Die chinesische Geomantie hat zwei Seiten: Einerseits ergibt sie durchaus Sinn, andererseits verursacht sie auch Probleme.
Das historische Dorf Hongcun liegt am Fuß des Huangshan in der Provinz Anhui, es ist eine perfekte Synthese von Architektur und Landschaft in Übereinstimmung mit alten chinesischen Fengshui-Prinzipien (CFP)
"Platziere eine Toilettentür niemals in der gleichen Richtung wie die Haustür, das bringt Unglück für den Eigentümer", erklärt Wang Min einem Bauarbeiter die Tabus bei der Wohnungseinrichtung.
Den ganzen Sommer war Wang mit der Dekoration ihrer neuen Wohnung in Tianjin beschäftigt, die sie im vergangenen Jahr mit ihrem Ehemann gekauft hatte.
Wie viele junge Paare haben beide viel Zeit und Energie darauf verwendet, ihr erstes gemeinsames Zuhause gemütlich einzurichten, allerdings streng nach den Prinzipien des Fengshui, einer alten chinesischen Form der Geomantie, die darauf beruht, günstige Bedingungen im Leben und im Tod zu schaffen und außerdem Glück bringen soll. Wang glaubt fest an diese Traditionen. Dazu gehört beispielsweise auch, keinen Spiegel gegenüber einem Bett aufzuhängen.
Fengshui macht Sinn
Allgemein gesagt bedeutet Fengshui, ein geographisch günstiges Umfeld für den Bau einer Wohnung oder auch die Errichtung eines Grabmals auszuwählen. Wörtlich übersetzt bedeutet Fengshui Wind (feng) und Wasser (shui).
Mehr als 1000 Jahre schon befolgen Chinesen die Regeln des Fengshui, die auf dem Einklang von Mensch und Natur und dem Gleichgewicht von Yin und Yang sowie der fünf Elemente (Holz, Feuer, Erde, Metall, Wasser) beruhen.
Auch heute ist der Einfluss von Fengshui vor allem vor dem Hintergrund des Urbanisierungs- und Baubooms in China weiterhin groß,
In Beijing bieten viele Unternehmen neben modernen Einrichtungsdienstleistungen auch Fengshui-Beratungen an. Yu Yong arbeitet in einer solchen Firma als Verkäufer, gegenüber der Beijing Review erklärte er: „Für einige Kunden ist Fengshui wichtig, wenn sie ihre neuen Wohnungen einrichten. Vor allem Geschäftsleute glauben, dass eine Inneneinrichtung nach Fengshui-Prinzipien Glück verheißt."
Ob es wirklich einen Zusammenhang zwischen Glück und Wohnungseinrichtung gibt, bleibt ein umstrittenes Thema. Der Einfluss von Fengshui steht jedoch außer Frage, wenn man an die zahlreichen historischen Orte in China denkt.
Das historische Dorf Hongcun etwa liegt am Fuß des Huangshan in der Provinz Anhui. Es wurde zur Zeit der Südlichen Song-Dynastie (1127-1279) erbaut und während der Ming- (1368-1644) und Qing-Dynastie (1644-1911) erneuert.
Die Lage von Hongcun steht für den wissenschaftlichen Aspekt von Fengshui, denn die geographischen Gegebenheiten sind äußerst günstig. Das Dorf liegt am Südhang eines Berges, im Winter ist es gegen kalte Nordwinde und im Sommer gegen Überschwemmungen geschützt. Ein 1000 Meter langer Bach fließt durch das Zentrum, entlang des Ufers entstanden ein Bewässerungssystem und Holzhäuser. Die Lage bietet Schutz vor Feuer und hat zum Jahrhunderte langen Bestehen des Dorfes beigetragen. Heute stehen rund 140 der historischen Gebäude unter Denkmalschutz.
Das Dorf liefert einen schlagenden Beweis dafür, wie Fengshui und wissenschaftliche Disziplinen wie Geophysik, Hydrologie, Architektur und Ökologie harmonisch zusammenwirken können.
