20-01-2014
Kultur
Dokumentarfilme aus China boomen
von Bai Shi

Künftig werden mehr Bildungsprogramme aus Eigenproduktion ausgestrahlt

Werbeplakat für „China auf der Zunge " (File)

Chinas Fernseh- und Rundfunkwächter haben TV-Sender im ganzen Land aufgefordert, ab 2014 im Tagesdurchschnitt mindestens eine halbe Stunde chinesischer Dokumentarfilme auszustrahlen. Das meldete die Nachrichtenagentur Xinhua am 13. Dezember 2013 und bezog sich dabei auf die Bemerkungen von Gao Changli, dem Propagandabeauftragten der Staatlichen Hauptverwaltung von Presse, Publikationen, Radio, Film und Fernsehen (SGAPPRFT), anlässlich des viertägigen Internationalen Dokumentarfilmfestivals in Guangzhou in der Provinz Guangdong, das am 12. Dezember zu Ende ging.

Die gesamte Sendezeit für Dokumentarfilme auf den 34 Satellitensendern des Landes solle 2014 6000 Stunden erreichen, so Gao. Ziel sei es, den Verkauf von Dokumentarfilmen zu fördern, die Bedürfnisse des heimischen Publikums zu erfüllen und die Branche zu fördern.

Die Fördermaßnahmen für Dokumentarfilme aus China beinhalten auch einen jährlichen Unterstützungsfond der SGAPPRFT in Höhe von 5 Millionen Yuan, hieß es weiter.

Der Markt für chinesische Dokumentarfilme ist in den vergangenen Jahren schnell gewachsen. So erzielten die Verkäufe während des Internationalen Dokumentarfilmfestivals in Guangzhou die Rekordsumme von 150 Millionen Yuan. Das Festival zeigte 2071 Dokumentarfilme aus 72 Ländern und Regionen, hieß es in einem Bericht der People's Daily vom 13. Dezember.

Zuvor war das chinesische Publikum vor allem auf Unterhaltungsprogramme erpicht. Mit dem Boom der Fernsehbranche und der Präsentation einer großen Zahl internationaler Dokumentarfilme sind die Interessen des Publikums nun aber vielseitiger geworden. Das Interesse an Dokumentarfilmen, die auf wahren Geschichten beruhen und in HDTV-Qualität produziert werden, steigt.

2011 brachte Chinas staatlicher Fernsehsender CCTV den ersten Dokumentationskanal an den Start. Bereits 2013 verzeichnete er Werbeeinnahmen in Rekordhöhe von 400 Millionen Yuan. „Der Preis für Dokumentarfilme ist auf 1000 Yuan pro Minute gestiegen. Vor zehn Jahren lag der Richtwert noch bei 10 Yuan", erklärte Cheng Chunli, stellvertretender Direktor der Programmabteilung bei China International Television Corp., dem größten Händler für chinesische Fernsehprogramme. „Die beliebtesten Dokus kosten sogar 10.000 Yuan pro Minute", erklärte Cheng bei einem heimischen Fernsehfestival im vergangenen Jahr. 

„Verglichen mit dem beispiellosen Boom von TV-Dramen in China war es um die Produktion und den Handel mit Dokumentarfilmen lange Zeit eher ruhig bestellt", erklärte Liu Wen, hauptverantwortlicher Kontrolleur des Dokumentationsprogramms von CCTV.

In der Vergangenheit waren chinesische Produzenten nicht bereit, Dokumentarfilme zu drehen, weil die Herstellung zeitaufwendig und anstrengend war und die Kosten kaum gedeckt wurden. Daher kauften viele Sender Dokumentarfilme auf dem internationalen Markt ein. Eine chinesische Doku aus dem Jahr 2012 ändert dies jedoch. „China auf der Zunge" wurde schon bald nach der Erstausstrahlung auf CCTV landesweit bekannt und überholte andere Sendungen zur Primetime. Die siebenteilige Doku zeigte die Geschichte und Kultur der chinesischen Küche. Über Nacht wurde sie zum beliebtesten Thema.

Noch wichtiger: „China auf der Zunge" korrigierte die veraltete Auffassung, dass einheimische Dokus kein Geld einbringen, und machte das enorme Potenzial chinesischer Dokumentarfilmer deutlich. „China auf der Zunge" sei weltweit in mehr als 20 Länder und Regionen zu einem Rekordpreis von 40.000 Dollar pro Episode verkauft worden, erklärte der stellvertretende Chef von CCTV, Jin Yue, während des Internationalen Dokumentarfilmfestivals von Guangzhou. In den vergangenen Jahren stieg das Interesse internationaler Käufer für chinesische Dokus. Sie hoffen, ihren Zuschauern Chinas einzigartige Kultur und Traditionen präsentieren zu können. So wurde „Der Kaiserpalast", 2005 von CCTV produziert, beispielsweise in 126 Länder und Regionen verkauft.

„Unsere eigenen Dokus sollten sich auf unsere lange Geschichte und unser reiches kulturelles Erbe konzentrieren. Das unterscheidet sie von den Dokumentarfilmen anderer Länder", erklärte Luo Ming, Chefredakteur von CCTV.

Allerdings sind es am Ende die Zuschauer, die die Filme beurteilen. Das internationale Publikum kennt die chinesische Kultur letztendlich kaum. Daher müssen chinesische Dokus vor ihrer Ausstrahlung im Ausland bearbeitet werden. So wurde „Der Kaiserpalast" für die USA beispielsweise von zwölf Episoden auf zwei Teile zusammengeschnitten.

Wuzhou Broadcasting Co. ist ein Pionier unter den Dokumentarfilmproduzenten. Zurzeit arbeitet die Firma mit einem neuseeländischen Unternehmen als Partner zusammen, um eine Doku über die historische Architektur Chinas zu drehen.

„Im vergangenen Jahrzehnt haben wir zusammen mit internationalen Partnern aus 20 Ländern Dokumentarfilme von mehr als 200 Stunden Dauer produziert und in der ganzen Welt ausgestrahlt. Unserer Erfahrung nach sollten chinesische Dokus sich zuallererst auf chinesische Besonderheiten konzentrieren", erklärte Wang Yuanyuan, Direktor der Abteilung für internationale Zusammenarbeit bei Wuzhou.

„Unsere Produzenten müssen von ihren internationalen Kollegen lernen, chinesische Geschichten so zu erzählen, dass sie vom ausländischen Publikum akzeptiert werden", so Wang.

Aus diesem Grund suchen viele chinesische Produktionsfirmen nach internationalen Partnern, die ihnen dabei helfen, ihre Dokus fit für den Export zu machen.

„In der Vergangenheit haben wir getan, was wir konnten. Jetzt aber sollten wir das produzieren, was das Publikum sehen will", sagt Luo.