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24-09-2009 Beijing Rundschau
Lebendige Volkslieder im Autonomen Gebiet Guangxi
von Miao Xiaoyang

„Dass in Guangxi aus voller Kehle gesungen wird, ist vor allem Sanjie zu verdanken“, heißt es im autonomen Gebiet Guangxi der Zhuang-Nationalität. Was dem Schwaben sein Friedrich Silcher ist, ist dem Zhuang seine Liu Sanjie, die vor tausend Jahren Volkslieder sammelte und weitergab. Zwar ist die Tradition des Liedersingens zur Hochzeitswerbung schon Geschichte, aber schöne und wohlklingende Volkslieder werden auch heute noch angestimmt und an die junge Generation weitergereicht. Seit ihrer Blütezeit in der Tang-Dynastie und dank der Wiederbelebung nach Gründung der Volksrepublik China sind die Volkslieder von Guangxi heute genauso bekannt wie die schöne Landschaft von Guilin. Die Beijing Rundschau hat Chen Xiaoling, die Direktorin der Kulturbehörde der Stadt Nanning über Tradition und Entwicklung des volkstümlichen Liedgutes in Guangxi interviewt.

Chen Xiaoling erklärt, Guangxi sei ein Gebiet mit elf nationalen Minderheiten, darunter die Zhuang, Miao und Tong. Die Bevölkerung der Zhuang-Nationalität in der Stadt Nanning macht 60 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Die nationalen Minderheiten pflegen ihre jeweils eigenen Bräuche, aber alle lieben es, zu singen. Nach der Geburt eines Kindes werden Geburtslieder angestimmt. Wenn ein Mädchen als Frau in eine Familie einheiratet, werden Lieder zum Empfang der Braut gesungen. Wenn man Gäste willkommen heißt, werden Trinklieder zum Besten gegeben. Im Frühjahr und Herbst findet das Liederfest (Gewei) statt. Das Frühjahrsliederfest findet im März oder April statt, meistens am 3. März nach dem chinesischen Mondkalender. An diesem Tag versammeln sich alle Jugendlichen auf einem Platz und stimmen einen Wechselgesang an.

Im Gebiet der Zhuang-Nationalität, das auch als „Meer der Lieder“ bezeichnet wird, sind in jeder Dynastie vielfältige und höchst eigentümliche Volkslieder entstanden. Das Spektrum reicht von religiösen Gesängen, Weltschöpfungsmythen und Liedern zur Überlieferung der Geschichte, bis hin zu Liedern, die bei Übergangsriten angestimmt werden. Auch Liebeslieder und Arbeitslieder fehlen nicht. Es existieren keine schriftlichen Aufzeichnungen, das Liedgut wird mündlich tradiert.

„In den Volksliedern geht es meist um aktuelle Themen. In den 50ern Jahren sangen die Leute, ‚ich habe jetzt Ackerland, du hast auch ein Feld’. Jetzt singen sie, ‚ich habe ein neues Auto gekauft, du hast eine neue Wohnung’. Die Inhalte haben sich im Laufe der Zeit geändert, weil sich auch das Leben der Leute gewandelt hat,“ sagt Chen Xiaoling.

Die Volkslieder legen aber nicht nur Zeugnis ab vom gegenwärtigen Alltag der lokalen Bevölkerung, sondern stellen auch ein wertvolles immaterielles Kulturerbe dar, das über die Geschichte der Minderheiten Aufschluss gibt. Aber mit der Entwicklung der Gesellschaft und der Diversifizierung der Alltagskultur sind Volkslieder genau wie andere Felder der Volkkunst einem starken Druck ausgesetzt. Chen Xiaoling sagt: “Nach Beginn der Reform- und Öffnungspolitik 1978 drängte eine neue Kultur ein, die junge Generation sehnte sich nach einem modernen Leben und brachte nur noch wenig Interesse für das überlieferte Brauchtum auf. Damals war es üblich, dass die Senioren unter den Bäumen saßen und Volkslieder anstimmten, während die Jungen vor einem Lebensmittelsladen saßen und Poplieder sangen. Seit Ende der 90er Jahre legt die Regierung mehr Wert auf den Schutz der Volkskultur. Vor allem nach dem ersten Internationalen Volksliederfest in Nanning im Jahr 1999 haben immer mehr Leute Volkslieder gesungen.“

