"Das internationale Verlagswesen schenkt dem chinesischen Verlagswesen eine noch nie dagewesene Aufmerksamkeit", stellte die ranghöchste Vertreterin der chinesischen Delegation, Li Dongdong, angesichts des Konferenzraums voller Medienvertreter fest. Die Pläne des Milliardenreiches für den Ehrengastauftritt 2009 auf der Buchmesse werden mit Spannung erwartet. Es werde eine "Olympiade der Bücher", so die stellvertretende Ministerin der General Administration of Press and Publication (GAPP).
Ein Jahr vor dem Ereignis steht die grobe Struktur des Auftritts fest: Rund 80 chinesische Autoren werden nach Frankfurt kommen, auch Literaten ausMacao, Hongkong undTaiwanwerden mit dabei sein. Dazu kommt ein groß angelegtes Rahmenprogramm, in dem alle Kunstsparten vertreten sein sollen. Ein Schwerpunkt ist die Übersetzung chinesischer Bücher ins Deutsche beziehungsweise Englische. Dafür werden rund 500.000 Euro zur Verfügung gestellt, wie Chen Yingming sagte, der Direktor des Büros, das den Ehrengast-Auftritt koordinieren wird. Geplant seien auch besondere Werbeaktivitäten zur Vorstellung chinesischer Bücher in Deutschland.
Hoch im Kurs - chinesische Literatur geht an die Börse
Auf die Frage nach dem Stellenwert der Zensur in China antwortete Li Dongdong, die Vielzahl der Medien in China spreche für sich. Tatsächlich hat sich seit der Öffnung Chinas nach Außen vor 30 Jahren viel auf dem Medienmarkt getan. 1978 erschienen15.000 Titel, im Jahr 2006 waren es230.000 ineiner Auflage von 6,4 Milliarden. Fast 600 Staatsverlage gibt es inChina, sie allein sind offiziell berechtigt, zu publizieren und ISBN-Nummern zu vergeben. Daneben arbeiten so genannte "Kulturfirmen" bislang in einer rechtlichen Grauzone, vergleichbar etwa mit "Packagern": Sie fertigen vom Lektorat bis zum Druck ganze Bücher, die staatlichen Verlage geben ihr Siegel und damit die ISBN-Nummer, ohne die eine Publikation nicht möglich ist. "Diese privaten Verlage reiten auf einer Welle, die mit dem Internet über uns alle, aber ganz besonders über China hereinbrach, und die auch Hauptthema der diesjährigen Buchmesse ist: die Digitalisierung", so Juergen Boos. Denn die privaten Verlage sind eng vernetzt mit Bloggern und finden ihre Themen zunehmend im Netz - durchschnittlich 20 Prozent der chinesischen Bestsellertitel des vergangenen Jahres stammten ursprünglich aus dem Cyberspace, so das Ergebnis von Untersuchungen des Buchinformationszentrums (BIZ) Beijing und der bedeutendsten Branchen Zeitschrift in China, "China Book Business Report".
Wie Li Dongdong ankündigte, sollen die staatlichen Verlage schrittweise in Aktiengesellschaften umgewandelt werden. Die Aktien von 17 ehemals staatlichen Verlagsgruppen werden schon jetzt an der Börse gehandelt. Das betriebswirtschaftliche Denken soll Einzug in alle Bereiche des Buchhandels halten - rund 29 Buchhandlungen der Xinhua-Kette wurden ebenfalls schon "umgewandelt".
Buchmesse-Direktor Juergen Boos sieht in dem Ehrengast-Auftritt Chinas die Chance für Chinas Literatur und Kultur, "sich verständlich zu machen, die Sprachbarriere zu überwinden und neue Leser und Freunde zu gewinnen".