24-12-2013
Aktuelles
China erobert den Mond
von Yuan Yuan

Chang'e-3 ist auf dem Mond gelandet. Es ist die erste erfolgreiche Landung auf dem Erdtrabanten seit 37 Jahren.

 

Touchdown: Die Landung der Mondsonde Chang'e-3 auf der Mondoberfläche wird auf einem Monitor im Beijinger Raumfahrtkontrollzentrum übertragen (Li Xin)

 

Mit der erfolgreichen Mondlandung hat die Chang'e-3 eine neue Phase der Weltraumforschung eingeleitet.

Die Landung erfolgte am 14. Dezember gegen 21.11 Uhr Beijinger Zeit. China ist damit nach der ehemaligen Sowjetunion und den USA das dritte Land, dem eine Mondlandung gelang. Die Chang'e-3 startete auf einer Trägerrakete vom Typ Langer Marsch 3B vom Satellitenstartzentrum Xichang in der Provinz Sichuan und landete in der bislang unberührten Mondregion Sinus Iridum bzw. Regenbogenbucht.   

Rund sieben Stunden nach der Landung, am 15. Dezember um 4.35 Uhr Beijinger Zeit, machte sich der 140 Kilogramm schwere Mondrover Yutu (Jadehase) auf den Weg, um die Mondoberfläche zu erkunden und hinterließ dabei erste Reifenspuren auf dem Mondboden. Eine Kamera am Landefahrzeug machte Aufnahmen davon und übertrug die Bilder zur Erde, hieß es aus dem Beijinger Raumfahrtkontrollzentrum.

Nachdem der Rover sich neun Meter vom Landefahrzeug weg nach Norden bewegt hatte, fotografierten sich die Kamera des Landefahrzeugs und die Panoramakamera des Rovers um 23.42 Uhr gegenseitig.

Die Farbaufnahmen, die live vom chinesischen Satellitennetz übertragen wurden, zeigen, wie Yutu die chinesische Flagge schwenkt, Es ist das erste Mal, dass die rote Flagge mit den fünf Sternen außerhalb der Erde weht.

Nachdem Landefahrzeug und Mondrover sich gegenseitig fotografiert hatten, verkündete Ma Xingrui, Oberster Kommandeur von Chinas Monderforschungsprogramm, die Chang'e-3-Mission sei ein „voller Erfolg".

„Die Fotos zeigen, dass Landefahrzeug und Rover einwandfrei funktionieren, und markieren gleichzeitig das Ende der Landung und den Beginn der Untersuchungen vor Ort", so Pei Zhaoyu, ein Sprecher, des Mondforschungsprogramms.

Sechs der acht wissenschaftlichen Instrumente an Bord des Mondrovers und des Landefahrzeugs seien bereits aktiviert worden und hätten am 18. Dezember mit der Beobachtung von All, Erde und Mond begonnen, meldeten die an der Chang'e-3- Mission beteiligten Wissenschaftler.

 

Nie gesehen

„Chang'e-3 wird das Mondgelände, seine geologischen Strukturen und Zusammensetzung sowie möglicherweise nutzbare Rohstoffe untersuchen", erklärte Zou Yongliao, Weltraumforscher an der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften. Das Landefahrzeug werde die Plasmasphäre der Erde beobachten und dabei ein extrem ultraviolettes Bild benutzen.

Gleichzeitig wird das Landefahrzeug der Chang'e-3, das die Umgebung des Landeplatzes rund ein Jahr lang untersuchen wird, ein Teleskop aufstellen, dass die Tiefen des Weltalls erkunden soll.

„Das ist das erste Mal, dass Menschen ein Teleskop auf dem Mond errichten. Durch die besondere Umgebung des Mondes werden Beobachtungen möglich, die wir auf der Erde wegen des Einflusses der Atmosphäre nicht machen können", erklärt Sun Huixian, stellvertretender Chefingenieur von Chinas Mondprogramm.

Yutu hat eine Lebensdauer von drei Monaten. In dieser Zeit wird der Rover die geologische Struktur des Monds und seine Oberflächenzusammensetzung untersuchen und nach natürlichen Rohstoffen suchen.

In der Nacht des 15. Dezembers begann das Radarsystem von Yutu mit Tests zur Bestimmung der Zusammensetzung des Mondbodens. Das Radarsystem an der Unterseite des Mondrovers kann die Mondoberfläche in bis zu 100 Metern Tiefe scannen, so Sun.

Der Rover könne Steigungen von bis zu 30 Grad bewältigen und 200 Meter in der Stunde zurücklegen, erklärte er weiter. Die Konstrukteure hätten die Geschwindigkeit so langsam eingestellt, damit das Fahrzeug Hindernisse ausmachen und umfahren könne.

Da er Hindernisse ausfindig machen kann, wird der Rover den leichtesten Weg wählen und sein Navigationssystem mit der Fernsteuerung koppeln.

„Theoretisch kann Yutu fast 10 Kilometer über den Mond fahren", so Sun. „Die Ingenieure haben auf der Erde ein Labor aufgebaut, um das unebene Gelände auf dem Mond zu simulieren, dort durchlief der Rover zuerst intensive Tests."

Wegen der fehlenden Atmosphäre schwankt die Temperatur des Mondes zwischen mehr als 100 Grad Celsius am Tag und minus 180 Grad in der Nacht, eine weitere Herausforderung für den Rover.

Um genau zu arbeiten, muss das Fahrzeug eine Innentemperatur zwischen minus 40 Grad und plus 50 Grad Celsius halten. Das sollen radioisotope Heizeinheiten in Landefahrzeug und Rover sicherstellen.

