Zweite Zugstrecke in Tibet kurz vor der Fertigstellung
Schnelle Verbindung: Eine Brücke auf der Strecke von Lhasa nach Xigaze, der zweiten Zugverbindung in dem Autonomen Gebiet Tibet
Vor fast acht Jahren rollte der erste Zug durch das Autonome Gebiet Tibet. Die Strecke verband Xining in der Provinz Qinghai mit Lhasa in Tibet. Die Welt bestaunte damals die unglaubliche Ingenieursleistung. Demnächst nimmt das Gebiet nun ihre zweite Zugverbindung zwischen Lhasa und der Stadt Xigaze in Betrieb.
Die Strecke ist 253 Kilometer lang, führt über Flüsse, Täler und Berge. Züge können die Entfernung bei einer geplanten Geschwindigkeit von 120 Stundenkilometern in etwas mehr als zwei Stunden zurücklegen, mindestens eine Stunde weniger als die Reise in einem Auto dauern würden, so Shang Hoingwei, Befehlshaber der 12. Bürogruppe der China Railway 12th Bureau Group Co. Ltd. Die Firma wurde mit dem Bau des 23,76 Kilometer langen Abschnitts TJ4 beauftragt.
Der Bau der Strecke begann offiziell im Januar 2011. Ende Februar waren 93,47 Prozent der Gleise verlegt. Bislang wurden 11,15 Milliarden Yuan ausgegeben, 83,93 Prozent des Gesamtbudgets von 13,28 Milliarden Yuan.
Shang zufolge soll die Strecke Ende September für den Zugverkehr geöffnet werden.
Entwicklungsförderung
Mit 98.700 Einwohnern ist Xigaze, Hauptstadt des gleichnamigen Bezirkes, die zweitgrößte Stadt in Tibet.
Offiziellen Statistiken zufolge ist der Bezirk regionaler Spitzenreiter bei der landwirtschaftlichen Produktion und zweiter bei der Viehzucht.
Die Zugverbindung soll die Wirtschaft von Xigaze fördern, indem sie den Fracht- und Personenverkehr in beide Richtung erleichtert. Örtliche Funktionäre hoffen auch, dass so mehr Touristen in die Präfektur kommen, die reich an Sehenswürdigkeiten ist.
Der Bezirk kann mit fünf über 8000 Meter hohen Berggipfeln punkten, darunter der Qomolangma, bekannter unter dem Namen Mount Everest, der sich in 300 Kilometer Entfernung befindet. 2013 kamen nach Angaben der Lokalregierung 2,28 Millionen Touristen aus dem In- und Ausland.
Neben der Schönheit ihrer Natur bietet der Bezirk auch viele historisch interessante Orte. So gibt es 341 buddhistische Tempel, darunter das Tashilhunpo-, Sakya- und Palkor-Kloster, die häufig sowohl von Pilgern als auch Touristen besucht werden.
Das Tashilhunpo-Kloster in Xigaze ist der traditionelle Sitz der Panchen Lamas, der spirituellen Führer im tibetischen Buddhismus. Es hat eine mehr als 600-jährige Geschichte.
Rund 150 Kilometer entfernt liegt das Sakya-Kloster. Erbaut im Jahr 1268 ist es heute die Heimat einiger der großartigsten noch erhaltenen Kunstwerke Tibets.
Das Palkor-Kloster 100 Kilometer östlich von Xigaze ist bekannt für seine mehr als 100 Kapellen.
Die durch die Zugverbindung verbesserten Transportbedingungen sollen ebenso den Außenhandel fördern. Der Bezirk liegt an der Grenze zu Indien, Nepal und Bhutan und hat neun Grenzübergänge. Das Außenhandelsvolumen erreichte 2013 188 Millionen Dollar.
Herausforderungen bewältigen
Die Verbindung Lhasa-Xigaze führt am Qinghai-Tibet-Plateau entlang, das sich in 3600 bis 4000 Meter Höhe erstreckt. Der Sauerstoffgehalt der Luft liegt in dieser Höhe bei 65 bis 70 Prozent.
Rund 20.000 Menschen haben am Bau der Strecke mitgewirkt, viele Arbeiter kommen aus niedriger gelegenen Landesteilen und seien anfällig für die Höhenkrankheit, so Shang.
Um den Zugang zu medizinischer Versorgung zu sichern, wurden an den Baustellen 28 Krankenhäuser eingerichtet und zwei Kliniken in Lhasa und Xigaze vertraglich zur Behandlung höhenkranker Arbeiter verpflichtet.
Nach Angaben von Zhu Jintang, als stellvertretender Chefingenieur der China Railway 12th Bureau Group Co. Ltd. vor Ort, haben die technischen Teams auch mit geologischen Problemen zu kämpfen. Während die größte Herausforderung beim Bau der Qinghai-Tibet-Strecke der Permafrost war, ist es bei der Verbindung Lhasa-Yigaze die geothermische Energie.
Sie kann die Felsen in den Tunneln bis auf 56 Grad aufheizen, was den zum Bau verwendeten Beton beeinträchtigen kann, erklärt Zhu.
Das China Railway First Survey and Design Institute Group Co. Ltd. fand eine Lösung für dieses Problem. Das Institut schlug eine spezielle Verfugungsmethode vor, um die Felsen von der Hitze zu isolieren, sowie die Kühlung des Gesteins mit kaltem Wasser, Eis und durch ein Lüftungssystem.
Berge und Flüsse, darunter der entlang der Zugstrecke verlaufende Yarlung Zangbo, waren weitere geologische Herausforderungen. Um diese Hindernisse zu überwinden, wurden 29 Tunnel und 116 Brücken entlang der Strecke gebaut.
Tunnel können außerdem die Auswirkungen auf das lokale Ökosystem mit seinen Feuchtgebieten und einem Naturschutzgebiet für Schwarzhalskraniche mindern. Um die Umwelt zu schützen, würden Büsche und Gras entlang der Strecke angepflanzt, erklärte Shang.
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