06-11-2013
Ökologie
Lust aufs Land
von Yu Yan

Agritourismus: Erfolgsmodell Wangcheng

 

 

GOLDENE FELDER: Ein Bauer in Wangcheng fährt frisch geernteten Reis ein (XINHUA)

Agritourismus - so lautet das neue Zauberwort, das in jüngster Zeit unter den Bauern im Wangcheng-Distrikt Changshas, der Hauptstadt der Hunan-Provinz, kursiert.

Kürzlich erst war eine ganze Delegation von Diplomaten und Politikern aus der ganzen Welt zu Gast - und sichtlich beeindruckt von der Lokalkultur:

Das Verhältnis zwischen Stadt und Land sowie verschiedene Integrationsmodelle waren Schwerpunkt des ersten Gipfeltreffens des „World Agritourism Development Forums", das am 24. Oktober in Wancheng statt fand. 46 Diplomaten und Repräsentanten aus der ganzen Welt nahmen an der viertägigen Veranstaltung teil.

"Das Gipfeltreffen ist eine hervorragende Gelegenheit, Agritourismus bekannter zu machen und die Integration zwischen Stadt und Land zu beschleunigen", so Yi Lianhong, Parteichef des Stadtkomitees Changsha. "Denn so können sich einerseits die Städter auf dem Land erholen und andererseits die Landbewohner den Flair der Großstadt genießen.

Von diplomatischer Seite kamen ganz ähnlicher Töne: "Fangen wir an, das Konzept des Agritourismus auf der ganzen Welt zu lancieren", so der litauische Botschafter.

 

Landleben

"Ich liebe es, aufs Land zu fahren. Am Wochenende packe ich oft meine ganze Familie ins Auto und wir fahren nach Wangcheng – um zu essen und bei den Bauern zu relaxen. Denn das Gemüse kommt direkt vom Feld auf den Tisch und der Fisch stammt vom Teich nebenan – das schmeckt einfach köstlich", so Tian Ming, ein Ingenieur aus der Stadt.

"Und nach dem Essen spielen wir Karten im Hof, umgeben vom Grün der Bäume und duftenden Blumen, das ist einfach herrlich!"

Und in der Tat, immer mehr Städter entscheiden sich, am Wochenende oder im Urlaub eine Tour durchs Land zu machen. Denn nach kürzester Zeit schon kann man so den Moloch der Stadt aus Stahl und Beton hinter sich lassen und ist inmitten einer bäuerlichen Landschaft voller Ruhe und frischer Luft.

Wie zum Beispiel Tian: Gerade einmal 20 Minuten braucht er vom Stadtzentrum nach Wangcheng. Das Gebiet, fast 1.000 Quadratkilometer, liegt im Nordwesten der Stadt. Etwa 540.000 Menschen leben hier. Kein Wunder also, dass es für viele Städter die erste Wahl ist, wenn sie einen kleinen Ausflug aufs Land machen wollen.  

"Ein Freund hatte einmal darüber gescherzt, dass die Dorfbewohner in die Stadt wollen, während es die Städter aufs Land zieht. Ich denke aber tatsächlich, dass in Zukunft immer mehr Städter aufs Land ziehen", so Chinas ehemaliger Außenminister Li Zhaoxing während des Gipfeltreffens.

Und tatsächlich wird diese Lebensform bei chinesischen Stadtbewohnern immer populärer: Während die Urbanisierung voranschreitet, hat der Agritourismus in den vergangenen Jahren als eine Art Gegenbewegung zugenommen.

„Das Konzept des Agritourismus ist neu und umfassend, das Natur, Landleben und Folklore werden in einem präsentiert. Besucher können auf dem Land essen, reisen und einkaufen", so Li Shiqiu, stellvertretender Bürgermeister von Changsha. "Es bedient die Sehnsucht der Städter nach Landleben."

„Agritourismus ist eine ideale Form der Freizeitgestaltung: Denn selber Früchte vom Baum zu pflücken, Gemüse auf dem Feld zu ernten oder Fische zu angeln, ist ein völlig anderes Erlebnis, als einfach im Supermarkt einzukaufen", erklärt der ehemalige stellvertretende Landwirtschaftsminister Yin Chengjie.

Darin sind sich alle Teilnehmer der Veranstaltung einig: „Das ist eine hervorragende Möglichkeit, Agritourismus voranzutreiben. Die Menschen können so nicht nur die Natur genießen, sondern auch noch die Kultur auf dem Land. Auch in Peru versuchen wir, dieses Konzept voranzutreiben", so Carmen Azurin, Ministerin aus Peru.

„Allerdings haben wir noch einen weiten Weg vor uns. In West- und Osteuropa beispielsweise ist der Agritourismus bereits wirklich breit gefächert. Es gibt also noch einiges für uns zu lernen", so Yin.

Hoffnungen den Agritourismus betreffend wurden auch von Yuan Longping aufgegriffen. Der "Vater des Hybrid-Reises" hat geholfen, die Nahrungsmittelknappheit in China in den Griff zu bekommen und eine mögliche Lösung für weltweite Hungersnöte zu finden.

"Mein Traum ist es nicht nur, Menschen auf der ganzen Welt mit Nahrung versorgen zu können, sondern auch alle Bereiche der Landwirtschaft sinnvoll zu nutzen. Dazu gehören Tourismus, Erziehung und Erholung", so Yuan.

1   2   >