27-11-2013
Ökologie
Der CO2-Streit
von Liu Yunyun

Die jüngste UN-Konferenz zum Klimawandel hat keinen wirklichen Durchbruch erzielt.

 

Stimmen von der Basis: Xie Zhenhua (Mitte), Leiter der chinesischen Delegation, auf der Warschauer Klimakonferenz am 20. November bei einer Pressekonferenz mit Vertretern anderer BASIC-Staaten (China, Brasilien, Südafrika und Indien) (Zhang Fan)

"Wenn nicht ich, wer dann? Wenn nicht jetzt, wann dann? Wenn nicht hier, wo dann?" Diesen Aufruf postete Su Wei, führender chinesischer Klima-Unterhändler, bei WeChat, einer Social Media App.

Su ist der stellvertretende Chef der chinesischen Delegation bei der 19. UN-Klimakonferenz und Generaldirektor für Klimawandel bei der Staatlichen Kommission für Entwicklung und Reform (NDRC). Die diesjährige Konferenz fand vom 11. bis 22. November in Warschau statt.

Der Mensch allein ist für den Klimawandel verantwortlich, diese Auffassung wurde im Fünften Sachstandsbericht des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimawandel noch einmal bestätigt. Die globalen Auswirkungen des Klimawandels sind immer bedeutsamer und stellen möglicherweise die größte Herausforderung für den Planeten dar.

Auch wenn in der internationalen Gemeinschaft überwältigende Einigkeit darüber herrscht, dass die Erderwärmung eine Zunahme der Naturkatastrophen zur Folge haben wird, gehen die Diskussionen darüber, ob und wie der Mensch dagegen vorgehen soll, weiter.

Bei der diesjährigen Konferenz verkündete Japan, seine Emissionsziele zurückfahren zu wollen und berief sich dabei auf die Folgen des Erdbebens und Tsunamis von 2011, die zur Schließung von 50 Kernkraftwerken führte. Australien, langjähriger Abweichler bei Klimaverhandlungen, will Berichten zufolge seine Kohlesteuer aufheben und alle Klimainstitutionen und –Initiativen abbauen. 

Er habe seine Enttäuschung nicht in Worte fassen können, erklärte Su angesichts dieser Ankündigungen und rief die Länder zu Einigkeit und Zusammenarbeit zugunsten der Rettung der Umwelt auf.

 

 Wichtiger Tagesordnungspunkt

Der Appell an die Industrieländer, ihre Versprechen zur finanziellen Unterstützung und zum Transfer von umweltfreundlichen Technologien an die Entwicklungsländer einzuhalten, blieb ein wichtiger Streitpunkt bei der Konferenz.

"Geld ist der Schlüssel zum Erfolg der Warschauer Konferenz", darin waren sich hochrangige Beamte der BASIC-Staaten (China, Brasilien, Südafrika und Indien) bei einem Seminar im chinesischen Pavillon am 20. November einig.

Sie drängten die Industriestaaten, ihren Verpflichtungen nachzukommen, jährlich 100 Milliarden Dollar für Entwicklungsländer zur Verfügung zu stellen, um deren Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel in den Jahren von 2013 bis 2020 in einer angemessenen und nachweisbaren Weise zu unterstützen.

Auch wenn die Rhetorik der Industrieländer beim Thema Klimawandel von moralisch hohen Ansprüchen zeugt, bieten sie nur widerwillig Hilfe an. Die aktuelle Finanzkrise habe ihre Zurückhaltung weiter verstärkt, warnen chinesische Experten.

Tod Stern, Klima-Sondergesandter der US-Regierung, erklärte, dass die Vereinigten Staaten bei der Beschaffung von Finanzmitteln gerne den Privatsektor miteinbeziehen würden. „Das könnten Kredite sein, Darlehensgarantien oder eine Risikoversicherung", erläuterte er am 9. November bei einer Pressekonferenz in Washington. Xie Zhenhua, Leiter der chinesischen Delegation bei der Warschauer Klimakonferenz, bestand dagegen darauf, dass die Mittel von Regierungen oder dem öffentlichen Sektor kommen müssten.

