26-08-2014
Wirtschaft
Asien-Pazifik-Region: Partnerschaft im chinesischen Stil
von An Gang

Die APEC-Gipfeltreffen bilden die Grundlage für eine verbesserte wirtschaftliche Zusammenarbeit

Auf der Suche nach Einigkeit: Das dritte APEC-Treffen hoher Beamter fand am 20. August in Beijing statt.

Seit China vor zwei Jahren damit beauftragt wurde, 2014 den Gipfel für die Asiatisch-Pazifische Wirtschaftszusammenarbeit auszurichten, hat die Regierung eine Menge Arbeit in die Vorbereitungen gesteckt. Das dritte APEC-Treffen hoher Beamter, das vom 6. bis 21. August stattfand, war das letzte seiner Art vor der Zusammenkunft des APEC-Gipfels Endes des Jahres in Beijing. Das Treffen umfasste rund 100 Sitzungen, die eine breite Themenpalette abdecken. Es ging um Handel und Investitionen, Normen und Konformität, Zollverfahren, Konnektivität, Landwirtschaft und Lebensmittel, Forstwirtschaft, E-Commerce, Korruptionsbekämpfung, Katastrophenhilfe und Gesundheit.

Ein ehrgeiziges Ziel

Dem APEC-Gipfeltreffen 2014 stellte China das Motto "Gemeinsam eine zukunftsorientierte Asien-Pazifik-Partnerschaft aufbauen" voran. Die Teilnehmer werden darüber diskutieren, wie man die wirtschaftliche Integration in der Region, wirtschaftliche Innovationen sowie Reformen und Expansion fördern und den Aufbau der Infrastruktur und Konnektivität verbessern kann.

Beim APEC-Gipfel 2013 in Bali hatte Chinas Präsident Xi Jinping einen guten Start. Er bewarb die Gipfelthematik als Bestandteil von Chinas Bemühungen um den Aufbau wirtschaftlicher Korridore in diversen Unterregionen und um die Förderung eines großen asiatisch-pazifischen Markts, der 21 Volkswirtschaften und 2,8 Milliarden Menschen umfasst. Außerdem schlug er zwischenzeitlich offiziell die Gründung der Asian Infrastructure Investment Bank (AIIB) vor. Seitdem hat China wichtige Schritte zur Vorbereitung unternommen und ein eingetragenes Gründungskapital von 50 Milliarden Dollar als Ziel festgesetzt.

Für China ist der APEC-Gipfel das wichtigste diplomatische Ereignis dieses Jahres im eigenen Land. Die chinesische Führung glaubt, dass der Asien-Pazifik-Raum sich schnell zum Zentrum des globalen Wirtschaftswachstums entwickeln wird und für China nicht zuletzt aufgrund seines wachsenden wirtschaftlichen Einflusses die Zeit gekommen sei, regionale Wirtschaftsangelegenheiten zu leiten und zu koordinieren.

Zwei Jahre hintereinander trug China mit mehr als 50 Prozent zum Wachstum in Asien bei. 2013 machte Chinas Handel mit APEC-Mitgliedern einen Anteil von 60 Prozent am gesamten Außenhandelsvolumen aus; rund 70 Prozent der chinesischen Auslandsinvestitionen gehen an APEC-Mitglieder, 83 Prozent der eingezahlten ausländischen Direktinvestitionen stammen von ihnen. Acht der zehn wichtigsten Handelspartner Chinas gehören zur APEC. Und bis Ende 2013 unterzeichnete Chinas 12 Freihandelsabkommen mit 20 Ländern und Regionen, über sechs Abkommen wird noch verhandelt, die Mehrzahl davon involviert ebenfalls APEC-Mitglieder.

Kampf um Handelsabkommen

Der diesjährige APEC-Gipfel findet unter komplizierten Bedingungen statt. Die Welt marschiert weiter in Richtung Globalisierung, die Doha-Runde der WTO-Verhandlungen macht nach ihrem Neustart nur langsame Fortschritte; regionale und bilaterale Freihandelsabkommen werden eins nach dem anderen unterzeichnet; und die asiatisch-pazifische Wirtschaftskooperation steht an einem Scheideweg zwischen Integration und Fragmentierung.  

Als wichtigste regionale Organisation zur Zusammenarbeit im Asien-Pazifik-Raum schlug die APEC 2004 als erstes das Asiatisch-Pazifische Freihandelsabkommen (FTAAP) vor. 2006 wurde das FTAAP beim APEC-Gipfeltreffen in Hanoi zu einer langfristigen zu prüfenden Vision erklärt.

Tatsächlich befinden sich zwei weitere wichtige Freihandelsankommen für die Asien-Pazifik-Region bereits in der Verhandlungsphase, die Trans-Pazifische Partnerschaft (TPP) und die Regionale umfassende wirtschaftliche Partnerschaft (Comprehensive Economic Partnership, RCEP).

Die TPP wird angeführt durch die USA, zurzeit sind 12 Länder, darunter Australien, Malaysia, Japan und Vietnam, an den Verhandlungen beteiligt, China blieb bislang ausgeschlossen. Die TPP will neue Handelsregeln aufstellen, die nicht nur Zollfreistellungen, sondern auch den Schutz geistiger Eigentumsrechte und Anreize für staatliche Unternehmen umfassen. Die US-Regierung hofft, Ende 2014 eine vorläufige Rahmenvereinbarung unterzeichnen zu können, bislang stagnieren die Verhandlungen allerdings wegen Meinungsverschiedenheiten mit Japan über Zölle für Agrarprodukte und Autos.

