02-09-2015
Im Focus
Niemals vergessen
von Ji Jing
 

Unermessliches Leiden

Zhang Shujian wurde im Jahr 2011 von der Lokalregierung beauftragt, Frauen in den ländlichen Gebieten von Cangzhou, die vor 1930 geboren worden waren und die die bewaffneten Kräfte der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) unterstützt hatten, zu suchen und zu besuchen. Unter der Führung der KPCh kämpfte die Eighth Route Army in der Hebei Provinz im Widerstandkrieg.

Eine Sache traf Zhang Shujian besonders, als sie die „alten Mütter", wie die Damen von der örtlichen Bevölkerung respektvoll genannt werden, besuchte: Nur sehr wenige von ihnen hatten Bilder von sich selbst. Als Fotografin entschloss sie sich, diese Bilder zu machen.

„Die alten Mütter waren sehr zufrieden, als sie Bilder von sich selbst bekamen. Sie zeigten sie all ihren Freunden und Verwandten – wer auch immer gerade zu Besuch vorbeikam", erzählte Zhang Shujian der Beijing Rundschau.

Bei ihren Besuchen stellte die Fotografin Fragen über den Krieg und sie berichteten ihr, wie sie durch die japanische Aggression zu leiden hatten und was sie unternahmen, um die Widerstandskräfte zu unterstützen.

Die 93-jährige Ge Funu beispielsweise, eine der Protagonistinnen in Zhang Shujians Buch, sagt, sie habe einmal mehreren von japanischen Soldaten gefangengenommen Frauen aus dem Nachbardorf bei der Flucht geholfen. Zusätzlich schrieb sie Lieder, die die Menschen aus der Umgebung ermutigten, zusammen gegen die Invasoren zu kämpfen. Ge und andere gleichaltrige Frauen stellten auch Kleidung und Schuhe für chinesische Soldaten her und kümmerten sich um Verletzte.

Nachdem innerhalb von wenigen Monaten nach dem Zwischenfall vom 18. September 1931, die drei nordöstlichen Provinzen Chinas in die Hände Japans gefallen waren, wurde Hebei das Hauptziel der japanischen Aggression. Die japanischen Streitkräfte begannen 1931 mit der Invasion der Provinz. Man geht von über 5,58 Millionen Opfern in der Provinz aus, etwa ein Fünftel der Bevölkerung von 1931.

Als sie hörte, dass das Hebei Fine Arts Publishing House ihre Bilder in einem Buch veröffentlichen wollte, entschloss sich Zhang Shujian die Bilder zusammen mit ihren Kolleginnen aus der Fotografenvereinigung neu aufzunehmen. Um den besten Moment einzufangen, besuchten sie manche der Protagonistinnen mehr als drei Mal.

Das Buch stellt zwei Bilder jedes Charakters vor: Eine zeigt den Hass und die Empörung gegenüber den japanischen Invasoren und eines steht für das Glück der Gegenwart.

„Als ich den ersten Entwurf des Buches sah, war ich tief berührt", sagt Tian Zhong, der geschäftsführende Chefredakteur des Hebei Fine Arts Publishing House. „Hinter jedem Bild steht eine Geschichte, die einen nationalen Geist, der nie vergessen werden darf, illustriert."

 

Erinnerungen bewahren 

Zhang Jixiang, ein 70-jähriger Schriftsteller aus dem Bezirk Zuoquan, in der nördlichen Provinz Shanxi, engagiert sich ebenfalls, um den Geist an die jüngere Generation weiterzugeben.

Sein „Irrefutable Evidence", das von der Beijinger New World Press publiziert wurde, beinhaltet Bilder aus einem japanischen Bildband, der die Kriegsverbrechen der japanischen Truppen in China dokumentierte.

