26-08-2010 Michael Schultz über moderne Kunst in China
Es gibt die Erwartung, dass der japanische und indonesische Kunstmarkt in den nächsten 20-30 Jahren den Weltkunstmarkt beherrsche, ob dies wirklich so kommt, kann Herr Schultz nicht beurteilen, allerdings verweist er auf die entscheidende Bedeutung der Sammler, also derjenigen, die ihr Geld für Kunst ausgeben. „Und das, glaube ich, ist in Amerika einfach viel ausgeprägter als in Asien, in Amerika gibt es Leute, die ihr ganzes Vermögen einer Stiftung spenden, ganz nach dem Motto: Wer viel nimmt, muss auch irgendwann mal wieder etwas zurückgeben. Den Sammlern hier in Asien geht es vielmehr um ein Statussymbol und auch ganz klar um die Aktie an der Wand!" Immer wieder erstaune und begeistere ihn die wirklich hohe Fertigkeit der chinesischen Künstler, die seiner Meinung nach ihr Handwerk - dank einer sehr starken Konzentration der Ausbildung auf praktische, handwerkliche Aspektean den Kunstakademien - einwandfrei beherrschen. Seit dem Beginn der Reformpolitik in den 80er Jahren hat sich in China trotz der weiterhin etwas schwierigen Bedingungen für die unabhängige Kunstproduktion eine äußerst vielfältige und dynamische Szene entwickelt, die in den letzten Jahren auch im Westen große Aufmerksamkeit gefunden hat. Die chinesischen Künstlerinnen und Künstler haben dabei rasch Anschluss an die internationale Kunstszene gefunden und bedienen sich dabei der im Westen entwickelten Medien, Techniken und Ausdrucksmittel. Gerade Künstler wie der deutsche Maler, Bildhauer und Fotograf Gerhard Richter wurden zu Beginn der Reform- und Öffnungspolitik, als die chinesischen Künstler viel zeitgenössische Kunst aus dem Westen rezipierten, schnell sehr einflussreich.
Michael Schultz ist allerdings der Ansicht, dass der westliche Einfluss, den etwa Gerhard Richter auf chinesische Künstler ausübte, nicht so prägend gewesen sei, wie etwa der Einfluss der traditionellen, chinesischen Malerei und Kunst. Auch sehe er nicht, dass die Globalisierung, die sich z.B. in der weltweiten Vernetzung durch das Internet zeigt, die Künstler zu einer stärkeren Inspiration untereinander verleite. „Natürlich wird es immer Leute geben, die über den Tellerrand gucken und sich nicht nur inspirieren lassen, sondern ganz bewusst in die Ideen anderer Künstler eingreifen. Aber diese Art von Inspiration an westlicher Kunst ist momentan in China eher selten, da die Chinesen eine andere Sicht auf die Welt haben und mit einem ganz anderen Anspruch an die Kunst herantreten. Westliche Kunst einfach nur nachzuahmen, würde für sie also überhaupt keinen Sinn ergeben", so Michael Schultz` Einschätzung.Michael Schultz sieht die chinesische Avantgardekunst vor allem vor dem Hintergrund der enormen sozialen und ökonomischen Umwälzungen, die das Land in den vergangenen Jahrzehnten durchgemacht hat; zahlreiche Werke reflektierten insbesondere die Spannung zwischen den verschiedenen Gesellschaftsgruppen, zwisichen sozialistischen Idealen und dem freigesetzten Konsumismus. „Genau das macht die Kunst auch so spannend und uns so neugierig darauf!"Michael Schultz fährt fort: „Letztens war hier im 798 District eine Halle gesperrt und am nächsten Tag schon wieder geöffnet. So schnell kann das gehen." Der Galerist ist fest davon überzeugt, „dass die Künstler viel zur Öffnung der Gesellschaft beigetragen haben. 798 – das ist schon etwas Einmaliges!"
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