18-06-2014
Kultur
Die eigene Geschichte wiederentdecken
von Yin Pumin

 

Verbindungen bis nach Taiwan: Nachfahren des bekannten Dichters Qu Yuan (340-278 v. Chr.) in Changhua (Taiwan) mit dem Stammbaum der Familie Qu, der ihnen von der Provinz Hubei geschenkt wurde.

 

Filigrane Kunst

In der Bücherei des Nationalpalast-Museums sorgen zwei Stammbäume in traditioneller Technik immer wieder für große Aufmerksamkeit. Die Stammbäume wurden von Zhang Dewen, einem Bauern aus Shitang im Kreis Feidong in der Provinz Anhui, geschaffen. Zhang nutzt die Technik seiner Vorfahren aus der späten Qing-Dynastie. Mit Hilfe dieser traditionellen Verfahren kann er Stammbäume in kunstvolle Bücher einbinden.

Zhangs Werkstatt befindet sich in Shitang. Kürzlich stellte er 800 Bücher für die dort ansässige Familie Zhou her. Seine ganze Familie war daran beteiligt, einschließlich seines 80-jährigen Vaters. „Wir haben mehrere Monate für den Auftrag gebraucht", erzählt Zhang. Der gesamte Arbeitsprozess sei in Handarbeit erfolgt. Zhang kontrollierte fast jeden Arbeitsschritt, vom Schriftsetzen, und Korrekturlesen bis hin zur Druckplattenherstellung, zum Drucken und Binden.

„Traditionelles Kunsthandwerk ist bei den Leuten wegen seiner Einzigartigkeit sehr beliebt", so Zhang. Für die Stammbäume müsse man beispielsweise Xuan-Papier verwenden, das normalerweise für Tuschemalerei und Kalligraphie benutzt wird. „Xuan-Papier ist sehr weich. Es kann nicht durch eine Maschine laufen, daher muss man von Hand drucken", erklärt er. 

Die Tusche, die bei dieser traditionellen Methode verwendet wird, ist wasserlöslich. Anders als ölbasierte Tusche, wie sie in modernen Druckverfahren genutzt wird, dringt sie in das Papier ein. „Die Tusche, die wir verwenden, garantiert die hohe Qualität und lange Lebensdauer des Drucks", erläutert Zhang.

Zhangs Vater und Großvater haben diese traditionellen Techniken am Leben erhalten. Eine Gelegenheit zu ihrer Wiederbelebung ergab sich in den frühen 1990er Jahren, als ein Geschäftsmann Zhangs Familie um Hilfe bei der Gestaltung eines Stammbaums in Buchform bat. Zhangs erstes Stammbuch entstand so für eine Familie namens Song. Das Buch wurde auf traditionelle Weise mit beweglichem Lettersatz gedruckt. Später wurde es von einem Sammler aus Hongkong erworben.

Da immer mehr wohlhabende Geschäftsleute und Auslandschinesen wegen Familienstammbüchern zu ihm kamen, wurde Zhang allmählich im ganzen Land bekannt. Anfang 2012 plante Familie Pei aus Anhui eine Überarbeitung ihres Stammbaums. Sie nahmen Kontakt zu Zhang auf und innerhalb weniger Monate entstand in seiner Werkstatt ein neuer Stammbaum. Wegen seines großen historischen Werts und der hervorragenden handwerklichen Qualität wurde das Buch für die Sammlung der Bücherei des Nationalpalast-Museums erworben, später kaufte es die Capital Library of China.

„Heute sind viele Handwerkskünste und Traditionen verloren gegangen. Ich werde die traditionellen Techniken meiner Familie am Leben erhalten und weiterhin qualitativ hochwertige Familienstammbäume erstellen. Ich hoffe, die Technik kann dazu beitragen, die Stammbaumkultur zu fördern", sagt Zhang.

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