Deng Fanghuo, ein selbsternannter Fengshui-Meister, präsentiert seine Theorien vor Hauskäufern in Wuhan (Provinz Hubei) (CFP)
Besessenheit wird lächerlich
Trotz seiner bedeutsamen Rolle in der chinesischen Kultur betrachten manche Fengshui immer noch mit einer gewissen Skepsis. Es ist tief verwurzelt in altem Aberglauben und der Folklore, ganz zu schweigen von seinem Missbrauch durch Scharlatane, die damit schnelles Geld machen wollen.
Ein Online-Shop bei Taobao, Chinas größter Shopping-Website, nahm durch den Handel mit Fengshui-Objekten im Wert von 38 bis 5888 Yuan in zehn Monaten fast 10 Millionen Yuan ein. Geschäftsführer Luo Shun behauptete, seine Produkte seien gesundheitsförderlich, brächten Wohlstand und Glück für die Familie, wenn man sie nur zu Hause in der vorgeschriebenen Weise platziere. Er stilisierte sich selbst als Fengshui-Meister und jagte unzufriedenen Kunden mit Verwünschungen Angst ein, falls sie erwogen, ihn vor Gericht zu bringen.
Meister Beiyue, ein alter Mönch im Kloster von Wutaishan, glaubt, dass sich viele Menschen angesichts der drastischen sozialen Veränderungen spirituell verarmt fühlen und durch Lehren wie Fengshui auf Besserung hoffen, Lehren, die allerdings häufig von Betrügern missbraucht würden.
Als Teil der traditionellen chinesischen Kultur sei Fengshui eine Kombination alter Weisheit und Hexerei. Es gebe keinen Grund dafür, einfache Sachverhalte zu mystifizieren, erklärte er.
Der Ursprung von Fengshui
Fengshui gibt es schon seit Urzeiten. Im Lauf der Geschichte haben Chinesen sich vor wichtigen Entscheidungen oft auf Weissagungen verlassen. Dazu zogen sie in der Shang-Dynastie (um 17. bis 11. Jahrhundert v. Chr.) beispielsweise natürliche Inschriften auf Knochen oder Muster von Schildkrötenpanzern zu Rate. Chinesen glaubten an die Einheit von Mensch und Natur. Alle Elemente der Natur, darunter Luft und Wasser, waren zum Erhalt des Lebens notwendig. Da das Glück genau wie diese Elemente eine wechselhafte Angelegenheit war, stellten die Menschen in der Vorzeit automatisch einen Zusammenhang zwischen ihrem Leben und ihrer Umgebung her. Um sich gegen Unglücke zu schützen, nutzten Chinesen daher auf der Suche nach einer harmonischen Beziehung zwischen Mensch und Natur Fengshui als Richtlinie für den Bau von Palästen, Wohnungen, Dörfern und sogar Gräbern.
Fengshui als metaphysische Sekte hätte sich nie ohne die Bemühungen der taoistischen Denker während der Periode der Streitenden Reiche (475-221 v. Chr.) und der Anhänger verschiedener anderer Philosophierichtungen, einschließlich des Konfuzianismus, etabliert. Die Taoisten wollten die Natur mithilfe bestimmter Theorien erklären, sie richteten sich nach dem I Ging, Chinas ältestem Buch der Weissagungen, sowie den Prinzipien von Yin und Yang und der fünf Elemente (Metall, Holz, Wasser, Feuer und Erde).
Während der Wei- und Jin-Dynastie (220-581) zählte Guo Pu (276-324), ein berühmter Gelehrter und Taoist dieser Zeit, die Regeln des Fengshui in seinem Buch „Zangjing" (Buch für Bestattungen) auf und lieferte ausführliche Erklärungen dafür. So glaubte er, dass ein Berg eng mit der Zahl der Familienmitglieder verbunden sei und Wasser Wohlstand bringe. Daher riet er den Menschen, ihre Häuser mit einem Berg im Rücken und einem Fluss in der Nähe zu bauen. Wegen seines bemerkenswerten Beitrags gilt Guo als Gründer der Fengshui-Theorie und ihr legendärer Prophet.
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