Ministerpräsident Li Keqiangs Besuch in Deutschland, Russland und Italien stärkt Chinas Kooperation mit seinen europäischen Partnern.
Alte Bekannte: Bundeskanzlerin Angela Merkel heißt Chinas Ministerpräsident Li Keqiang am 10. Oktober in Berlin willkommen.
Innovationsschau: Li Keqiang (4. v. li.) und sein russischer Amtskollege Dmitri Medwedew (3. v. li.)bei einer Ausstellung des internationalen Forums über "Offene Innovation" in Moskau am 14. Oktober.
Demonstration der Einigkeit: Li Keqiang und sein italienischer Amtskollege Matteo Renzi bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Rom am 14. Oktober
Auf seiner Europareise vom 9. bis 18. Oktober besuchte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang Deutschland, Russland und Italien.
Abgesehen von einer Reihe diplomatischer Gespräche nahm Li dabei an der dritten Runde der Deutsch-Chinesischen Regierungskonsultationen in Berlin, dem 19. Regelmäßigen Treffen der Ministerpräsidenten Chinas und Russlands und dem 10. Asien-Europa-Gipfeltreffen (ASEM) in Mailand teil.
"Solche regelmäßigen Treffen haben eine wichtige Rolle in der chinesischen Diplomatie gespielt. Die Treffen auf hoher Ebene gewährleisten, dass die von der politischen Führung erzielten Übereinkünfte und Vereinbarungen auch nach Zeitplan umgesetzt werden", erklärte Xiong Wei, außerordentlicher Professor an der China Foreign Affairs University in Beijing.
Verglichen mit anderen Beratungsgesprächen haben regelmäßige Treffen nach Ansicht von Cui Hongjian, Direktor des Fachbereichs für Europastudien beim Chinesischen Institut für internationale Studien (China Institute of International Studies, CIIS) einen großen Vorteil. „Bei regelmäßigen Treffen beteiligen sich die Teilnehmer nicht nur an Diskussionen zur Lösung von Problemen, sondern entwerfen auch einen Plan für die Zukunft. Wenn beide Seiten in vielen Angelegenheiten eine Einigung erzielen können, sind sie auch bereit, Anstrengungen zur Umsetzung ihrer Ziele zu unternehmen."
"Zudem waren die Treffen stets sehr effektiv. Unter dem gemeinsamen Vorsitz der Ministerpräsidenten sprechen die Ministerien der beiden Kabinette direkt miteinander. Beide Seiten können so eine Problemlösung finden oder eine Meinungsverschiedenheit direkt vor Ort ausräumen", so Cui.
Innovative Partnerschaft
Am 10. Oktober verkündeten Li Keqiang und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Berlin Pläne für eine Partnerschaft im Bereich Innovation. Nach dem Treffen von Li und Merkel erschien ein Aktionsplan, der die Hauptbereiche der deutsch-chinesischen Zusammenarbeit festlegt. Dazu zählen das von Deutschland initiierte strategische Hightech-Projekt „Industrie 4.0", Urbanisierung, Industrialisierung, Informationstechnologie und landwirtschaftliche Modernisierung - allesamt Bereiche, die in China politische Priorität haben. Deutschland wird nach Angaben des chinesischen Botschafters in Deutschland, Shi Mingde, das erste Land sein, das im Bereich Innovation umfassend mit China kooperiert.
Beim siebten Deutsch-Chinesischen Forum für Wirtschaftliche und Technologische Zusammenarbeit am 10. Oktober überreichte Li der Kanzlerin ein kleines Geschenk, das Lu-Ban-Puzzle, ein traditionelles chinesisches Puzzle. Das aus Metall gefertigte Geschenk wurde von drei Schülern der deutsch-chinesischen Berufsschule und technischen Fachhochschule in Tianjin mit deutschen Werkzeugen hergestellt. Lu Ban gilt als Begründer des Handwerks und einer der großen Erfinder des alten China. Das Geschenk symbolisiere Lis Wunsch, chinesische Weisheit mit deutscher Technologie zu kombinieren und die gemeinsame Entwicklung der beiden großen Herstellerländer zu fördern, kommentierte die Nachrichtenagentur Xinhua.