„Der Bildband zeigt starke Beweise der japanischen Invasion, da er Bilder enthält, die von den Invasoren selbst gemacht worden waren. Wer kann angesichts dieser Bilder die Tatsache der Aggression bestreiten?", sagte Zhang Jixiang. Er bezieht sich auf die Versuche der japanischen Rechten, ihr Land von den Kriegsverbrechen reinzuwaschen.

Zhang Jixiang Heimatstadt änderte ihren Namen von Liaoxian zu Zuoquan, nachdem der Namensgeber, ein hoher Offizier der Eighth Route Army, im Kampf getötet worden war. Zuo Quan (1905-42), Stabschef Eighth Route Army, war der hochrangigste der Offiziere, die im Krieg ihr Leben verloren.

Durch den patriotischen Geist seines Landsmann inspiriert, widmete Zhang Jixian sein Leben im Ruhestand, den anti-japanischen Geschichten seiner Heimat und er publizierte bisher fünf Arbeiten aus diesem Genre.

Sein nächstes Projekt ist ein Buch über die anti-japanischen Geschichten, das Geschichten aus über 370 lokalen Dörfern, sammelt. Er konnte über 90-jährigen Dorfbewohnern aus all diesen Dörfern interviewen.

„Jedes Dorf hat Geschichten, über den Kampf gegen die japanischen Invasoren und jedes Dorf hat unter den Massakern gelitten", sagt Zhang Jixiang. „Zuquans Kampf steht beispielshaft für den landesweiten Widerstandskampf. Als lokaler Anwohner, habe ich die Verantwortung, diesen Teil der Geschichte zu dokumentieren und für die zukünftigen Generationen zu bewahren."

Zhang Shujian findet auch, dass es eine dringende Angelegenheit ist, diese Geschichten über den Krieg zu bewahren und weiterzugeben.

„In meiner Generation waren es die Eltern, die den Krieg erlebt hatten und uns die Geschichten darüber erzählten. Aber für die Generation meines Sohnes und meines Enkels, wird die Geschichte des Krieges vager und obskurer", sagt Zhang Shujian. „Mein Ziel ist es, den Patriotismus an die zukünftige Generation weiterzugeben. Ich hoffe, dass die junge Generation die Geschichte in Erinnerung behält und das heutige Leben in Frieden zu schätzen weiß."  

Während der drei Jahre, in denen Zhang Shujian die Fotos der alten Mütter aufnahmen, verstarben 13 von ihnen. „Der gesundheitliche Zustand dieser Frauen ist heikel. Viele Leute drängen mich, die Zeit zu nutzen. Denn wenn sie verstorben sind, wird niemand mehr vom Krieg berichten können", sagt sie.

Bemerkenswerterweise haben die in China publizierten Bücher über den Krieg auch im Ausland Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Beispielsweise hat das Hangzhouer Zhejiang People's Publishing House Verträge mit südkoreanischen Verlagshäusern unterzeichnet. Da betrifft Bücher über Japans bakteriologische Kriegsführung in China während des zweiten Weltkrieges und die chinesischen „Trostfrauen", jene Frauen, die von japanischen Truppen in sexuelle Sklaverei gezwungen wurden.

Viele Verleger schielen auf den internationalen Markt. Bei der BIBF unterzeichnete die New World Press einen Vertrag mit der China International Television Corp. über die Veröffentlichung eines Buches basierend auf der Dokumentation „The Oriental Battlefield" der letzteren, die eine umfassende Sicht über Chinas Beitrag zum Sieg der Alliierten Mächte im 2. Weltkrieg gibt. Erstere will das Buch, das in sieben Editionen in verschiedenen Sprachen veröffentlicht wird, bei der Frankfurter Buchmesse im Oktober promoten.

Liu Wei, stellvertretender Leiter des Yayuncun Books Buildings in Beijing, sagte, dass der Verlagssektor bereit sei, einen Beitrag zum Gedenken an den 70. Jahrestag des Sieges im Widerstandskrieg zu leisten. „Bücher können die harten Zeiten des Krieges mit harten Fakten wieder aufnehmen", sagte er.

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