Wegen des Machtwechsels und der Neubelebung der Reformen zeigte Chinas Diplomatie im Jahr 2013 einige Besonderheiten. Der Geist der Reform und eine globale Vision, die Chinas Führungsspitze von ihren Vorgängern geerbt haben, bilden die Seele der gegenwärtigen chinesischen Diplomatie.
Gute Nachbarn: Chinas Staatspräsident Xi Jinping (l.) wird von seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin in Moskau am 22. März 2013 begrüßt. (Lan Hongguang)
Hintergrund
Anders als vor der Reform und Öffnung hat Chinas Landesstärke exponentiell zugenommen. China steht vor der Verantwortung, seine Macht zu nutzen, um seine Rolle in der Welt zu spielen. Chinas neue Führungsspitze weiß, wie wichtig die Ausarbeitung der richtigen Strategie und der angemessene Einsatz seiner Stärke ist. Sie hat mehrfach betont, unbeirrt an einem friedlichen Entwicklungsweg festzuhalten.
Die Kontinuität zu wahren, ist ein Grundsatz von Chinas Diplomatie. Die Hauptziele – Friedenserhaltung, Förderung von Entwicklung und Zusammenarbeit – haben sich seit dem Machtwechsel nicht verändert. Sie wurden im Laufe der Zeit lediglich klarer und beständiger herausgearbeitet.
Staatspräsident Xi Jinping und seine Mitstreiter kamen in einer relativ komplexen nationalen und internationalen Situation an die Macht. Sie engagieren sich für eine Vertiefung der Reform und eine weitere Öffnung der heimischen Wirtschaft nach außen sowie die Integration Chinas in die globale Wirtschaft. Sie wissen, dass es sehr hart wird, die Reform angesichts innerer Widersprüche und internationaler Konflikte voranzutreiben. Damit sich China auf seine eigene Entwicklung konzentrieren kann, braucht es ein friedliches internationales Umfeld.
Drei verborgene Risiken sind zurzeit vorhanden: Die wichtigsten Wirtschaftmächte haben strukturelle Anpassungen vorgenommen und wollen ihre quantitativen Lockerungsmaßnahmen in der Post-Krisenzeit beenden. Das wird den Wettbewerb und die Schwankungen in der Weltwirtschaft verstärken.
Zweitens sind Chinas Beziehungen zu den USA, Japan und den ASEAN-Staaten komplizierter geworden, da Barack Obama an seiner neuen Asienstrategie festhält. Der strategische Druck aus den Nachbarländern auf China steigt, die Streitigkeiten über Territorien und Grenzen auf See gehen weiter. Drittens gibt es noch Krisenherde wie die koreanische Halbinsel, Syrien und den Iran, die sich direkt auf Chinas strategische Interessen, die Stabilität der Grenzen und die Energiesicherheit auswirken.
Angesichts dieser komplexen Lage hat Xi Jinping versprochen, die Struktur der Führungsebene zu stärken und die nationalen Interessen im Blick zu behalten.
Neue Beziehungen
Am 4. Dezember kamen US-Vizepräsident Joe Biden und Chinas Staatspräsident zu einem fünfstündigen Gespräch zusammen. Biden sprach während seines China-Besuchs meist mit chinesischen Spitzenpolitikern über die Reform nach dem 3. Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas und die Beziehungen zwischen China und den USA. Beide Seiten waren sich einig, Dialog, Austausch und Zusammenarbeit zu verstärken und eine neue Art der Beziehung zwischen den beiden Großmächten aufzubauen.
Der Aufbau einer neuen Beziehung mit den USA wird von Xi seit seinem Amtsantritt befürwortet. Wesentliche Idee des Konzepts ist es, sich von den historischen Lasten einer unausweichlichen Konfrontation zwischen einer Weltmacht und einer aufstrebenden Macht zu lösen und stattdessen eine Beziehung von gegenseitigem Respekt und beiderseitigem Nutzen einzugehen.
Im Juni 2013 trafen Xi Jinping und US-Präsident Obama auf dem Landsitz Sunnylands in der Wüste Kaliforniens zusammen, ein Treffen in entspannter Atmosphäre, fernab förmlicher Gespräche. Sie sprachen mehr als acht Stunden miteinander und einigten sich auf den Aufbau einer neuen Art von Beziehung.
Diplomatie in den Nachbarländern
Beziehungen zu den Supermächten und zu den Nachbarländern sind für Chinas neue Diplomatie am wichtigsten. Russland ist beides, Großmacht und Nachbar.
Im März besuchte Xi Jinping bei seiner ersten Auslandsreise nach seinem Amtsantritt Russland. Dies wird als Versuch interpretiert, Chinas strategische Position im Norden zu stärken und den Druck auf das Ostchinesische Meer zu reduzieren. Der Besuch hat die strategische Partnerschaft zwischen China und Russland vertieft und den gemeinsamen Willen zur Förderung der Multipolarität in der Welt betont. Darüber hinaus wurden zahlreiche bedeutende Vereinbarungen zur Zusammenarbeit in den Bereichen Wirtschaft und Handel, Energie, Militärindustrie und Raumfahrt unterzeichnet.
