26-12-2014
Die Top-Ten-Wirtschaftsnachrichten
Die Top-Ten-Wirtschaftsnachrichten 2014

 

1. Die "Neue Normalität"

Die chinesische Wirtschaft befindet sich inzwischen an einem Punkt, der als „neue Normalität" bezeichnet wird: der Begriff bezieht sich auf die Verlagerung des rasanten Wirtschaftswachstums hin zu gemäßigtem bis schnellem Wachstum, auf stetige Verbesserung der Wirtschaftsstrukturen und auf den Wandel von investitionsgetriebenem Wachstum hin zu Wachstum durch Innovation. 

Chinas BIP sank im drittel Quartal 2014 auf 7,3 Prozent, dem schwächsten Wert seit der weltweiten Finanzkrise 2008. Dies bedeutet eine weitere Abschwächung im Vergleich zu den 7,4 Prozent im ersten Quartal und zu den 7,5 Prozent im zweiten Quartal des Jahres.

Während der diesjährigen Zentralen  Wirtschaftskonferenz vom 09.-11. Dezember verkündete Chinas Führungsspitze, die makroökonomische Politik des Landes solle an die „neue Normalität" angepasst werden; dabei solle die Wachstumsrate nächstes Jahr in einem akzeptablen Rahmen gehalten werden.

Im Jahr 2014 trafen die Zentralbehörden diverse Maßnahmen, um eine stabilere wirtschaftliche Grundlage Chinas zu schaffen. Um die Gewährung von Krediten für landwirtschaftliche Branchen sowie für kleine und Kleinstunternehmen durch Finanzinstitute zu fördern, senkte die Zentralbank dieses Jahr gezielt zweimal die Mindestreservesätze, jeweils im April und Juni. Am 22. November senkte die Zentralbank außerdem den Zinssatz für Kredite mit einjähriger Laufzeit um 0,4 Prozent auf insgesamt 5,6 Prozent und den Einlagenzinssatz um 0,25 Prozent auf nun 2,75 Prozent. Die Zinssenkung bedeutet einen Segen für die Realwirtschaft; dadurch werden die aktuellen Zinssätze zurück auf ein angemessenes Niveau geführt und Kosten für Unternehmen gesenkt.

 

2. Finanzielle Förderung der Seidenstraße

Chinas Staatspräsident Xi Jinping gab am 08. November bekannt, dass China 40 Milliarden Dollar zur Errichtung eines Fonds für die Infrastruktur der Seidenstraße beisteuern wird, um „den Engpass innerhalb der Konnektivität Asiens" aufzulösen, indem eine gemeinsame finanzielle Plattform geschaffen wird.

Mit Bezug auf Chinas Projekte des „Wirtschaftsgürtels auf der Seidenstraße" und die „maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts", erläuterte Xi weiter, dass der neue Seidenstraßen-Fonds für Investitionen verwendet werden und finanzielle Mittel zur Verfügung stellen soll. Damit sollen Projekte für die Infrastruktur, Ressourcengewinnung, industrielle und finanzielle Kooperation sowie andere Projekte mit Bezug zur Konnektivität der Länder entlang der Seidenstraße und am Wirtschaftsgürtel gefördert werden. Beide Projekte zielen darauf ab, die Konnektivität sowie die Handelsbeziehungen in Zentral- und Südasien zu verstärken, indem Straßen, Eisenbahnstrecken, Häfen und Flughäfen zwischen den beiden Teilen des Kontinents erbaut werden.

 

3. Zugexporte

Nach großen Fortschritten in der inländischen Wirtschaft haben chinesische Hersteller von Bauteilen für die Zugindustrie nun einen offensiven Schritt auf den globalen Markt gewagt. Im November unterzeichneten die zuständigen Behörden in Massachusetts mit der China CNR Corp. Ltd. einen Vertrag über die Lieferung von 284 Zügen für das Bostener U-Bahnnetz. Es ist das erste Mal in der Geschichte, dass ein chinesisches Unternehmen für Zugbauteile sich in einem Geschäft mit den USA auf dem weltweiten Markt durchsetzt.

Um einen mörderischen Wettbewerb um internationale Geschäfte unter chinesischen Unternehmen zu verhindern, verkündeten im November zwei der größten Zugbauer Chinas, China CNR Corp. Ltd. und China CSR Corp. Ltd., fusionieren zu wollen.