 

Wir sind da: Das Landefahrzeug und der Mondrover Yutu der Mondsonde Chang'e-3 fotografieren sich am 15. Dezember um 23.42 Uhr Beijinger Zeit gegenseitig (Xinhua)

Technologische Durchbrüche

Bevor Chang'e-3 auf dem Mond landete, wurden 129 Mondexpeditionen durchgeführt, nur 66 hatten Erfolg, davon glückten wiederum nur 13 unbemannte Landungen.

Die letzte Mondlandung fand am 18. August 1976 statt, als die russische Sonde Luna 24 auf dem Erdtrabanten aufsetzte, um Proben zu sammeln.

Die geringe Erfolgsquote zeigt die Schwierigkeiten der Monderforschung und –landung. China ist ein Newcomer im Club der Weltraumforschung und hat sich dabei im eigenen Land entwickelter Innovationen bedient.

Verglichen mit den Mondsonden Chang'e-1 und Chang'e-2, die 2007 bzw. 2010 starteten, seien 80 Prozent der Komponenten von Chang'e-3 neu, erklärte Sun Zezhou, Chefentwickler der Mondsonde.

Chinas Mondprogramm wurde 2004 ins Leben gerufen, es umfasst Flüge in die Umlaufbahn, Landungen und die Rückkehr zur Erde.

Nach der Chang'e-3-Mission wird Chinas Monderforschungsprogramm mit dem Start von Chang'e-5 in eine neue Phase der unbemannten automatischen Probensammlung und Rückflug zur Erde eintreten, eine noch größere Anstrengung mit ganz eigenen neuen Herausforderungen.

„Die dritte Phase des Programms wird schwieriger, weil erst noch zahlreiche technologische Durchbrüche erzielt werden müssen, darunter der Start von der Mondoberfläche aus, die Probenverkapselung, das Treffen und Andocken in der Umlaufbahn des Mondes und die Hochgeschwindigkeits-Rückkehr zur Erde", sagt Wu Zhijian, Sprecher der staatlichen Verwaltung von Wissenschaft, Technologie und Industrie zur Landesverteidigung, bei einer Pressekonferenz in Beijing am 16. Dezember.

Als Sicherungssonde von Chang'e-3 werde Chang'e-4 ebenso verändert werden, um Technologien zu testen, die in Chang'e-5 zum Einsatz kommen sollen, so Wu.

Mittlerweile ist bekannt, dass China den Start von Chang'e-5 für das Jahr 2017 plant. Die Sonde soll bis zu zwei Kilo Material von der Mondoberfläche zur Erde bringen.

 

Weltweite Zusammenarbeit 

Wissenschaftler der NASA bezeichneten die Aktivitäten von Chang'e-3 auf dem Mond als „eine neue wissenschaftliche Chance, um Studien und Beobachtungen zur Mondatmosphäre möglicherweise zu vertiefen."

„Die Details von Chang'e-3 sagen mir klar und deutlich, dass die USA nun unbedingt anfangen müssen, mit den Chinesen über eine Kooperation zu reden ", erklärte US-Astronaut Buzz Aldrin, nach Neil Armstrong der zweite Mensch, der den Mond betrat, in einem Interview mit der Zeitschrift Aerospace America.

Chinas Mondprogramm sei auf dem richtigen Weg, erklärte der russische Astronaut  Vladimir Kovalenok. China könne seinen Weg fortsetzen und gleichzeitig die Vor- und Nachteile der amerikanischen und russischen Mondprogramme mit einkalkulieren.  

„China ist jetzt in diesem Bereich ein Pionier, seine Mondmissionen werden ein Katalysator für Monderkundungen anderer Länder sein, da der Mond als Sprungbrett für Reisen zu entfernteren Planeten im Sonnensystem dienen kann", sagte Kovalenok.

„Die Europäische Raumfahrtbehörde (ESA) und China haben vor kurzem eine Vereinbarung zur gegenseitigen Unterstützung unterzeichnet. Sie beinhaltet auch, dass die ESA der chinesischen Mission mit unserem Weltraumnetzwerk Estrack unter die Arme greifen kann", erklärte Karl Bergquist, Verwalter der Abteilung für internationale Beziehungen bei der ESA.

„Aber auch das Gegenteil könnte passieren, d.h. dass die ESA die Benutzung der chinesischen Weltraumantennen für eine eigene Mission fordert. Bislang ist das nicht geschehen, aber ich bin sicher, dass es in den nächsten Jahren der Fall sein wird", erklärte Bergquist der Nachrichtenagentur Xinhua.,

Bei der Pressekonferenz vom 16. Dezember, erklärte Wu, dass China einer internationalen Zusammenarbeit bei Monderkundungen immer positiv gegenüberstehe. „Bei vorherigen Missionen hatten wir eine großartige Zusammenarbeit mit anderen Ländern und internationalen Organisationen", bemerkte er. 

Die aus den Proben von Chang'e-1 and Chang'e-2 gewonnenen Daten seien für Wissenschaftler aus aller Welt zugänglich, so Wu. Er gab auch bekannt, das China aus der Chang'e-1-Mission gesammelte Informationen mit der ESA geteilt habe und dass ein ESA-Kontrollzentrum und drei seiner ferngesteuerten Telemetrie-Kontrollstationen an der Chang'e-3-Mission beteiligt gewesen seien.

„In der nächsten Phase von Chinas Mondprogramm wird es mehr internationale Zusammenarbeit geben", erklärte er.