Bis Dezember unternahm Xi Jinping vier, Ministerpräsident Li Keqiang drei Auslandsreisen. Sie besuchten 22 Länder, darunter 12 Nachbarstaaten. Vier der sechs multinationalen Gipfeltreffen, an denen sie teilnahmen, bezogen sich auf die regionale Zusammenarbeit mit Nachbarländern. Die Partnerschaften mit den ASEAN- und SZO-Ländern, mit Indien und Pakistan sind vertieft worden. In den Bereichen Wirtschaft und Handel, Finanzen, Sicherheit, Verkehr, Kultur und Energie wurden große Fortschritte erzielt.
Das ZK der KP Chinas veranstaltete im Oktober ein Arbeitsforum über Diplomatie mit den Nachbarstaaten. Xi wies daraufhin, dass die Nachbarländer von extremer strategischer Bedeutung seien und China seine diesbezüglichen diplomatischen Aktivitäten verstärken müsse. Er hob besonders die Politik, „die Nachbarn mit Wohlwollen zu behandeln und sie als Partner zu betrachten", und den "Aufbau einer Gemeinschaft gemeinsamer nachbarschaftlicher Interessen" hervor.
Japan und die Philippinen stellen eine Ausnahme in der Region dar, denn ihre Beziehungen zu China waren 2013 von Konflikten gekennzeichnet, weil beide Länder territoriale und maritime Streitigkeiten in den Fokus rücken wollten. Die Spannungen zwischen China und Japan ähneln mehr einem geostrategischen Wettbewerb. Japans Ministerpräsident Shinzo Abe nahm in den Streitigkeiten zwischen China und Japan eine provokante Haltung ein. Der Streit um die Diaoyu-Inseln ist immer noch ungelöst.
Auch wenn China dem Grundsatz folgt, Streitigkeiten mit friedlichen Mitteln wie Dialog und Verhandlungen zu lösen, sollte es eine Grenze ziehen, für Abschreckung sorgen und sich auf den schlimmsten Fall vorbereiten und Absichten unterbinden, die Chinas Souveränitätsrechte unterminieren und deren Urheber sich mit Kräften außerhalb der Region zusammenrotten.
Chinas Haltung zu internationalen wichtigen Fragen im Jahr 2013 reflektiert die Vorliebe für den Frieden in der neuen Führung. China stellt sich entschlossen auf die Seite des Friedens und wendet sich gegen militärische Lösungen. China bemüht sich, die betroffenen Parteien davon zu überzeugen, friedliche Gespräche zu führen, als verantwortungsvolle Macht bietet es Koordinationsmaßnahmen an, es offeriert aktiv eine „China-Lösung" und spielt eine wichtige Rolle beim weiteren Streben nach einer politischen Beilegung der Situation auf der Koreanischen Halbinsel, der Syrienkrise und der iranischen Atomfrage.
Im Dezember 2013 verkündete Nordkorea, dass der hochrangige Anführer Jang Sung Taek, der mit der Tante von Kim Jong Un verheiratet war, wegen "Verbrechen gegen die Partei und konterrevolutionärer Umtriebe" von allen seinen Ämtern entfernt und hingerichtet worden sei. Chinas offizielle Reaktion war kurz und besonnen, um der Welt zu zeigen, dass man keine Absicht hat, irgendwelche Schlüsse auf die innenpolitische Situation in Nordkorea zu ziehen, aber auf keine Gelegenheit verzichten will, um Pjöngjang dazu zu bewegen, den Weg der Selbstreform zu gehen und zu den Sechs-Parteien-Gesprächen über sein Atomprogramm zurückzukehren.
Entwicklung fördern
Going Global: In Bukarest besuchte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang am 26. November 2013 zusammen mit den politischen Führern mehrerer mittel- und osteuropäischer Länder eine Ausstellung über chinesische Eisenbahnen und –anlagen. (Li Xueren)
Was die chinesische neue Führung wirklich will, ist ein glatter Fortschritt der Reformen im Land. In diesem Sinne ist Chinas Diplomatie auf mehr Öffnung nach außen und die Förderung von Zusammenarbeit ausgerichtet.
China beschleunigt das Tempo bei der Förderung neuer internationaler Handelsrahmenbedingungen, um ein Netz aus Freihandelszonen aufzubauen. Es hat 12 Freihandelsabkommen unterzeichnet und verhandelt über weitere sechs, an denen insgesamt 31 Länder und Regionen beteiligt sind.In der zweiten Hälfte des Jahres 2013 hat China erneut Verhandlungen zu einem bilateralen Investitionsabkommen mit den Vereinigten Staaten aufgenommen und strategische Pläne für die Einrichtung eines Wirtschaftsgürtels an der Seidenstraße und die Maritime Seidenstraße des 21. Jahrhunderts präsentiert. Der Aufbau von Verbindungen zwischen den Infrastruktureinrichtungen benachbarter Länder wurde ebenfalls beschleunigt.
Gleichzeitig änderte sich Chinas Haltung zu den von den USA geführten Handelsgesprächen zur Transpazifischen Partnerschaft (TPP) leicht. Während es Verhandlungen über eine regionale umfassende wirtschaftliche Partnerschaft mit den ASEAN-Ländern antreibt, erklärte China, über Kommunikation und Interaktion mit regionalen Kooperationsmechanismen wie der TPP diskutieren zu wollen, um so die beiden Räder der regionalen und globalen Handelsvereinbarungen gleichzeitig zu beschleunigen.
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