Die von den ASEAN-Staaten ins Leben gerufene RCEP soll neben den AESEAN-Mitgliedern selbst die sechs Länder, mit denen Freihandelsabkommen bestehen, umfassen, d.h. Australien, China, Indien, Japan, Südkorea und Neuseeland. Die RCEP konzentriert sich auf den Warenhandel, Ziel ist der Aufbau eines integrierten Markts durch den Abbau tarifärer und nicht-tarifärer Handelsschranken.

Beim diesjährigen Treffen des Boao-Forums für Asien äußerte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang die Hoffnung, die Verhandlungen zur RCEP bis 2015 abschließen zu können. China sei nicht gegen die Einrichtung der TPP; RCEP und TPP könnten sich parallel entwickeln und gegenseitig fördern.

RCEP und TPP decken die meisten Volkswirtschaften des Asien-Pazifik-Raums ab. Daher könnten beide Organisationen nach Verhandlungsabschluss zu einer Gründungsplattform für das FTAAP werden.

Bei seiner Rede vor den APEC-Wirtschaftsführern erklärte Präsident Xi im letzten Jahr, dass die APEC eine führende und koordinierende Rolle bei der Förderung eines offenen Entwicklungsumfelds im Asien-Pazifik-Raum spielen sollte. Er forderte Inklusion, wechselseitigen Nutzen und eine Win-Win-Situation, um die regionale FTA-Koordination voranzubringen und das „Spaghetti-Teller-Phänomen" zu verhindern, d.h. eine Menge ineinander verstrickter Handelsvereinbarungen und Regeln, die ein Netz aus Interessen schaffen, das so verknotet ist wie ein Teller Spaghetti.

Die kommenden Jahre werden eine entscheidende Phase sein und zeigen, ob der Asien-Pazifik-Raum eine offene Handelsordnung etablieren kann. Chinas Vizeaußenminister Li Baodong erklärte kürzlich, dass es „Zeit ist, zu handeln."

Eine Plattform für die chinesisch-amerikanischen Beziehungen

Am 13. August kündigte US-Außenminister John Kerry in einer Rede im East-West-Center in Hawaii die Teilnahme von US-Präsident Barack Obama am Treffen der APEC- Wirtschaftsführer in Beijing an. Obama werde sich auf drei Themen konzentrieren: die Förderung sauberer und erneuerbarer Brennstoffe, Hilfen für kleine Unternehmen, eine größere Rolle der Frauen in der Wirtschaft und die Erweiterung des Bildungsaustausches. Diese drei Bereiche stimmen mit Obamas innenpolitischer Agenda überein und zielen auf die diesjährigen Zwischenwahlen der Demokraten und die Präsidentschaftswahlen 2016 ab.

Mit Rücksicht auf die amerikanischen Zwischenwahlen am 4. November wird China den APEC-Gipfel möglicherweise auf Bitten der USA verschieben. Aufgrund innenpolitischer Probleme nahm Obama an den APEC-Gipfeln der letzten zwei Jahre nicht teil. Verpasst er das Treffen ein drittes Mal, wird sich die internationale Gemeinschaft fragen, ob die USA wirklich Interesse an Asien haben. Auch auf die chinesisch-amerikanischen Beziehungen würde sich seine Abwesenheit negativ auswirken.

Über die Asien-Pazifik-Strategie der Obama-Regierung ist viel geschrieben und diskutiert worden. Washingtons aktive Förderung der TPP-Verhandlungen und die Einführung einer Reihe neuer Handelsregeln sind die wichtigsten Säulen dieser Strategie. In seiner Rede am 13. August erklärte Kerry, die USA würden dem Asien-Pazifik-Raum größere Bedeutung beimessen als je zuvor. Die amtierende Regierung werde ihre Anstrengungen zur Umsetzung der Asien-Pazifik-Strategie in den nächsten zweieinhalb Jahren verdoppeln.

Der Aufstieg Chinas und der Verlust der eigenen Dominanz in der Region sind die Hauptsorgen der USA. Im vergangenen Jahr haben die USA ihre Anstrengungen verdoppelt, Waffensysteme in Ostasien zu stationieren und ihre Militärbündnisse mit Japan, Australien und den Philippinen gestärkt. Amerika hat seine zuvor neutrale Haltung aufgegeben, es befürwortet Japans Aufhebung des Verbots zur kollektiven Selbstverteidigung und mischte sich in Seestreitigkeiten zwischen China und seinen Nachbarländern am Ost- und Südchinesischen Meer ein. Dieses Verhalten beschädigte das wechselseitige Vertrauensverhältnis.  

Obamas Chinareise im Jahr 2009 gilt in den USA allgemein als wenig erfolgreich. Daher kann es sich Obama nicht leisten, eine zweite Chance zu verpassen. Die US-Regierung weiß, dass sie bestens vorbereitet sein muss, um ein Ergebnis zu erzielen, dass sie in der Öffentlichkeit präsentieren kann. Das gilt vor allem in den Bereichen Klimawandel, Handel und Menschenrechte.

Obama sollte jedoch akzeptieren, dass sein Chinabesuch ohne den gesunden und stabilen Entwicklungsrahmen der chinesisch-amerikanischen Beziehungen keine fruchtbaren Ergebnisse erzielen wird. Während ihres Treffens in Kalifornien im vergangenen Jahr hatten der chinesische und der amerikanische Präsident Einigkeit darüber erzielt, nicht in die Thukydides-Falle tappen zu wollen, d.h. eine aufsteigende Macht daran hindern zu wollen, eine etablierte Macht herauszufordern. In diesem November wird Obama Gelegenheit haben, seine Aufrichtigkeit unter Beweis zu stellen, indem er für beide Seiten nutzbringende Maßnahmen ergreift.