Zu den Zielen ihrer Tätigkeit um Förderung und Bewahrung des Liedguts erklärt Cheng Xiaoling, dass es zunächst einmal um die Bewahrung der Lieder geht. Ende 2005 hat China das Projekt zum Schutz immaterieller Kulturgüter offiziell in Angriff genommen. Nanning hat diese Schutzmaßnahmen ebenfalls auf die Tagesordnung gesetzt. Mit Tonaufzeichnungen und Videoaufnahmen wurden innerhalb von drei Jahren eine allgemeine Sammlung des Liedgutes angelegt und eine wissenschaftliche Untersuchung eingeleitet. Bislang sind 12 000 Projekte des immateriellen Kulturerbes erfasst worden, die Volkslieder machen den Löwenanteil davon aus. Von den vier Projekten zum Schutz des Kulturgutes auf staatlicher Ebene in Nanning haben zwei mit Volksliedern zu tun: das Gewei (Volksliederfest) der Zhuang-Nationalität, und die Volkslieder aus dem Gebiet Mashan, die als Dreigesang aufgeführt werden. Außerdem sind 16 Sammelstellen für die Überlieferung des immateriellen Kulturerbes gegründet worden, an die sich Leute wenden können, die über Kenntnisse des alten Liedgutes verfügen. Viele Komponisten sind auf das Land gegangen, um dort die Lieder der Bauern zu erforschen und zu arrangieren, damit sie auf der Bühne aufgeführt werden können. Etwa das berühmte Volkslied „Zhuangxiangmei (das schöne Zhuang-Gebiet), und Mashan-Lieder wie „Die Fürsorge der Eltern ist unendlich wie das Meer“, „Das Leben ist so schön wie Abendrot“ usw. sind Früchte der Sammlungsaktivitäten der letzten Jahre. Schließlich sollen junge Talente entdeckt und zum Komponieren neuer Lieder angeregt werden. So kam etwa der Komponist Xu Peidong nach Guangxi und schrieb das Lied „Lieder fliegen um die Erde“. Das Lied ist sowohl bei Chinesen als auch bei Ausländern überaus beliebt. Auf dem internationalen Volkliederfest in Nanning hat ein thailändischer Freund das Lied auf Thailändisch gesungen, was sehr gut klang.

„Am 20. Oktober findet das Internationale Volksliederfest 2009 statt. Sänger aus mehr als 30 Ländern kommen zum Wettbewerb. Das Volksfest, das früher nur in einer Gemeinde bzw. einem Kreis stattgefunden hat, ist jetzt zu einer großen internationalen Bühne geworden. Außerdem gehen die Volkslieder in den Unterricht der Schulen ein, die Kinder lernen dort schon sehr früh Volkslieder zu singen. Der „Nidani-Chor“ aus dem Kreis Wuming ist sehr berühmt. In der Sprache der Zhuang-Nationalität bedeutet „Nidani-Chor“ ein „Chor aus Jungen und Mädchen“. Auf dem Tonkin-Golf-Wirtschaftsforum im August ist ein entsprechender Auftritt der Kinder von den Freunden aus den ASEAN-Staaten gewürdigt worden. In Zukunft wird unsere Stadt die Volkslieder besser schützen und populärer machen, so dass künftig noch mehr Jugendliche Volkslieder singen können. Nur wenn dieses Liedgut eine weite Verbreitung findet, kann es langfristig gesichert werden“, sagt Chen Xiaoling.


 

 
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