Am 15. Dezember gab die China CSR Corp. Ltd. bekannt, einen gesicherten Vertrag über 1,7 Milliarden RMB (ca. 278 Mio. Dollar) zur Lieferung von Lokomotiven und Zugwagen an Argentinien ausgehandelt zu haben.

 

4. Boom des Internetmarkts

Die großen Unternehmen der Internetbranche verändern die chinesische Gesellschaft und wirken sich darauf aus, wie Chinesen einkaufen, kommunizieren und sogar ihr Geld verwalten. Der gigantische chinesische IT Konzern Alibaba Group Holding Ltd., der Onlinehändlern wie Amazon und eBay Konkurrenz macht, vollzog am 19. September seinen Börsengang in New York. Der Emissionserlös brachte Alibaba 21,8 Milliarden Dollar ein und ist somit die größte Börseneinführung in der Geschichte der USA. Der Startpreis stieg um das zehnfache an, als Investoren Anteile von Alibaba aufkauften und somit den Marktwert des Konzerns auf mehr als 231 Milliarden Dollar brachten. Dies entspricht einem größeren Wert als Facebook oder Amazon und eBay zusammen.

Im Jahr 2014 entwickelte sich ein zunehmend starker Konkurrenzkampf zwischen BAT – das Akronym für Chinas drei größte Internetgiganten: die führende Suchmaschine Baidu, der Onlinehändler Alibaba und Tencent, der Anbieter für Instant Messaging Services. Alle drei Untenrehmen investierten stark in O2O (online to offline) Serviceleistungen, indem sie Preiskriege führten sowie vielversprechende Unternehmen aufkauften oder mit diesen fusionierten.

 

5. Abschwächung des Immobilienmarktes

Nach Jahren des raschen Wachstums zeigt Chinas Immobilienmarkt nun erste Zeichen der Abkühlung. Die Preise fielen, Umsätze nahmen ab, Neubauten wurden deutlich weniger und Banken wurden immer zurückhaltender bei der Vergabe von Krediten an Bauunternehmen und Immobilienkäufern.

Chinas strenge Regelungen zum Hauskauf, eingeführt im Jahr 2010 als Reaktion auf die überhitze Immobilienbranche, wurden aufgrund der negativen Stimmung auf dem Markt angeändert. Der träge Zustand der Immobilienbrache brachte viele Städte dazu, ihre Verbote zum Häuserkauf zu beenden oder zu lockern. Insgesamt hatten 46 chinesische Städte ein Verbot zum Erwerb eines dritten Heimes eingeführt, um Spekulationen auf dem Markt entgegenzuwirken. Inzwischen halten nur noch fünf Städte - Beijing, Shanghai, Guangzhou, Shenzhen in der Provinz Guangdong und schließlich Sanya in Hainan – an dem Verbot fest.

Am 30. September lockerten Chinas Zentralbank sowie die China Banking Regulatory Commission (CBRC) die Regelungen zu Hypotheken für Immobilienkäufe. Banken dürfen Immobilen-Erstkäufern, zu denen neuerdings auch Personen gehören, die bereits ein voll abbezahltes Haus besitzen, nun einen Abschlag von bis zu 30 Prozent anbieten. In dem Versuch, die Liquidität auf dem Immobilienmarkt zu fördern, regten Zentralbank und die CBRC Banken und andere Finanzinstitute dazu an, mehr Hypotheken auf Häuser zu vergeben, indem sie hypothekenbasierte Wertpapiere ausgaben.

 

6. Private Geldinstitute

Im Hinblick auf Wirtschaftsbereiche, die traditionell von monopolistischen Strukturen geprägt sind, wurden im Verlauf des Jahres 2014 gewaltige Fortschritte gemacht worden, da diese nun für die Privatwirtschaft geöffnet werden.

Im späten Juli gab die CRBC ihr offizielles Einverständnis zur Gründung von drei neuen Banken, die vollständig von privaten Firmen finanziert werden. Dies ist die erste Umsetzung des im März angekündigten Pilotprogramms, private Banken zu etablieren. Die drei besagten Banken befinden sich in der Wirtschaftszone Qianhai in der Provinz Guangdong in Südchina, in Wenzhou in Zhejiang im Osten des Landes sowie in der nördlichen Hafenstdt Tianjin. Die CBRC stimmte der Eröffnung der sogenannten Webank in Qianhai am 12. Dezember zu.

