1999 jährt sich die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen China und Frankreich zum 35. Mal. Während eines Interviews mit unserem Korrespondenten am Vorabend der Feierlichkeiten hielt der französische Botschafter in China, Pierre Morel, einen Rückblick auf die sino-französischen Beziehungen der letzten 35 Jahre und einen Ausblick auf deren zukünftige Entwicklung.
BR-Korrespondent interviewt Botschafter Pierre Morel. Foto: Xue Chao
Wachsende bilaterale Beziehungen
In den letzten 35 Jahren hätten die bilateralen Beziehungen eine vielseitige Entwicklung vollzogen, kommentierte der Botschafter. Schwierigkeiten und Probleme, die im Entwicklungsverlauf aufgetaucht sind, seien eine nach der anderen überwunden bzw. gelöst worden, da beide Seiten sich vollends darüber bewußt seien, daß gegenseitige Kooperation äußerst notwendig sei und daß die Entwicklung bilateraler Beziehungen in Übereinstimmung mit den grundlegenden und langfristigen Interessen der beiden Länder stehe.
In den vergangenen Jahren haben die bemerkenswerten Errungenschaften Chinas in allen Bereichen die Aufmerksamkeit Frankreichs auf sich gezogen, und die bilateralen Beziehungen sind weiter vorangetrieben worden. Die gegenseitigen Besuche des chinesischen Präsidenten Jiang Zemin und des französischen Präsidenten Jacques Chirac 1997 und ihre Ankündigung der Errichtung einer vielseitigen Partnerschaft zwischen den beiden Ländern sowie der Frankreichbesuch des chinesischen Premierministers Zhu Rongji im April 1998 und der Chinabesuch des französischen Ministerpräsidenten Lionel Jospin im September des selben Jahres trugen dazu bei, die bilateralen Beziehungen weiter zu fördern, und übten einen kontinuierlichen und weitreichenden Einfluß auf dieselben aus.
Die beiden Regierungen unterzeichneten eine gemeinsame Erklärung und eine Reihe wissenschaftlicher, technologischer, wirtschaftlicher und handelskooperativer Abkommen, die eine solide Grundlage für die Entwicklung der bilateralen Beziehungen im Hinblick auf das nächste Jahrhundert gelegt haben.
Letztes Jahr unterzeichneten die beiden Länder, trotz des gravierenden Einflusses der asiatischen Finanzkrise auf die Wirtschaft Asiens und die der Welt als ganzes, eine Anzahl von wirtschaftlichen, Handels- und wissenschaftlich-technologischen Kooperationsübereinkommen. Die Krise erlaubte beiden Seiten, ein tieferes Verständnis für die Notwendigkeit der Intensivierung der bilateralen Kooperation zu gewinnen.
Identische Ansichten über die Multipolarisierung
Der Botschafter betonte, daß der Einsatz für die Schaffung eines multipolaren globalen politischen Rahmens ein wichtiges strategisches Verständnis und eine politische Einstellung, die von beiden Seiten geteilt würden, widerspiegele. Seit der Periode des Kalten Krieges in den 50ern und 60ern hat Frankreich in dieser Hinsicht Anstrengungen unternommen. Es nahm als erstes unter den westlichen Großmächten diplomatische Beziehungen auf Botschaftsebene mit China auf und zog sich ebenso als erstes aus der NATO zurück. Frankreich legt Wert auf das Beharren auf seinen eigenen Standpunkt und läßt stets seine eigene Stimme in bezug auf internationale Angelegenheiten zu Worte kommen.
Gleichermaßen hat China aktiv vorgeschlagen, daß die Welt nicht nur eine Stimme, sondern eine multipolare globale politische Struktur haben sollte. Dies hat die beiden Länder fähig gemacht, als erste das gleiche Konzept der Multipolarisierung in der politischen Arena einzuführen. Angesichts der gegenwärtigen neuen Situation hat die Multipolarisierung einen noch reicheren Inhalt, der sich über wirtschaftliche, kulturelle, wissenschaftliche, technologische und andere Bereiche erstreckt.
Der Botschafter ist davon überzeugt, daß das Interesse und das gemeinsame Verständnis in bezug auf die Multipolarisierung zu einer wichtigen politischen Grundlage für die sino-französischen Beziehungen geworden seien. Die Multipolarisierung sei ein unwiderruflicher Entwicklungstrend in der heutigen Welt geworden.
Der Freundschaft gewidmet
Seit seinem Amtsantritt vor zwei Jahren hat der Botschafter große Anstrengungen darauf verwendet, die sino-französischen Beziehungen sowie die gegenseitige Kooperation und den beidseitigen Austausch in allen Bereichen voranzutreiben. Zusätzlich zu offiziellen Aktivitäten hat er tatkräftig dazu beigetragen, den Kontakt von Volk zu Volk zu fördern. Allein 1998 hatte die französische Botschaft Austausch mit mehr als 1500 Französisch sprechenden Chinesen. Der Botschafter drängt seinen Mitarbeiterstab häufig, mit betroffenen chinesischen Gruppen engeren Kontakt und Kooperation zu unterhalten.
Um ein besseres Chinaverständnis zu gewinnen, hat der Botschafter Chinesisch gelernt. Er erzählte unserem Reporter in holprigem, aber standardmäßigem Chinesisch, daß er, obwohl es nicht leicht sei, jeden Tag Sprachunterricht habe.
In den vergangenen zwei Jahren ist der Botschafter in über 20 chinesische Provinzen und Städte gereist. Diese Reisen haben ihm nicht nur geholfen, das Alltagleben des chinesischen Volkes und die lange brillante Geschichte des Landes besser kennenzulernen, sondern auch mit lokalen Regierungen und Unternehmen freundschaftliche Beziehungen aufzunehmen.
Zum Abschluß des Interviews sagte der Botschafter, daß die Beijing Rundschau eine große Menge von Information über China geliefert habe. Es sei ein sehr nützliches Magazin für ihn persönlich, seine Kollegen und all diejenigen, die an China interessiert sind. Er habe einen speziellen Artikel für die Beijing Rundschau über die Entwicklung der sino-französischen Beziehungen geschrieben (siehe S.12). Er sagte, daß er von dieser Gelegenheit Gebrauch machen möchte, allen Lesern der Beijing Rundschau seine besten Wünsche und freundschaftlichen Grüße zu übermitteln.(Quelle: Beijing Rundschau, Nr. 8,1999)
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