Die Partnerschaft mit dem Schwerpunkt auf Innovationen und der neue Aktionsplan seien ein Beweis für die große Bereitschaft der deutschen und chinesischen Regierung zur Kooperation sowie der breiten gemeinsamen Interessen beider Länder, erklärte Feng Zhongping, stellvertretender Dekan des China Institute of Contemporary International Relations im Radiosender CNR.
Innovation stand auch im Mittelpunkt des Russland- und Italienbesuchs von Li Keqiang. Chinas Ministerpräsident nahm am 14. Oktober an einem internationalen Forum über „offene Innovationen" in Moskau teil. In Italien traf er anlässlich der „Woche der Innovationen" Italiens Ministerpräsidenten Matteo Renzi.
Das Innovationsbündnis sei nicht auf Deutschland beschränkt, erklärte Cui. Chinas Aufruf zum Aufbau innovativer bilateraler Beziehungen decke einen breiten Bereich ab, auch andere Länder Europas könnten davon profitieren.
Seit seinem Amtsantritt als Ministerpräsident hat Li stets die Bedeutung von Innovationen für Chinas Entwicklung hervorgehoben. Im Mai versprach er in seiner Eröffnungsrede zum dritten Jahrestreffen des Global Research Council in Beijing, Innovationen zum stärksten Impuls für die Weiterentwicklung und Modernisierung der Wirtschaft zu machen.
Vielfältige Zusammenarbeit
Während seines Russlandbesuchs unterzeichneten die Vertreter beider Länder 39 Kooperationsvereinbarungen in den unterschiedlichsten Bereichen. Dazu zählen die Erdgasversorgung, der Aufbau eines Hochgeschwindigkeitszugnetzes, Währungsswapgeschäfte, die Hightech-Branche und das Finanzwesen.
Die chinesisch-russische Zusammenarbeit beschränke sich keineswegs auf den Energiesektor, betonte Chen Yurong, Direktorin der Abteilung für euro-asiatische Forschungen bei der CISS, gegenüber der Nachrichtenagentur Xinhua.
So hätten die Zentralbanken Chinas und Russlands Währungsswap-Vereinbarungen im Wert von 150 Milliarden Yuan unterzeichnet, was den bilateralen Handel und Investitionen zwischen beiden Ländern erleichtern werde, so Chen. Die Vertiefung der Zusammenarbeit im Finanz- und Währungsbereich ist für China und Russland gegenwärtig ein Hauptanliegen. Mithilfe der neuen Vereinbarung könnten Unternehmen beider Länder Geschäfte künftig bequemer abwickeln, erklärte Chen. Zurzeit ist China dabei, die Prosperität seiner traditionellen Industriebasen im Nordosten wiederherzustellen und Russland entwickelt die Regionen an seiner Ostgrenze. Die beiden Nachbarregionen dürsten nach Geschäften. Folglich steige die Nachfrage nach Währungsswaps, so Chen.
Die geplante Hochgeschwindigkeitsverbindung zwischen Beijing und Moskau werde zudem den persönlichen
Austausch zwischen den beiden benachbarten Riesenländern stärken, fügte sie noch hinzu.
In diesem Jahr wird die Strategische Partnerschaft zwischen China und Italien zehn Jahre alt. Während Lis Italienbesuch unterzeichneten Vertreter beider Länder zahlreiche neue Kooperationsvereinbarungen in den Bereichen Handel, Investitionen, Infrastrukturaufbau, Energie, Finanzen und Innovationen.
Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem italienischen Kollegen Renzi betonte Li am 14. Oktober, dass China und Italien, beides Erben großer alter Zivilisationen, im persönlichen Austausch einen quasi naturgegebenen Vorteil hätten, und forderte, die Kooperation in den Bereichen Kultur, Bildungswesen und Tourismus weiter zu vertiefen.