Am 21. August wurde die China Minsheng Investment (CMI) als Chinas größte private Investmentgesellschaft gegründet, um die Privatisierung des Bankensektors voranzutreiben. CMI steht nun in der Verpflichtung, das akkumulierte private Vermögen dazu zu nutzen, ein industrielles und finanzielles Konglomerat aufzubauen. Infolgedessen sind Pläne aufgesetzt worden, neun Tochtergesellschaften zu etablieren, um dem Problem der Überkapazität entgegenzuwirken – ein großes Thema für Industrien wie Stahl, Solarenergie und Schiffsbau.

 

7. Strenges Kartellrecht

China hat sich entschlossen, sein Anti-Monopol-Gesetz zu verschärfen, unabhängig von  der Herkunft der involvierten Unternehmen. Dieses Jahr führte China Welle um Welle an Kartell-Untersuchungen in verschiedensten Branchen durch, die alle Arten von Unternehmen umfassten – Staatsfirmen („state-owned enterprises", kurz SOEs), private Firmen sowie auslandsfinanzierte Unternehmen. Chinas Regulierungsbehörden begannen mit Kartell-Untersuchungen bei großen Konzernen wie Qualcomm, Microsoft, Mercedes, Audi, BMW und einigen japanischen Herstellern von Kraftfahrzeugteilen. Am 11. September wurde FAW-Volkswagen Sales Co. mitsamt sieben seiner Handelspartner zu 248,58 Millionen RMB (ca. 40,13 Millionen Dollar) verurteilt. Auch Audi erhielt eine Geldstrafe von 29,96 Mio. RMB (ca. 4,84 Millionen Dollar). Am selben Tag wurde die Chrysler Group China Sales Ltd. zu einer Strafe von 31,68 Millionen RMB (ca. 5,11 Millionen Dollar) verurteilt; drei ihrer Händler mussten 2,14 Millionen RMB (ca. 345,500 Dollar) zahlen.

Zugleich gingen die Strafverfolgungsbehörden nicht weniger hart gegen inländische Unternehmen vor, die sich im Rahmen des Kartellrechts schuldig gemacht hatten. Anfang September wurden drei chinesische Zementhersteller zu insgesamt 114 Millionen RMB (ca. 18,5 Millionen Dollar) verurteilt, da sie Preise manipuliert und Fixpreise ausgehandelt hatten. Im selben Monat wurden 23 chinesische Versicherungsunternehmen und die Zhejiang Insurance Industry Association aufgrund von Monopolverbrechen zu einer Geldstrafe von 110 Millionen RMB (ca. 17,8 Millioen Dollar) verurteilt.

 

8. Globalisierung des chinesischen Yuan

Die Währung Chinas, der Renminbi (RMB), wird zunehmend für das grenzübergreifende Abrechnungswesen des internationalen Handels verwendet. Laut einem Bericht der Bank of China beträgt der Wert der in RMB abgewickelten, globalen Zahlungsvorgänge seit 2009, als China erstmals internationale Geschäfte in der eigenen Währung tätigte, über 16 Billion Yuan. Damit ist der Yuan auf Platz sieben der weltweit beliebtesten Währungen für Rechnungsbegleichungen und auf Platz neun der Beliebtheitsskala beim internationalen Handel.

Am 17. März wurde der Schwankungsspielraum des Wechselkurses des RMB gegenüber dem Dollar im Devisenmarkt von ein auf zwei Prozent erhöht. Dies bedeutet einen weiteren Schritt hin zur Determinierung des RMB-Wechselkurses anhand seines Marktwertes anstelle einer Festsetzung.

Des weiteren hat China dieses Jahr große Schritte unternommen, Währungstauschvereinbarungen zu fördern, den aktiven Devisenhandel zwischen dem Yuan und anderen Währungen zu unterstützen und zusätzlich Zentren für den Offshore Handel in RMB einzurichten. Am 3. Juli unterzeichnete die Zentralbank Chinas (PBC) mit ihrem koreanischen Counterpart in Seoul ein Clearing- Übereinkommen für den Yuan. Bis heute hat die PBC bestehende offshore Clearing- und Abwicklungsvereinbarungen in Singapur, London, Frankfurt, Seoul, Paris und Luxemburg sowie in den Regionen Taiwan, Hong Kong und Macau.

