15-05-2014
Sonderberichte
China wird vom Helfer zum Partner Afrikas
von Ding Ying

 

Kooperation und Freundschaft sind die neuen Zutaten der chinesisch-afrikanischen Beziehungen

 

 

 

Hallo, Afrika: Chinas Ministerpräsident Li Keqiang (li.) und seine Frau Cheng Hong bei ihrer Ankunft in Äthiopiens Hauptstadt Addis Abeba am 4. Mai

 

 

Gemeinsamer Aufbau der Infrastruktur: Während der Besichtigung eines Eisenbahnprojekts in Addis Abeba am 5. Mai schrauben Li Keqiang (Mitte re.) und Äthiopiens Premierminister Hailemariam Desalegn (Mitte li.) Schienen fest

 

Vor rund 2500 Jahren sagte der chinesische Philosoph Laotse (Laozi) einmal: „Gib dem Menschen einen Fisch und du ernährst ihn für einen Tag; bringe ihm bei, zu angeln und du ernährst ihn ein Leben lang." Diese alte Weisheit dient nun der Vertiefung der chinesisch-afrikanischen Freundschaft in einem modernen Kontext.

Anfang Mai absolvierte Chinas Ministerpräsident Li Keqiang seinen ersten Staatsbesuch in Afrika nach seinem Amtsantritt im März letzten Jahres. Lis Reise bedeutet ein „Upgrade" der chinesisch-afrikanischen Beziehungen, sozusagen eine „Version 2.0". Traditionelle Hilfsprogramme sollen nun durch wirtschaftliche Kooperation und Kulturaustausch ergänzt werden.

 

Chinesisch-afrikanische Beziehungen bereichern

Vom 4. bis 11. Mai besuchte Li Äthiopien, Nigeria, Angola, Kenia und den Hauptsitz der Afrikanischen Union. Es war seine erste Auslandsreise in diesem Jahr und sein erster Besuch in  Afrika seit seinem Amtsantritt.

Die globale Situation ist eine ganz andere als vor 50 Jahren, als Chinas Ministerpräsident Zhou Enlai mit seinem Afrikabesuch einen Meilenstein setzte.  Zielsetzung von Lis Reise war der Ausbau der traditionellen Freundschaft, die Förderung der praktischen Zusammenarbeit und die Stärkung der bilateralen strategischen Partnerschaft mit Afrika.

Die Reise zeige das Engagement der neuen Führungsspitze für die chinesisch-afrikanischen Beziehungen, erklärte Professor Huang Zequan vom Fachbereich Afrikastudien der Universität Peking. „Die friedliche Zusammenarbeit beider Seiten soll beständig weiterentwickelt und durch neue Konzepte bereichert werden", erklärte Huang.

„Der Besuch von Ministerpräsident Li festigt den bedeutenden, grundlegenden und strategischen Status Afrikas in der chinesischen Diplomatie", erklärte Professor Ji Mingkui von der National Defense University.

Die vier besuchten Länder seien entweder politisch oder wirtschaftlich einflussreich in Afrika, erklärte Li Zhibiao, Wissenschaftler für Afrikastudien an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften (CASS). Nigeria ist das bevölkerungsreichste Land Afrikas, 2013 löste es Südafrika als wichtigste Wirtschaftsmacht ab, als sein BPI das Südafrikas übertraf. Äthiopien, Sitz des Hauptquartiers der Afrikanischen Union, hat in den vergangenen Jahren zahlreiche chinesische Investoren angezogen. Kenia ist zu einem der beliebtesten afrikanischen Reiseziele für chinesische Touristen geworden. Mit Angola, einem mächtigen Staat im südlichen Afrika und Ölproduzenten, gebe es eine enge Kooperation, so Li.

In seiner Rede vor dem Hauptsitz der Afrikanischen Union schlug Li vor, die bilateralen Beziehungen in einem „4-6-1"-Modus weiterzuentwickeln, der als praktische Umsetzung der neuen Afrikapolitik Chinas gilt. Anders als in der Vergangenheit, als China Afrika ganz einfach direkte Hilfe zukommen ließ, hat China daran gearbeitet, Afrikas eigene Kompetenzen für seine wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung zu verbessern, Chinas Rolle hat sich von der eines Helfers zu der eines Partners verändert. China hat zudem seine politischen Beziehungen zu den vier Ländern vertieft und die wirtschaftliche Zusammenarbeit mit ihnen verstärkt.

