Umweltschutz durch das Internet
Welche Rolle wird die Informationstechnologie in der intelligenten Stadt der Zukunft spielen? Liu Rui, Vizepräsident der China Science MapUniverse Technology Co. Ltd., einen Unternehmen, das sich auf digitale Umweltschutzinformationen spezialisiert hat, zeigte einige Möglichkeiten auf. Neun chinesische Städte sollen laut 12. Fünfjahresplan zu Smart Cities werden, darunter auch Beijing. „Moderne digitale Informationstechnologien werden in der Hauptstadt eine bessere Verkehrssteuerung garantieren, Satelliten und unbemannte Fahrzeuge für ein besseres Umweltmonitoring sorgen", so Liu. Bis 2020 sei zudem der flächendeckende Zugang zum Breitbandinternet geplant, bis 2015 soll auch in den ländlichen Vororten ein Wifi-Zugang sichergestellt sein. „Das ermöglicht den Bewohnern beispielsweise die Teilnahme an einer computergestützten medizinischen Versorgung durch Videokonferenzen oder die digitale Übermittlung von Untersuchungsergebnissen", erläuterte er. Sein Unternehmen hat außerdem mit Weibao eine App entwickelt, die über die aktuelle Luftverschmutzung informiert und mit der Nutzer Umwelttipps und Infos zur Verkehrslage austauschen können.
Das Internet werde in der Smart City auch die technische Steuerung von Wohnhäusern maßgeblich beeinflussen. „Smart Home lautet der Trend", so Peter Becker, verantwortlich für Business Development bei Bosch Thermotechnik China. Das Unternehmen bietet beispielsweise Heizungssteuerungssysteme per Internet oder Handy an, die die Heizaktivität je nach Außentemperatur regeln. „In China wächst die Branche jedes Jahr um 20 Prozent. 2015 wird ein Umsatz von 125 Milliarden Yuan erwartet", berichtete er.
Die Modernisierung der Infrastruktur war Thema des dritten Forumsteils. Zhou Jun, Chefingenieur des Abwasserunternehmens Beijing Drainage Group Co., stellte geplante Verbesserungen bei der Aufbereitung von Abwasser und Regenwasser vor. 2013 managte das Unternehmen, das u.a. mit der TU Berlin kooperiert, Pipelines mit einer Gesamtlänge von 5000 Kilometern und bereitete 788 Millionen Kubikmeter Abwasser auf. 355 Kilometer weitere Leitungen seien geplant. In den Vororten Beijings soll demnächst die Anammox-(Anaerobe Ammonium-Oxidation)Technologie zur Wasseraufbereitung zum Einsatz kommen, ein modernes Verfahren, bei dem spezielle Bakterien schädliche Stickstoffverbindungen beseitigen. Dabei benötigen sie keinen Sauerstoff, verbrauchen aber gleichzeitig umweltschädliches Kohlenstoffdioxid.
Den für China sicherlich ungewöhnlichsten Ansatz präsentierte Kristina Heilemann von der greenKon GmbH, einem Freiburger Unternehmen, das im Bereich Technologie-Transfer im Energie- und Umweltsektor arbeitet. „Sanieren statt Abreißen", lautet ihr Motto für renovierungsbedürftige Häuser, Straßen oder Brücken gleichermaßen, sicher nicht zur Freude jeden Bauträgers. „Anwendbare Technologien existieren bereits. Straßen lassen sich beispielsweise schichtweise ausbessern. Der Verkehr wird weniger behindert, es entsteht weniger Abfall, der in speziellen Säcken entsorgt werden kann. Die Säcke können wiederum als Flutschutz oder Gebäudefundament genutzt werden."
„In China kommt die Zukunft schneller als anderswo"
Die Beiträge hatten es gezeigt: Technologien zur Entwicklung von Smart Cities sind vorhanden. Existiert aber auch die Bereitschaft, sie klug einzusetzen?, lautete die Frage der Abschlussdiskussion. Es fehle vielerorts noch an Aufklärung. Informationsmaterial und Apps, bei denen der Spaßfaktor nicht zu kurz kommt, und vor allem Pilotprojekte könnten Abhilfe schaffen, waren sich die Redner einig. „Selbst führende Politiker haben noch zu wenig Kenntnisse von Smart Cities", erklärte Liu. „Der Schlüssel zur Veränderung sind die Bürgermeister, wenn man sie erreicht, können sie etwas bewegen", lautete der Rat von GIZ-Projektleiter Hasse an deutsche Unternehmen, die ihre Technologien in China vermarkten wollen. Und er wagte abschließend noch eine sehr optimistische Prognose für Smart Cities im Reich der Mitte: „In China kommt die Zukunft schneller als anderswo."
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