30-09-2009 Beijing Rundschau Die Große Mauer
Die Große Mauer wird auf Chinesisch als ,,Wan-Li-Chang-Cheng" bezeichnet. Das heißt ,,10 000-Li lange Mauer", die chinesische Längeneinheit ,,Li" entspricht 0,5 Kilometer. Demnach sollte die Große Mauer 5000 Kilometer lang sein. Aber eigentlich war die Mauer früher viel länger. Während der Han-Dynastie (206 v. Chr.—220 n. Chr.), insbesondere zu Beginn der Westlichen Han-Dynastie (Ende des dritten Jahrhunderts v. Chr.) hatten die Xiongnu im Norden ihren Machtbereich sehr stark ausgeweitet, waren ständig nach Süden eingedrungen und hatten dort Territorien des Han-Reiches besetzt. Um die Einfälle der Xiongnu zurückzuschlagen, verlängerte man die Große Mauer weiter nach Westen. Es wurden zusätzlich Außenmauern angelegt, an einigen Stellen eine zweite Mauer oder sogar mehrere Mauerringe. So betrug die Gesamtlänge der Han-Mauern über 10 000 Kilometer. Dies war die längste Große Mauer in der chinesischen Geschichte. Gleichzeitig sicherte die Verlängerung der Großen Mauer nach Westen den Handel entlang der ,,Seidenstraße". In der chinesischen Geschichte waren die Herrscher vorwiegend Han-Chinesen. Deshalb sagt man, die Große Mauer sei die Verteidigungsanlage der Han-Nationalität gegenüber Fremdvölkern. Das ist nicht ganz korrekt. Die Herrscher eingedrungener Reitervölker ließen ebenfalls an der Mauer bauen, wenn sie erst einmal ein Gebiet kontrollierten, in dem die Landwirtschaft dominierte. Während der Südlichen und Nördlichen Dynastien (420—581) übten Fürsten von Reitervölkern die Herrschaft aus. Nachdem sie zur Herrschaft gelangt waren, bauten auch sie an der Großen Mauer. Während der Song- (960—1179) sowie der Liao- (916—1125, die Herrscher entstammten dem Volk der Kitan) und der Jin-Dynastie (1115—1234, die Herrscher waren Nüzhen) widmeten sich alle Herrscher dem Bau der Großen Mauer. Während der Jin-Dynastie machte die Länge der Großen Mauer mehr als 4000 Kilometer aus. Im Laufe der Dynastien wurden insgesamt einige Dutzende von Großen Mauern unterschiedlicher Länge angelegt. Manche von ihnen waren sehr solide Verteidigungsanlagen, andere wiederum stürzten bald ein. Die Gesamtlänge der Großen Mauern, die in über 2000 Jahren errichtet wurden, wird von Experten auf mehr als 50 000 Kilometer geschätzt. Bei der Errichtung eines derartig riesigen, komplizierten und umfangreichen Bauwerks, wie es die Große Mauer ist, bereiteten die Finanzierung und der Einsatz von Arbeitskräften, die Materialbeschaffung, die architektonische Planung und die Bauausführung ungeheure Schwierigkeiten. Hinzu kommt, dass die Bauarbeiten praktisch niemals abgeschlossen waren. Gab es wirklich keine andere Möglichkeit als den Bau der Großen Mauer, um die Grenzgebiete zu schützen? Darüber streitet man sich schon seit mehr als 2000 Jahren. Bis heute ist diese Frage nicht entschieden. Man legte zur Verteidigung seines eigenen Territoriums eine Schutzmauer an, um die Nomadenstämme aus dem Norden abzuwehren. Das war der Anfang der Großen Mauern der jeweiligen Dynastien. Die Große Mauer verläuft im Wesentlichen entlang der natürlichen Trennlinie zwischen den alten Ackerbaugebieten und den Weidegebieten. In den Geschichtsbüchern lässt sich nachlesen, dass die Große Mauer in der Regel ihre Hauptaufgabe erfüllte, nämlich die Nomadenvölker an einem Eindringen in das Kerngebiet der chinesischen Ackerbaukultur zu hindern. Gelehrte gehen heute davon aus, dass die Reitervölker vor allem durch Veränderungen der natürlichen Umweltbedingungen – hervorgerufen durch vier Kälteperioden - dazu gezwungen waren, südwärts zu wandern. Die Nomaden brauchten Wasser und Gras für ihre Pferde, deshalb wechselten sie ständig ihren Lebensraum. Die Soldaten der Nomadenstämme hatten eine ausgezeichnete Reittechnik und waren treffsichere Bogenschützen. Sie führten oft überraschende Angriffe durch und verschwanden so schnell, wie sie gekommen waren. Dieser Vorgang wiederholte sich, wann immer die chinesischen Truppen die Verfolgung einstellten und sich zurückzogen. Um die Grenze zu schützen, waren diese Truppen in den Grenzgebieten stationiert. Entsandte man zu geringe Truppenkontingente, konnte man die Nomaden nicht besiegen. Zu viele Truppen zu schicken, bedeutete jedoch einen unnötigen Aufwand, denn wenn die Truppen die Grenzgebiete erreicht hatten, waren die Nomaden längst geflohen. So schien es die beste Methode zu sein, eine hohe Mauer gegen umherstreifende Nomadenvölker zu bauen. Dies ist die Auffassung derjenigen, die den Bau der Großen Mauer für eine vernünftige Entscheidung halten.
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