Der neue Beziehungsmodus sei auf Basis der lang andauernden Freundschaft und Zusammenarbeit zwischen China und Afrika entstanden, erklärte Professor Yuan Gangming von der Tsinghua-Universität. „Es wird eine ganz neue Art der bilateralen Zusammenarbeit geben, von der beide Seiten profitieren und die auf Gegenseitigkeit beruht", erklärte Yuan. Das Forum zur chinesisch-afrikanischen Kooperation sei eine wichtige Plattform zur Weiterentwicklung der Kooperation auf instrumentellem und operativem Niveau, betonte er.

2013 besuchte Chinas Staatspräsident Xi Jinping Afrika. Während dieser Reise präsentierte er Chinas Afrikapolitik und betonte sein Engagement für eine Zusammenarbeit auf der Basis von Aufrichtigkeit, realen Ergebnissen, gemeinsamen Interessen und Vertrauen.

Xis Engagement zeige den künftigen Weg für die chinesisch-afrikanischen Beziehungen auf, meint Li Zhibiao, die vier von Li vorgeschlagenen Prinzipien seien ein weiterer Schritt, der Chinas Entschlossenheit zur Umsetzung von Xis Versprechen bekräftige.

Im Hinblick auf die sechs Bereiche der bilateralen Kooperation betonte er: „Beide, China und Afrika, befinden sich in ihrer Entwicklung an einem Scheideweg. Die sechs Bereiche sind nicht nur von genereller Bedeutung für Afrikas Bestreben, auf einer unabhängigen Basis an der wirtschaftlichen Globalisierung teilzuhaben, sondern sie spiegeln auch Chinas praktisches Interesse zur Beschleunigung seiner wirtschaftlichen Transformation wider."

Herzstück der sechs Bereiche sei die Zusammenarbeit im industriellen Sektor, die Zusammenarbeit in den anderen fünf Bereichen soll Probleme im Finanzwesen, Marketing, Umweltschutz sowie im Personal- und Sicherheitsbereich lösen.

Die Zusammenarbeit in den sechs Bereichen ist Chinas mittel- und langfristiger strategischer Plan zur Vertiefung der chinesisch-afrikanischen Zusammenarbeit.

Die Rede des Ministerpräsidenten verdeutliche die Beständigkeit der Freundschaft mit Afrika und der Afrikapolitik der vergangenen 50 Jahre, erklärte Yang Lihua, Wissenschaftlerin an der CASS. „Während der letzten 50 Jahre waren die chinesisch-afrikanischen Beziehungen beidseitigem Respekt und dem Prinzip der Gegenseitigkeit verpflichtet. Unser Ziel und unsere Vorgehensweise sind trotz sich verändernder Umstände konsistent geblieben", so Yang.

Seit Mitte des 20. Jahrhunderts unterstützen sich China und Afrika gegenseitig, dabei einte sie der Kampf gegen den Imperialismus zur Erlangung ihrer nationalen Unabhängigkeit.

Am 25. Oktober 1971 gewann China seine rechtliche Stellung bei der UN mit Hilfe der Entwicklungsländer, darunter zahlreiche afrikanische Staaten, zurück. Chinas ehemaliger Staatspräsident Mao Zeodong betonte: „Es sind unsere afrikanischen Brüder, die uns in die UN gebracht haben."

Seit Anfang des 21. Jahrhunderts sind die chinesisch-afrikanischen Beziehungen in eine neue Phase eingetreten. Im Oktober 2000 wurde das Forum zur chinesisch-afrikanischen Kooperation ins Leben gerufen. 2006 einigten sich China und Afrika darauf, ihre Beziehungen zu einer neuen strategischen Partnerschaft auszubauen, die politische Gleichberechtigung, gegenseitiges Vertrauen, eine für beide Seiten profitable wirtschaftliche Kooperation und kulturellen Austausch beinhaltet.

 

Zwei Räder der chinesisch-afrikanischen Kooperation

Rund 60 Kooperationsdokumente wurden auf Lis Afrikareise unterzeichnet, sie umfassen die Bereiche Wirtschaft, Kultur, Landwirtschaft, Gesundheit und Ausbildung. Dieser Erfolg steht in engem Bezug zu genau den sechs Bereichen, die Li vorgeschlagen hatte.

Der Vorschlag des chinesischen Ministerpräsidenten sei sehr ermutigend, so Yang. Dem 4-6-1-Modus entsprechend werde China die industrielle Zusammenarbeit durch die Miteinbeziehung von Handel, Investitionen und Aufbau der Infrastruktur erweitern, erklärte sie. „China befindet sich an einem entscheidenden Punkt der Regulierung der Industriestruktur und Veränderung seines Wirtschaftsmodells. Dies ist ein guter Weg, Chinas und Afrikas Entwicklung aufeinander abzustimmen", so Yang weiter.

