15-11-2013
Ökologie
Auf der Suche nach frischer Luft in Beijing
von Zhou Xiaoyan

 Beijing arbeitet hart daran, die Probleme mit der Luftverschmutzung zu bewältigen

Umweltfreundlicher Bus: Ein LNG-Wagen wartet an der Beijinger Maguanying-Busstation, um betankt zu werden(Zhou Xiaoyan)

Es gab einmal eine Zeit, in der Beijing vor allem für seine Sehenswürdigkeiten wie Tiananmen-Plat (den Platz des Himmlischen Friedens), die Verbotene Stadt und die Große Mauer berühmt war. Heutzutage jedoch macht die Hauptstadt Chinas weltweit Schlagzeilen wegen der massiven, gesundheitsgefährdenden Luftverschmutzung. Beijings Luftqualität zählt mittlerweile zu den schlechtesten der Welt, bei einigen Expats trägt die Stadt darum auch den Spitznamen „Greyjing" („Graudjing") oder „Beige-jing".

Zunehmende Kritik und die mit der Luftverschmutzung verbundenen Gesundheitsgefährdung haben die Stadtverwaltung dazu angetrieben, massiv gegen die Umweltprobleme vorzugehen und den schlechten Ruf der Metropole zu verbessern.

Im September hat die Regierung einen Fünfjahresplan aufgestellt (2013-17), der die Feinstaubbelastung (PM 2,5) zum Jahr 2017 um 25 Prozent oder mehr senken soll. PM 2,5 sind Luftpartikel, die einen Durchmesser kleiner als 2,5 Mikrometer haben und eine Gefahr für die Gesundheit darstellen. Der Plan umfasst die Reduzierung des Kohleverbrauchs und der Abgasemissionen sowie die Einschränkung industriebedingter Luftverschmutzung.

Experten sehen das jedoch kritisch, ihrer Meinung nach gibt es viele Hindernisse: ein Mangel an natürlichen Erdgasvorkommen in China, zu viele Lastwagen ohne Katalysator, die die Stadt bei Tag und Nacht durchqueren, nicht ausreichende Lade- und Tankstellen für Elektro- oder Erdgasautos. Außerdem können Feinstaubpartikel leicht von benachbarten Regionen nach Beijing gelangen.

 

Saubere Energie

Im Norden Chinas ist die Luftverschmutzung am schlimmsten. Hier war man jahrzehntelang auf Kohle angewiesen, um Strom zu erzeugen und im Winter zu heizen.

Zentralheizungen gibt es in Beijing schon seit den 1950er Jahren. Seit Mitte der 1980er Jahre verbreitetet sich diese Form der Heizung auch im Norden, der kältesten Region Chinas.

In Beijing sieht man im Erdgas eine Alternative zur Kohle. Die Stadt hat bereits 28,4 Milliarden Yuan (3,48 Milliarden Euro) in den Bau von vier Gaskraftwerken investiert, die jeweils im Südosten, Südwesten, Nordosten und Nordwesten der Stadt gelegen sind. Alle vier Kraftwerke werden noch vor Ende 2014 in Betrieb genommen und vier große Kohlekraftwerke ablösen. 

„Nach Fertigstellung der vier Gaskraftwerke wird Beijing in der Lage sein, den Kohleverbrauch jährlich um mindestens 9,6 Millionen Tonnen zu senken", meint Wang Yongliang, Vize-Geschäftsführer der Beijing Energy Investment Holding (Mutterkonzern des Beijing Jingxi Gaskraftwerks, einer der vier sich im Bau befindlichen Gaskraftwerke).

Über 5,38 Millionen Fahrzeuge waren Ende September diesen Jahres in der Hauptstadt angemeldet – einer der Hauptgründe für die massive Luftverschmutzung in Beijing. Die Anzahl der Autos wird aller Wahrscheinlichkeit nach weiter zunehmen.

Der Bericht eines Forscherteams der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften legte offen, dass Autoabgase zu den Hauptfaktoren der Luftverschmutzung gehören und bis zu 22,2 Prozent des PM 2,5 betragen – noch mehr also als die Schadstoffemissionen der Industrie.

„Die Stadt muss die Menge der Autoabgase reduzieren, indem sie Autos mit alternativem Antrieb fördert, den übermäßigen Gebrauch von Autos einschränkt und strengere Regeln durchsetzt", so Li Kunsheng, Leiter der Abteilung für Vehicles Emission Management des Beijing Municipal Environmental Protection Bureau.