Chinas Verbindungen zur EU
Der 10. ASEM-Gipfel war in diesem Jahr ein wichtiges diplomatisches Ereignis für China. Erstmals nahm auch Li an dem alle zwei Jahre stattfindenden Treffen statt. Der erste ASEM-Gipfel wurde 1996 in Bangkok abgehalten. Zurzeit ist es der Dialogmechanismus der höchsten Ebene zwischen Asien und Europa. ASEM hat heute 20 asiatische und 31 europäische Mitgliedsstaaten. Sie machen mehr als die Hälfte der globalen Wirtschaft und 60 Prozent der weltweiten Bevölkerung aus.
China gehört zu den ersten ASEM-Mitgliedsstaaten. Das Bündnis liegt ihm sehr am Herzen und China hat wesentlich zu seiner Entwicklung beigetragen. Für China ist es eine wichtige Plattform zur Festigung der diplomatischen Beziehungen mit seinen Nachbarn, für die Erweiterung von Kooperationen und für die Aufrechterhaltung der guten Kontakte zu asiatischen und europäischen Staaten.
Chinas Ministerpräsident nahm bislang an jedem ASEM-Gipfel teil. China hat bei den Treffen zahlreiche praktische Vorschläge unterbreitet und die meisten Ministertreffen aller Mitgliedsstaaten abgehalten. China hoffe nun, dass ASEM künftig mehr sein werde als nur ein multilaterales Forum und sich zu einer dauerhaften Einrichtung entwickeln werde, die eine größere Rolle bei der Förderung der Kooperation zwischen Asien und Europa spielt, erklärte Cui.
Beim diesjährigen ASEM-Gipfel warb Li dafür, gemeinsam mit anderen Ländern den Wirtschaftsgürtel an der Seidenstraße und die Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts aufzubauen. China hofft, dass diese Projekte die internationale Zusammenarbeit erleichtern, das wechselseitige Vertrauen stärken, die Kommunikations- und Verkehrsbedingungen verbessern sowie die inklusive und nachhaltige Entwicklung in den Ländern Asiens und Europas fördern können.
Beim sechsten Hamburg Summit sprach Li am 11. Oktober über Chinas Regierungspolitik und die Entwicklung der chinesischen Wirtschaft, er referierte über die Öffnungspolitik und die Verbindungen zwischen China und der EU und ermutigte Europa zu verstärkten Investitionen im Reich der Mitte.
China werde seine Türen zur Außenwelt weiter öffnen und mehr Marktmöglichkeiten schaffen, betonte er. Geplant seien ein leichterer Zugang zum Markt, ein stärkerer Schutz der geistigen Eigentumsrechte und die Schaffung eines fairen, transparenten und geordneten Marktumfelds für ausländische Unternehmen in China.
Die Öffnung nach außen ist die Grundlage für die Zusammenarbeit und für Chinas Regierungspolitik. Von der Öffnung des chinesischen Markts profitiert nicht nur China, sondern die ganze Welt. Lis Rede werde das Vertrauen europäischer Unternehmer stärken, erklärte Mei Zhaorong, ehemaliger chinesischer Botschafter in Deutschland.
Nach Angaben des Handelsministeriums ist China der zweitgrößte Handelspartner der EU, die wiederum seit zehn Jahren der wichtigste Handelspartner für China ist. Das bilaterale Handelsvolumen beträgt im Durchschnitt täglich 150 Millionen Dollar.
China und die EU haben sich zum Ziel gesetzt, bis 2020 ein Handelsvolumen von 1 Billionen Dollar zu erreichen. Beide Seiten gaben den China-EU 2020 Strategieplan zur Zusammenarbeit heraus und starteten im vergangenen Jahr Verhandlungen über eine Investitionsvereinbarung, die fast 100 Bereiche abdecken soll.
Die EU will 50 Milliarden Euro in Verkehr, Energie und digitale Netzwerke investieren. China sei bei Hochgeschwindigkeitszügen und der Atomenergietechnologie vergleichsweise im Vorteil, was die Zusammenarbeit im Bereich Innovation erleichtern könne, so Mei.
Im Vorfeld des Hamburg Summit traf sich Li noch mit Luxemburgs Ministerpräsident Xavier Bettel. Dabei erklärte er, dass China die Einrichtung eines Offshore-RMB-Markts in Luxemburg und die Verwendung der Landeswährungen im beidseitigen Handel und bei Investitionen unterstützen wolle.
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