15-11-2013
Mein „chinesischer Traum“
Ein Schweizer erfüllt sich seinen China-Traum
von Wang Xinglai

NEEMIC Kollektion Herbst/Winter 2013

Aller Anfang ist schwer

Aller Anfang ist schwer, auch wenn man gewisse Vorzüge hat als Ausländer. Geschäfte machen in China ist nichts für Zartbesaitete. „Kapital ist ein kritischer Faktor, zu wenig davon mindert den effektiven Projektnutzen. Vorausschauende Investoren zu finden erwies sich als die größte Herausforderung, dagegen sind die sprachliche Barriere und kulturellen Unterschiede noch das kleinste Problem", erklärt Galliker.

Vor zwei Jahren gründete Galliker mit einer guten Freundin aus der Schweiz das Öko-Modelabel NEEMIC. Die Modekollektion spezialisiert sich auf nachhaltige Mode aus hochwertigem, rein biologisch angebautem Material mit edlem, schlichtem Design. Obwohl die bisherigen Kollektionen gut aufgenommen worden sind, so ist es ihnen bis jetzt nicht gelungen, Investoren zu finden, die die Produktion in größeren Mengen ermöglichen. „Modeläden wären zwar dazu bereit, die Kleidung in ihren Läden zu verkaufen, aber die Produktion der Kleidung müsste aus eigener Tasche finanziert werden", so Galliker. „Uns ist Fairtrade sehr wichtig, d. h. die Arbeiter sollten, so weit es geht, möglichst fair bezahlt werden. Außerdem legen wir viel Wert auf gute Qualität und beziehen ausschließlich Stoffe aus Naturfasern, die vorzugsweise aus nachhaltiger Produktion stammen, insbesondere Bio-Qualität oder Up-Cycling. Diese werden in der Regel in Indien oder China hergestellt, aber aus Deutschland importiert, da es hier bislang keinen richtigen Absatzmarkt dafür gibt."

Neemic richtet sich an Frauen, die sowohl mode- als auch umweltbewusst sind. Gute Qualität hat allerdings ihren Preis. Ob es auch genug Abnehmer und Interessenten gibt, wird sich daher noch zeigen. Die Ökomode ist eine Marktnische, die bis jetzt noch relativ unberührt ist. „Die Chinesen haben erst in den letzten paar Jahren ein stärkeres Umweltbewusstsein entwickelt und sind zunehmend auf Umweltprobleme und die Bedeutung des Umweltschutzes aufmerksam geworden", so Galliker. „Im Jahr 2009, auf meiner ersten Chinareise, war der Nachhaltigkeitsgedanke zwar schon von Bedeutung, hat sich aber noch nicht ganz bei der großen Bevölkerung etabliert. Mittlerweile hat sich das allgemeine Interesse gesteigert. Ich bin zuversichtlich, dass sich das in Zukunft noch weiter entwickeln wird und Ökoprodukte auf mehr Resonanz stoßen werden."

 

Nachhaltigkeit für die Zukunft

Das Modelabel ist zwar ein anspruchsvolles Projekt für den ambitionierten Schweizer, doch sein Hauptaugenmerk liegt nach wie vor auf der Agrarwirtschaft. Sein Wunsch ist es, die chinesische Landwirtschaft nachhaltig zu verbessern, d. h. die Bodenqualität zu steigern, die Verschmutzung zu senken und die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Das ist natürlich kein leichtes Unterfangen. Er hat sich eine Zeitspanne von zehn Jahren gesetzt, in der er langfristig in China arbeiten will. Danach will er den Wirkungsradius nach Afrika ausweiten und dort im großen Stil Permakultur-Projekte aufziehen.

Als Schweizer Landwirt fühle er sich „prädestiniert", sein Wissen und seine Kenntnis als Landwirt an andere Länder weiterzugeben. Nach einem privilegierten und einigermaßen sorgenfreien Leben in der Schweiz entschied er sich aber dazu, alles aufzugeben, sein gesamtes Erspartes in seine Chinaprojekte zu investieren und sich ins Chaos zu stürzen. Was ihn reizt, sind aber gerade diese Dynamik und Schnelllebigkeit.

 „In China ist der Wunsch nach Veränderung da, was man von der vergleichsweise nahezu perfekt funktionieren Schweiz nicht unbedingt behaupten kann. China stellt für mich definitiv das Land der unbegrenzten Möglichkeiten dar", schwärmt Galliker. „Hier gibt es viele Lücken und Schlupflöcher zu füllen und vieles ist noch in Bewegung und kann oder will verändert werden. Menschen sind aufgeschlossener neuen Ideen gegenüber, das allgemeine Klima ist sehr unternehmerisch und ambitioniert."

Dennoch hat es auch bei Galliker eine Weile gedauert, bis er sich im Einklang mit der chinesischen Mentalität gefühlt hat. Mittlerweile hat er sich aber einen großen Freundes- und Bekanntenkreis in China aufgebaut und lebt in einem Hutong-Häuschen im Herzen Beijings. Er findet das Leben in China angenehm und genießt trotz aller Sorgen und Arbeit das Leben in der Hauptstadt.

 

 

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