„Im Jahr 2017 sollte die Anzahl der Autos in Beijing weniger als sechs Millionen betragen und der gesamte Benzinverbrauch um fünf Prozent geringer sein als im Jahr 2012", erklärt Li.

„Beijing sollte darüber hinaus den Emissionsstandard für Neuwagen erhöhen und die Verschrottung alter Autos vorantreiben. Unterdessen werden wir die Strukturanpassung des städtischen Fuhrparks vorantreiben, u. a. im Bereich Taxi, Bus, Reisebus und Postzulieferung."

Li sagt zudem, dass die Busse in Beijing schon seit jeher als Pioniere gelten, was Emissionsstandards und alternativen Antrieb angeht. „Hier gibt es die Tendenz zu erdgasbetriebenen und elektrischen Bussen."

Zhong Qianghua, Chefingenieur der größten Busgesellschaft der Stadt, Beijing Public Transport Holdings, ist der Meinung, dass Busse auch in Zukunft die umweltfreundlichsten Transportmittel sein werden.  

„Die neuen Fahrzeuge unserer Flotte werden zu mehr als 70 Prozent umweltfreundlich sein. Im Jahr 2017 wird der Anteil der umweltfreundlichen Busse an der Gesamtzahl der Busse in Beijing 65 Prozent betragen. Innerhalb der fünf Ringe werden die Wagen zu 20 Prozent aus elektrischen und zu 50 Prozent aus gasbetriebenen Bussen bestehen. Die Schadstoffemissionen werden dann um mindestens 40 Prozent reduziert werden", erklärt Zhong.

 

Herausforderungen

Obwohl man hofft, durch den Einsatz von Erdgas den Kohleverbrauch zu reduzieren, ist China durch den Mangel an natürlichen Erdgasvorräten nicht in der Lage, die Nachfrage zu decken.

Die chinesische Regierung versprach, den Erdgasverbrauch zum Jahr 2015 auf 230 Millionen Kubikmeter -- die doppelte Menge von 2010 -- zu erhöhen, allerdings erweist sich das als schwieriger als gedacht. Die enttäuschenden Förderraten sowie unzureichende Gasleitungen und Lagerkapazitäten führen dazu, dass China zunehmend auf Import angewiesen ist.

„Die Erdgasnachfrage stieg um 13,5 Prozent allein in den ersten neun Monaten diesen Jahres – ganze 4,3 Prozentpunkte höher als die Erdgasproduktion", so die Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform.  

Zhou Jiping, Vorsitzender von Petro China, ist der Meinung, dass es mindestens vier bis fünf Jahre dauern werde, bis China ein neues Erdgasversorgungssystem aufbauen könne – und das wäre immer noch nicht genug, um der großen Nachfrage nachzukommen.

Was Elektro- oder Gasautos angeht, so sind viele potenzielle Käufer besorgt, dass es nicht genug Lade- und Tankstationen geben wird, was diese als Fortbewegungsmittel wiederum sehr unzuverlässig macht.

„Es ist sehr schwierig, neue Lade- und Tankstationen in Beijing zu bauen, da nur wenige Brachflächen zur Verfügung stehen", meint Li. „Land für den Bau neuer Stationen zu vergeben wird sicher ein Tauziehen zwischen vielen Parteien werden."

Li sagt, dass die großen Lastwagen, die jede Nacht aus anderen Städten nach Beijing kommen, um Waren zu liefern, ein weiteres Problem seien.

„Viele der Emissionszertifikate sind gefälscht, die Abgaswerte erfüllen nicht unseren Standard." Die Emissionen eines solchen Lieferwagens entsprechen denen von 100 gewöhnlichen Lastwagen. „Jede Nacht kommen Zigtausende solcher Lastwagen nach Beijing."

„Dies ist einer der Hauptgründe für Beijings chronische Luftverschmutzung." 

Nach der Veröffentlichung des Fünfjahresplans zur Luftsäuberung zweifelten viele Nichtregierungsorganisationen seine Glaubwürdigkeit an, da sie der Meinung waren, dass Luftpartikel leicht von einer Stadt in die andere übertragen werden könnten. Beijing ist leider von Schwermetall- und Chemieindustrie umgeben, u. a. Eisen-, Stahl- und Zement sowie Wärmekraftwerke, die alle zusammen einen entscheidenden Beitrag zur Beijings Luftverschmutzung leisten.

Li Wei, ein Beamter des Beijing Environmental Protection Bureau, ist der Ansicht, dass man das Problem der Luftverschmutzung nur durch die gemeinsame Bemühung der benachbarten Städte und Provinzen lösen könne.

„Eine Stadt allein kann das Problem nicht lösen."