13-06-2014
Gesellschaft
Im Eiltempo nach Xinjiang
von Li Fangfang

 

Nan Bojun (re.) gibt einer Zugbegleiterin während der Testfahrt des Hochgeschwindigkeitszugs Instruktionen

 

Alter Hase und Anfänger zugleich: Der Uigure Adi Tuerdi steuert den Hochgeschwindigkeitszug bei seiner Testfahrt am 3. Juni

 

Entfernungen schrumpfen

Als Tuerdi noch auf der Strecke von Ürümqi nach Hami, einem Abschnitt der alten Zugverbindung von Lanzhou nach Xinjiang, arbeitete, brauchte man mehr als sechs Stunden für die rund 600 Kilometer lange Strecke.

Wenn der Hochgeschwindigkeitszug in Betrieb geht, wird man für diese Entfernung nur noch zweieinhalb Stunden brauchen. „Man kann eine Tagesreise von Ürümqi nach Hami im Süden Xinjiangs und zurück machen", sagt Tuerdi.

Für die Menschen in Xinjiang ist Online-Shopping wegen der langen Lieferzeiten und hohen Lieferkosten weniger bequem als im Rest Chinas. Bei Sun Feng, einem der schnellsten Lieferdienste Chinas, kostet die Zustellung eines Pakets von Beijing nach Ürümqi pro Kilometer 24 Yuan. Kunden in anderen Provinzen, mit Ausnahme des Autonomen Gebiets Tibet und Qinghai, erhalten ihre Pakete normalerweise innerhalb von zwei Tagen, die Zustellgebühren sind oft so niedrig, dass die Online-Verkäufer sie mit übernehmen. Doch Bestellungen aus Xinjiang werden von einigen Online-Shops sogar verweigert, weil sie sich den Ärger mit der Lieferung ersparen wollen.

„Als wir zur Ausbildung in Wuhan waren, konnten wir ohne hohe Lieferkosten shoppen, das war toll", sagt Nan. Sie freut sich auf die Hochgeschwindigkeits-Güterzüge, die die Lieferprobleme reduzieren werden.

Die Hochgeschwindigkeitszüge werden den Transport grundlegend verändern. Die alte Strecke von Lanzhou nach Xinjiang solle nur noch für Güterzüge genutzt werden, die Hochgeschwindigkeitsstrecke für Personenzüge, so Liu Xinle, Eisenbahnbeamter aus Xinjiang. „Das bedeutet, dass die aktuelle Transportkapazität im Güter- und Personenverkehr verdoppelt wird", so Liu.

 

Windproblem gelöst

Xinjiang ist der größte Erzeuger von Windkraft in China. Das hohe Windaufkommen in der Region war der Hauptgrund für den Bau zahlreicher Windkraftanlagen. Aber manchmal erzeugt der Wind eben nicht nur Strom, sondern er verursacht große Schäden und stellt eine potenzielle Bedrohung für den Zugverkehr dar.

Die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke führt durch vier sehr windreiche Regionen, Windböen können Geschwindigkeiten von bis zu 60 Metern pro Sekunde erreichen, was einem Orkan der Stufe vier entspricht. Ab Windgeschwindigkeiten über 32 Meter pro Sekunde spricht man von Orkanen. In den vier Regionen liegt die Windgeschwindigkeit an 208 Tagen im Jahr über 20 Meter pro Sekunde.

Um Schäden zu vermeiden, ist ein 462 Kilometer langer Windschutz gebaut worden, der 65 Prozent des gesamten Streckenabschnitts in Xinjiang abdeckt. Es sei der größte Windschutz in Chinas Hochgeschwindigkeitsbahnnetz, erläutert La Youyu, Vorsitzender der Lanzhou-Xinjiang Railway Xinjiang Co.

„Der Bau einer Hochgeschwindigkeitsstrecke in so einer rauen Umgebung ist eine echte Herausforderung", erklärt La, ein Tibeter mit großer Erfahrung im Eisenbahnbau. Er war als Vize-Oberbefehlshaber am Bau der Hochgeschwindigkeitsstrecken von Beijing nach Shanghai und durch das Qinghai-Tibet-Plateau beteiligt, der höchsten und längsten Zugstrecke durch ein Gebirgsplateau. 

„Ohne die Schutzmauer müssten die Züge bei Windgeschwindigkeiten von über 30 Meter pro Sekunde jedes Mal anhalten. Jetzt müssen sie das erst bei über 40 Metern pro Sekunde", sagt La.

Xinjiang ist auch für die enormen Unterschiede zwischen seinen Tages- und Nachttemperaturen  bekannt, die Risse im Beton verursachen können. „Wir haben intensiv an der bestmöglichen Zusammensetzung für den Beton gearbeitet", erklärt La.

Die umweltfreundliche Bauweise der Hochgeschwindigkeitsstrecke ist ein weiteres Highlight, vor allem in der Nähe des Feuchtgebietes von Dabancheng, einem nationalen Naturschutzgebiet in Ürümqi.

Während der Bauzeit waren willkürliche Abfallentsorgung und überflüssiges Fahren verboten. Die Arbeiter errichteten eine Straße ausschließlich für den reibungslosen Ablauf der Bauarbeiten. Nach Beendigung der Bauarbeiten wird die Straße nun für Wartungsarbeiten an den Gleisen und den täglichen Anwohnerverkehr weiter genutzt werden.

 

 

 

 

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