Darüber hinaus einigte sich die PBC am 09. Oktober mit der Zentralbank Russlands auf eine Vereinbarung zum Währungsswap in Höhe von 150 Milliarden Yuan (ca. 24,4 Milliarden Dollar). Insgesamt hat China ähnliche Übereinkommen mit 26 Währungsbehörden in anderen Ländern, das Gesamtvolumen beträgt 2,9 Billion Yuan (ca. 472 Milliarde Dollar).

Das Britische Schatzamt gab am 14. Oktober seine ersten RMB-Anleihen im Gesamtwert von 3 Milliarden Yuan (ca. 490 Millionen Dollar) aus, die Laufzeit beträgt drei Jahre. Am 21. Oktober wurden Großbritanniens erste Staatsanleihen in RMB auf der Londoner Börse für den Sekundärmarkthandel zugelassen. Großbritannien ist damit das erste westliche Land, das Staatsanleihen in RMB ausgibt.

Am 27. Oktober verkündete China den direkten Währungshandel zwischen dem Yuan und dem Singapur-Dollar, Beginn war der 28. Oktober. Bislang wird der Yuan direkt mit dem U.S. Dollar, dem Euro, dem Britischen Pfund, dem japanischen Yen, dem australischen Dollar, dem Neuseeland-Dollar, dem malaysischen Ringgit und dem russischen Rubel gehandelt.

 

9. Reform des Kapitalmarkts

Der Staatsrat Chinas veröffentlichte am 09. Mai eine Richtlinie zur Förderung der Entwicklung des Kapitalmarktes. Sie enthielt eine Reihe von Bestimmungen bezüglich des Aktienmarktes, des Anleihenmarktes, des Terminmarktes und des private equity Marktes sowie weitere Grundsätze zur weiteren Öffnung des chinesischen Kapitalmarktes. Die Richtlinie zielt darauf ab, die Struktur von Chinas Kapitalmarkt bis 2020 transparenter, effizienter, offener und vielschichtiger zu gestalten.

Das Shanghai-Hong Kong Stock Connect Programm, das es Investoren erlauben soll, Anteile zwischen den Börsen von China und Hong Kong zu handeln, wurde am 17. Oktober ins Leben gerufen - ein Schritt der viel Gutes für die Öffnung von Chinas Kapitalmarkt verheißt. Zhang Xiaojun , Sprecher von Chinas Kommission zur Regulierung von Wertpapieren (CSRC), verkündete am 28. November, dass ein Gesetzesentwurf vorliege, der die nationalen Regulierungen zur Aktienausgabe reformieren solle und der vor Ende des Monats dem Staatsrat vorgelegt werden solle. Dem Entwurf zufolge soll die Zulassung neuer Aktien in Zukunft durch Registrierung geschehen, nicht wie bisher durch eine Genehmigung.

 

 10. Teilnahme am globalen Finanzgeschehen

Mit Chinas wachsender Rolle im Weltgeschehen übernimmt das Land auch zunehmend Verantwortung bei der Einrichtung von internationalen und regionalen Entwicklungsbanken. Am 15. Juli wurde in Fortaleza, Brasilien, auf der sechsten Zusammenkunft der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) entschieden, gemeinsam die sogenannte New Development Bank zu gründen.

Die Bank, deren Hauptsitz sich in Shanghai befinden wird, soll Projekte zum Ausbau der Infrastruktur und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung finanzieren; sowohl in den BRICS-Staaten als auch in anderen Schwellenländern mit wachsender Wirtschaft. Das Grundkapital soll insgesamt 50 Milliarde Dollar betragen, die gleichmäßig unter den fünf Gründungsstaaten aufgeteilt werden sollen.

Eine weitere international agierende, von China geführte Bank, wird die Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) sein. Die besagte Bank, die sich noch im Aufbau befindet, verfügt über ein Grundkapital von 50 Milliarden Dollar und soll sich ebenfalls der Finanzierung von Infrastrukturmaßnahmen in Asien widmen.

Die Vorbereitungen zur Errichtung der AIIB waren dieses Jahr in vollem Gange. Am 25. Oktober unterzeichnete Indonesiens Finanzminister eine Absichtserklärung zur Gründung der AIIB in Jakarta. Das Land schloss sich somit den 21 weiteren Gründungsstaaten an, welche die Erklärung bereits am 24. Oktober in Beijing unterschrieben hatten.