13-06-2014
Gesellschaft
Im Eiltempo nach Xinjiang
von Li Fangfang

Die Region im Westen Chinas profitiert von ihrer neuen Schnellzugverbindung

 

 

 

Abfahrbereit: Arbeiter der Eisenbahnverwaltung von Ürümqi warten am 3. Juni darauf, dass der Hochgeschwindigkeitszug CRH2-061C um 9.50 Uhr das Triebwagendepot verlässt.

 

 

Nan Baojun (43), eine erfahrene Zugbegleiterin mit 20 Jahren Berufserfahrung, war sehr aufgeregt, als sie mit der Beijing Review über die Testfahrt des Hochgeschwindigkeitszugs von Ürümqi nach Shanshan in dem Uigurischen Autonomen Gebiet Xinjiang sprach. „Xinjiang hat endlich einen eigenen Hochgeschwindigkeitszug", freute sie sich.

Am 3. Juni um 9.50 Uhr startete der Hochgeschwindigkeitszug CRH2-061C seine 283 Kilometer lange Probefahrt durch den zweiten zweigleisigen Xinjianger Streckenabschnitt der Bahnstrecke von Lanzhou nach Xinjiang.

Die Zugverbindung von Lanzhou nach Xinjiang wurde erstmals 1952 bis 1962 errichtet. Sie ist die einzige Gleisverbindung, die Xinjiang mit dem Rest Chinas verbindet. Die neue Strecke hat einen leicht veränderten Verlauf, sie windet sich durch die Nachbarprovinz Qinghai, bevor sie wieder in die Provinz Gansu zurückführt und folgt dann wieder dem alten Streckenverlauf Richtung Nordwesten nach Xinjiang. Mit dem Bau wurde im Jahr 2010 begonnen.

Die 1776 Kilometer lange neue Strecke durchquert einen großen Teil der Wüste Gobi und andere Regionen mit schwierigen meteorologischen Bedingungen wie extremen Temperaturen und starken Winden. Mithilfe technologischer Innovationen konnten diese Probleme bewältigt werden.

Der Streckenabschnitt in Xinjiang ist insgesamt 710 Kilometer lang. Es ist die erste Hochgeschwindigkeitszugverbindung in Xinjiang, die Inbetriebnahme ist für Ende 2014 geplant. Die Reisezeit zwischen Lanzhou, der Hauptstadt der Provinz Gansu, und Ürümqi wird sich dann von 21 Stunden auf 8 oder weniger Stunden verringern. Die Fahrt von Beijing nach Ürümqi verkürzt sich von zurzeit 40 Stunden auf 16 Stunden.

Die Bevölkerung hat lange auf die Eröffnung der Schnellzugverbindung gewartet. „Wenn ich im Taxi zur Arbeit gefahren bin, fragte mich der Fahrer, wann Xinjiang seinen eigenen Hochgeschwindigkeitszug haben würde", erzählt Nan, die für alle Zugbegleiter auf der Strecke verantwortlich sein wird. „Wenn ich zum Friseur gegangen bin, fragte man mich, ob in Xinjiang wirklich eine Hochgeschwindigkeitsverbindung gebaut würde."

Die Probefahrt am 3. Juni umfasste technische Tests, Tests der Gleise, der Kommunikation und der Aerodynamik. Alle Ergebnisse hätten innerhalb des vorgeschriebenen Sicherheitsrahmens gelegen, erklärte Fu Lianzhu, der für die Probefahrt zuständige Chefingenieur.

Der Streckenabschnitt ist auf eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 250 km/h ausgerichtet. Während der Testfahrt wurde die Geschwindigkeit nochmals um 10 Prozent auf 275 km/h erhöht, um das vorschriftsmäßige Funktionieren des Zuges auch wirklich sicherzustellen.

„Vor der Probefahrt haben wir neun Tage lang Testläufe gemacht", erklärte Fu. Seinen Angaben zufolge begann die Probefahrt mit einer Geschwindigkeit von 160 km/h, sie wurde schrittweise um 20 km/h erhöht. Nachdem sie 200 km/h überschritten hatte, wurde sie um 10 km/h gesenkt, bis 275 km/h erreicht wurden.  

„Am Steuer der Hochgeschwindigkeitszüge wechseln sich mehrere Fahrer ab", erklärt Aedi Tuerdi (34), ein uigurischer Lokführer. Neben ihm steuern ein Kasache und zehn Han-Chinesen den Zug. Sie wurden aus den in Xinjiang arbeitenden Zugführern ausgewählt.

Tuerdi musste in den vergangenen Monaten harte Tests durchlaufen. Wichtigstes Kriterium für den künftigen Führer eines Hochgeschwindigkeitszuges sind eine gute körperliche und geistige Verfassung sowie gute Kenntnisse der chinesischen Eisenbahn. Nach seinem Vorstellungsgespräch in Beijing hatte er die Möglichkeit, sich theoretisches Wissen anzueignen und ein praktisches Training zu absolvieren

Tuerdi erhielt Fahrunterricht in Baoji (Provinz Shaanxi) und an der Southwest Jiaotong Universität in Chengdu (Provinz Sichuan), 3000 Kilometer von Ürümqi entfernt. Im Triebwagen-Depot von Wuhan (Provinz Hubei), neben Beijing, Shanghai und Guangzhou einer der vier größten Bahnhöfe Chinas, testete er seine Fähigkeiten in der Praxis.

Oberste Priorität für einen Lokführer aber hat ein nachweisbar unfallfreies Fahren über mindestens 100.000 Kilometer. Tuerdi blieb seit Beginn seiner Berufslaufbahn im Jahr 2003 über 573.400 Kilometer unfallfrei.

„Ich bin stolz, der erste uigurische Fahrer des Hochgeschwindigkeitszuges in Xinjiang zu sein. Auch meine Familie, sogar alle Uiguren, sind stolz darauf", sagt er.

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