rundschau; die Australierin Elyse Singleton, 33 Jahre alt, lebt in Shanghai mit Unterbrechungen seit 2001 als freie Autorin und Designerin; Sami Zabel, aus dem US-Staat Maryland, der nach seinem College-Abschluss in den Vereinigten Staaten 2006 für ein halbes Jahr in Shanghai studiert hat. Ebenfalls aus Maryland kommt ein 43-jähriger US-Bürger. Er ist verheiratet und Vater zweier Kinder. Er arbeitet als Wirtschaftsberater in Shanghai. Auch er zieht es vor, anonym zu bleiben.

Was gefällt Ihnen am besten am Leben in Shanghai?

Anonymer Brite: Die großen Möglichkeiten, die sich einem hier eröffnen.

Steve Bisogno: Die Zahl der Geschäftsmöglichkeiten ist unglaublich. Und der Nahverkehr hat damit Schritt gehalten. Die Firmensitze haben sich in der ganzen Stadt ausgebreitet, da ist es für diejenigen, die nicht in der Innenstadt wohnen, leichter geworden zwischen Arbeit und Wohnung zu pendeln.

Elyse Singleton: Haha, Teigtaschen! Was mich in Shanghai hält, sind zwei Dinge: Einmal die Chancen, die sich einem hier bieten. Das heißt: hier kann ich Dinge realisieren, die ich in Sydney oder Frankreich oder London oder an anderen Orten, an denen ich gelebt habe, nicht tun könnte, oder wenigstens nicht so leicht tun könnte. Ich spreche hier natürlich von beruflichen Perspektiven, denn China ist gerade so angesagt! Und alles ist im Fluss und das heißt, das es hier momentan sehr viele coole Dinge zu tun gibt. Zweitens, und das hat mit dem rasanten Wachstum zu tun: es gibt so viel Energie! Jeden Tag passiert etwas Neues.

Sami Zabel: Man kann immer irgendwo hingehen und immer irgendjemanden treffen.

Anonymer Amerikaner: Zahlreiche Nachbarschaftsläden.

Was ist das Unangenehmste am Leben in Shanghai?

Anonymer Brite: Lärm, Luftverschmutzung, Ausspucken.

Steve Bisogno: Die schlechte Qualität der Luft ist wahrscheinlich das Schlimmste an Shanghai.

Elyse Singleton: Jo, das ist eine komplizierte Frage! Die beiden Hauptprobleme - und ich denke, die beschränken sich nicht auf Shanghai - sind Sprache und Kultur. Ich spreche zwar ganz leidlich Chinesisch, aber ich kann längst noch nicht alles verstehen. In Notlagen würde ich sicher beträchtliche Schwierigkeiten haben. Aber ich versuche, mein Hörverständnis zu verbessern. Es ist wirklich frustrierend, Chinesisch zu sprechen und dabei von der Umgebung ignoriert zu werden. Oder Antworten auf Englisch zu erhalten, oder zu erleben, wie dein Gegenüber ungeniert und unter Gelächter - haha haha mit deinem Chinesisch aussehenden Begleiter auf Chinesisch plaudert, während du dich abmühst, Chinesisch zu sprechen. Aber das kann Dir in Frankreich mit Französisch auch passieren! Und dann: die Kultur. Gemessen an den Maßstäben, mit denen ich aufgewachsen bin, finde ich das, was ich Grobheiten nennen würde, wirklich unerträglich: Rempeleien, Gedrängel, Herumspucken, ungeniert Leute anstarren, schlechter Service. Darüber rege ich mich auch nach sechs Jahren noch auf! Das geht so weit, dass ich, wenn mal jemand wirklich freundlich zu mir ist, und das kommt gelegentlich vor, davon tagelang zehren kann. Was mich noch aufregt, sind Ausländer, die glauben, ihnen läge die Welt zu Füßen, weil sie fette Auslandszuschläge auf ihrem Gehaltskonto haben und hier mit Chauffeur rumkurven und so weiter. Igitt! Und natürlich der Verkehr! Es ist furchtbar zu sehen, wie es immer mehr Autos gibt und niemand schert sich um die Auswirkungen. Und natürlich mangelt es an Umweltbewusstsein, wenn es darum geht, schnelles Geld zu machen, oder auch nur, weil man sich einfach nicht für Umweltfragen interessiert. Aber gibt es so etwas nur in Shanghai?

Sami Zabel: Abgesehen von der Sprachbarriere finde ich es immer sehr frustrierend, wenn die Leute hinter meinem Geld her waren, auch wenn ich gar nichts kaufen wollte.

Anonymer Amerikaner: Shanghaihua, der Dialekt von Shanghai, rücksichtslose Autofahrer, völliger Mangel an Verkehrssicherheitsbewusstsein. Dazu kommt, dass grundlegende Anstandsregeln noch immer nicht akzeptiert oder verstanden werden, aber das gilt eigentlich überall im Land.

 

Wie sicher fühlen Sie sich hier in Shanghai?

Anonymer Brite: Wenn Sie Kriminalität meinen, dann ist es hier sicher.

Steve Bisogno: Sehr sicher, in körperlicher Hinsicht.

Elyse Singelton: Hmm. Also, es gibt da ja einige Schauergeschichten, aber im Allgemeinen fühle ich mich doch sehr sicher. Man hat mir schon Sache gestohlen, Handys und dergleichen, aber meistens auf Grund eigener Dummheit, weil ich sie in meiner Manteltasche auf überfüllten Märkten herumgetragen habe. Als ich in der Innenstadt wohnte, war es keine große Sache, spätabends nach Hause zu gehen, es gibt immer Leute in der Nähe.

Sami Zabel: Ich habe mich nie irgendwo in Gefahr gefühlt.

Anonymer Amerikaner: Sehr sicher.

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