Für das chinesische Volk ist der 1. Oktober schon lange ein Gedenktag, ein Tag zum Feiern gewesen. Die Gründung der Volksrepublik China an diesem Tag vor 35 Jahren beendete ein Jahrhundert fremder Aggression und Vorherrschaft, welche das Land in Chaos und Krieg und das Volk in enormes Elend und Demütigung stürzten, ein Jahrhundert der einheimischen feudalen Unterdrükkung und der allgemeinen Rückständigkeit.
Der 1. Oktober 1949 markierte auch den Beginn der sozialistischen Revolution Chinas, in der das System der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen abgeschafft wurde und der sozialistische Aufbau einen materiellen und geistigen Reichtum schuf, wie er unseren Vorfahren nie vorstellbar schien.
Diesen Festtag feiert das chinesische Volk in diesem Jahr mit besonderer Freude. Der vor fünf Jahren begonnene neue Lange Marsch zur sozialistischen Modernisierung, die Einführung neuer Richtlinien, die 1978 auf der 3. Plenartagung des XI. Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas formuliert wurden, und die Einleitung der Reformen, die auf vollen Touren laufen — all dies sind erfolgreiche Schritte gewesen.
Um einige Fortschritte zu nennen:
Die KP Chinas, die Vorhut des chinesischen Volkes auf dem neuen Langen Marsch, stärkt sich durch die laufende Ausrichtungsbewegung, die voriges Jahr begann. Sie hat ihren Arbeitsstil verbessert, und ihr Ansehen im chinesischen Volk wächst zusehends.
Mit der Vereinfachung der Verwaltungsstruktur in der Regierung werden immer mehr junge und kompetente Leute auf leitende Posten befördert — eine Garantie dafür, daß die gegenwärtige Politik und die politische Stabilität fortgesetzt werden.
Die Verabschiedung der neuen Verfassung 1982 und einer großen Anzahl von neuen Gesetzen und Vorschriften hat die Rechtsordnung gestärkt und die Basis für die Entfaltung der sozialistischen Demokratie gefestigt.
Die verstärkte Beachtung der geistigen Zivilisation sicherte dem Land hohe moralische Werte und eine stabile öffentliche Ordnung. China bleibt eines der Länder mit der niedrigsten Kriminalitätsrate.
Eine diversifizierte Wirtschaft und die Einführung des Verantwortlichkeitssystems haben in den ländlichen Gebieten eine überraschende wirtschaftliche Vitalität entfaltet und zu einem ersten Aufschwung geführt. Die chinesischen Bauern produzieren auf nur 7 Prozent der Anbauflächen der Welt ein Viertel aller Getreideerträge der Welt und ernähren eine Milliarde Menschen, rund ein Viertel der Weltbevölkerung.
Erfolge auf dem Lande geben den Reformen in den Städten einen starken Impuls. Die Trennung der Regierungsverwaltung vom Geschäft, die Erweiterung von Entscheidungsbefugnissen der Unternehmen und der Verzicht auf ,,alle essen aus dem gleichen Topf" — dies sind Prinzipien, die in der laufenden Reform verfolgt werden. Die Reform erfaßt nicht nur die Industrie, den Handel und das Dienstleistungsgewerbe, sondern reicht tief in grundlegende Strukturen Chinas wie Beschäftigung und Entlohnung hinein.
China hat eine unabhängige und relativ komplette industrielle Basis und eine integrierte Wirtschaft geschaffen, die in der Lage sind, Überschallflugzeuge, Satelliten und hochentwickelte Computer herzustellen.
Der Lebensstandard hat sich beträchtlich erhöht. Die Menschen essen und kleiden sich viel besser. Spareinlagen in Stadt und Land nehmen drastisch zu. Der Wohnungsbau erweitert sich ständig.
Aus den bemerkenswerten Erfolgen läßt sich schließen, daß das Ziel — ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 800 US-Dollar noch vor Ende dieses Jahrhunderts — erreicht wird.
Die Literatur, die Kunst und die Wissenschaft beginnen aufzublühen. Die Erziehungs-, Hygieneund Gesundheitseinrichtungen sind ungeheuer erweitert worden. Die Lebenserwartung hat sich mit 68 Jahren 1983 fast verdoppelt gegenüber von 35 Jahren vor 1949. Chinas Erfolge auf der Olympiade in Los Angeles und die Tatsache, daß rund 300 Millionen Menschen regelmäßig Sport treiben, haben China von dem ehedem demütigenden Spitznamen ,,kranker Mann Asiens" befreit.
Nach zwei Jahren Verhandlungen wurde am 26. September in Beijing eine Chinesisch-Britische Gemeinsame Erklärung über die Hongkong-Frage paraphiert. Die Lösung dieser von der Geschichte hinterlassenen schwierigen Frage markiert einen wichtigen Schritt zu dem ersehnten Ziel der nationalen Wiedervereinigung. Es gibt allen Grund zu glauben, daß die Formel ,,Ein Land, zwei Systeme" eine grundlegende Bedeutung für eine Wiedervereinigung von dem Festland und Taiwan hat.
China ist für Frieden und Entwicklung. Als ein sozialistischer Staat und ein Land, das eine friedliche internationale Umgebung benötigt, hält China an den Fünf Prinzipien der friedlichen Koexistenz fest und bekämpft den Hegemonismus in internationalen Beziehungen. China appelliert zur Einheit zwischen den Ländern der Dritten Welt, die unter der überholten ungleichen Weltwirtschaftsordnung leiden. In den letzten Jahren hat dieser prinzipielle Standpunkt zunehmend internationale Unterstützung gefunden.
An diesem Feiertag gibt es noch viel mehr Schlußfolgerungen zu ziehen, doch der wesentliche Punkt ist, daß es kein fertiges Modell für Chinas sozialistischen Aufbau gibt. China hat von seinen eigenen Realitäten auszugehen, als ein bevölkerungsreiches, einst rückständiges Land muß es seinen eigenen Weg finden und standhaft durchhalten. Die verstrichenen 35 Jahre sind nur ein Anfang. Weitere 35 Jahre werden benötigt, um das große Ziel zu erreichen, China in ein wirklich blühendes und modernes Land zu verwandeln.
Die Errungenschaften, die seit der Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949 erzielt wurden, sind beeindruckend. Sie wurden aber begleitet von Rückschlägen und gar Rückschritten. Es gibt noch viele schwache Kettenglieder in unserer Arbeit, die es zu stärken gilt. Verglichen mit den entwikkelten Nationen bleibt China noch immer in Wirtschaft, Wissenschaft und Technik zurück, und der Lebensstandard bedarf einer weiteren Erhöhung. Mit dem Fortschritt der Reformen werden neue Probleme, neue Schwierigkeiten auftauchen. Trotzdem sind wir voller Zuversicht angesichts der Fortschritte, die wir gemacht haben. Das chinesische Volk wird, angeleitet von der marxistischen Linie ,,die Wahrheit in den Tatsachen suchen", in den kommenden dreieinhalb Jahrzehnten sicher noch größere Erfolge erringen.
(Quelle: Beijing Rundschau, Nr. 40, 1984)