Gute Aussichten gebe es auch für eine Steigerung des chinesisch-afrikanischen Handelsvolumens, bis 2020 soll es 400 Milliarden Dollar betragen, so Li. Die Zielsetzung sei sogar relativ konservativ, meint Yang. 2013 erreichte das Handelsvolumen zwischen China und Afrika 120 Milliarden Dollar, das 2000-fache des Jahres 1960. China war in den vergangenen fünf Jahren Afrikas größter Handelspartner, in Afrika sind mehr als 2500 chinesische Unternehmen aktiv, die mehr als 100.000 Jobs geschaffen haben. Nach einem Bericht des Internationalen Währungsfonds hat die chinesisch-afrikanische Kooperation zu mehr als 20 Prozent von Afrikas Entwicklung beigetragen.

China und Afrika haben Fortschritte beim Aufbau der Infrastruktur gemacht, das gilt vor allem für den Ausbau des Schienennetzes. China sei bereit, die Zusammenarbeit beim Ausbau von Straßen – und Schienennetzen, Telekommunikation, Stromnetzen und in anderen Bereichen auszuweiten, um dem Kontinent zu einem besseren Verkehrs- und Kommunikationsnetz zu verhelfen, erklärte Li in seiner Rede. Beijing ermutige zudem chinesische Unternehmen zur Gründung von Joint-Ventures mit afrikanischen Partnern, um Afrikas Luftfahrtindustrie zu fördern. Während Lis Besuch vereinbarten China und Nigeria ein Eisenbahnprojekt in Küstennähe im Wert von 13,12 Milliarden Dollar. Die geplante Küstenstrecke wird von großer strategischer Bedeutung für die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in ganz Westafrika und für den Aufbau eines wirtschaftlichen Küstenkorridors sein.

Li schilderte zudem seine Vision von einer Verbindung der afrikanischen Hauptstädte durch Hochgeschwindigkeitstrassen, China sei bereit, seine in diesem Bereich weltweit führende Technologie einzusetzen, um die pan-afrikanische Kommunikation und Entwicklung zu fördern.

China ist für Afrika mittlerweile zu einem wichtigen Lieferanten für Gleistechnik geworden. Anders als vorherige Hilfsprojekte werden die meisten Eisenbahnbauvorhaben heutzutage mittels wirtschaftlicher Kooperation realisiert, die Afrikas technische Kenntnisse verbessern sollen. Bis 2013 baute China rund 2200 Schienen- und 3500 Straßenkilometer in Afrika.

Joint-Ventures seien eine exzellente Methode, um Afrikas wirtschaftliche Unabhängigkeit durch die Übernahme chinesischer Technologie zu fördern, erklärte Yuan. Dies sei ein neuer Modus der Zusammenarbeit, erklärte er, da Chinas Erfolge beim Bau von Hochgeschwindigkeitszügen einem riesigen Kontinent wie Afrika die dringend benötigte Technologie für seine Infrastruktur liefern könnten.

Gleichzeitig sollen traditionelle Hilfsprojekte weitergehen. Li Keqiang verkündete auf seiner Reise, dass China eine Erhöhung seiner Kredite für Afrika um 10 Milliarden Dollar beschlossen habe, insgesamt beläuft sich die Summe der versprochenen Kredite auf 30 Milliarden Dollar. Der chinesisch-afrikanische Entwicklungsfonds soll um 2 Milliarden auf 5 Milliarden Dollar aufgestockt werden. Zur Armutsbekämpfung will China in den kommenden fünf Jahren 2000 Agrartechniker und Managementpersonal ausbilden sowie seine Unterstützung auf Bereiche wie Trinkwassergewinnung und die Prävention und Kontrolle von Seuchen verlagern.

 

Chinas Ministerpräsident betonte außerdem den hohen Stellenwert des kulturellen und persönlichen Austauschs. China werde einen „Afrikanischen Talentplan" umsetzen, 18.000 Regierungsstipendien zur Verfügung stellen und bei der Fortbildung von 30.000 Berufstätigen in verschiedenen Bereichen helfen. Für den Südsudan wolle man weitere 50 Millionen Yuan für humanitäre Hilfe bereitstellen.

 

Li lobte die ermutigenden Beiträge Afrikas für die globale Zivilisation und Wirtschaft.

Afrika sei nun ein kraftvoller Kontinent, der sich selbst zu einem wichtigen Pol der Weltpolitik, einem neuen Zentrum des Wirtschaftswachstums und einem farbigen Mittelpunkt menschlicher Zivilisation gemacht habe, erklärte er in seiner Rede.

 

„Die afrikanische Zivilisation verdient als wichtiger Teil des pluralistischen globalen Dorfes unsere ungeteilte Aufmerksamkeit", so Yang.