 

China handelt 

"Ehrlich gesagt ist China der größte Produzent von Treibhausgasen", gab Xie zu. „Es gibt keinen Grund, das zu verleugnen." China sei tief beunruhigt über die enormen Kohlendioxidemissionen und den Klimawandel, nicht wegen des Drucks von außen, sondern wegen des eigenen Wunsches, eine saubere und gesunde Umwelt zu schaffen, meint Xie. 

Verschmutzte Luft und Wasser stellen eine große gesundheitliche Bedrohung dar. Der Rekord-Smog in großen Teilen Nordchinas war ein Weckruf für Bürger und Regierungsbeamte.

In einem Beschluss auf allerhöchster Ebene, der auf der dritten Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas gefasst wurde, versprach die chinesische Regierung, den Umweltschutz genau im Auge zu behalten und die Gesetze zur Kontrolle der Luft-, Boden- und Wasserverschmutzung zu verbessern.

"Ich habe gehört, dass der Emissionshandel Priorität hat. Als US-Bürger kann ich nur davon träumen, dass unsere Regierung so eine Stellungnahme auf einer unserer politischen Bühnen von sich geben würde", erklärte Derek Walter, Vizepräsident des Environmental Defense Fund. Er forderte die US-Regierung dazu auf, künftig aktiv an der Klimaschutzpolitik zu arbeiten, um das Leben der Menschen zu verbessern.  

Auch wenn China im Moment die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt ist, passt das Durchschnittseinkommen seiner 1,3 Millionen Bewohner nicht zu seinem herausragenden internationalen Status. 2012 lag das Pro-Kopf-Einkommen bei 6000 Dollar, das ist Platz 87 in der Welt. Gegenwärtig steht China vor der Herausforderung, seine Wirtschaft zu entwickeln, die Armut zu beseitigen, die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern und gleichzeitig die Bedrohungen durch den Klimawandel zu bekämpfen.

"Wir können nirgendwohin ausweichen, wenn wir das Problem des Klimawandels ignorieren", sagte Xie.

Um die Kohlendioxidreduktion und das Bewusstsein über den Klimawandel zu fördern, werde China voraussichtlich bis Ende des Jahres fünf Emissionshandelszentren einrichten, so Xie. Dort können Unternehmen mit niedrigeren Kohlendioxid-Emissionen ihre überschüssigen Emissionsquoten an Unternehmen verkaufen, die für eine starke Umweltverschmutzung verantwortlich sind.

Matthew Rodriguez, Sekretär für Umweltschutz in Kalifornien, zeigte sich tief beeindruckt davon, wie effizient die chinesische Regierung das Emissionshandelssystem an den Start gebracht hat. „Während es in Kalifornien sechs Jahre gedauert hat, bis es ans Laufen kam, brauchten Chinas Provinzen und die Regierung nur sechs Monate. Das ist ein bemerkenswerter Erfolg."

China hat versprochen, die CO2-Emissionen bis 2020 um 40 bis 45 Prozent im Vergleich zu 2005 zu senken, der Anteil nicht-fossiler Brennstoffe soll 15 Prozent des gesamten Energieverbrauchs im Land ausmachen. Ein ehrgeiziges Ziel, meint Xie, da die Entwicklung der Wasserkraft und Atomkraft in China verzögert worden sei. Er versicherte aber, dass China alle Maßnahmen ergreifen werde, um diese Ziele zu erfüllen.

Die Konferenz in Warschau gilt als Auftakt für die kommenden Konferenzen in Lima 2014 und in Paris 2015.

Xie erwartete von dieser Klimakonferenz eine Vereinbarung, "die von allen Parteien akzeptiert werden kann, worüber sie aber nicht notwendigerweise glücklich sein müssen."