22-10-2013
Wichtige Themen
Ist die aktuelle Konjunkturerholung von Dauer?
von Lan Xinzhen

Chinas Wirtschaft steht vor einer doppelten Herausforderung: Sie muss für Effizienz sorgen und einen starken Wachstumsimpuls schaffen.

Bauboom: Arbeiter transportieren Platten für das Gleisbett einer Hochgeschwindigkeitszugstrecke in Yiwu (Provinz Zhejiang) (Hao Tongqian)

 

Chinas Wirtschaftswachstum legt konstant zu, das Bruttoinlandsprodukt stieg nach Angaben des Staatlichen Statistikamts (SSA) vom 18. Oktober im dritten Quartal um 7,8 Prozent, im zweiten Quartal betrug der Zuwachs 7,5 Prozent. Verglichen mit dem starken Aufschwung vom Juli und August ist der Aufwärtstrend im September jedoch nicht von dauerhafter Natur. Daher sollten während des Prozesses der Regulierung der Wirtschaftsstruktur vor allem Wachstumsanreize und -stabilisatoren geschaffen werden, 

Konjunkturerholung

Im ersten Halbjahr verzeichnete Chinas Wirtschaft einen leichten Abschwung. Das BPI fiel von 7,7 Prozent im ersten Quartal auf 7,5 Prozent im zweiten. Die Mindestvorgabe der Regierung für das heimische Wachstum liegt bei 7,5 Prozent. Das Erreichen dieser Untergrenze löste Panik aus. Auch viele internationale Wirtschafts-Think-Tanks und Institutionen glaubten an eine harte Landung für Chinas Wirtschaft.

Chinas Regierung erklärte, alles unternehmen zu wollen, um nicht unter die 7,5-Prozent-Grenze zu fallen. Dazu gehöre die Reduzierung der Bürokratie, mehr Pilotprogramme zur Ersetzung der Gewerbesteuer durch die Mehrwertsteuer, die Förderung der Freigabe des Zinssatzes und eine Reform der Investitionen in die Infrastruktur und der Rohstoffpreise.

Die Maßnahmen haben schnell Erfolg gebracht. Seit Juli lässt sich bei Preisen für Rohstoffe wie Erdöl, Stahl und Nicht-Eisen-Metalle ein Aufwärtstrend verzeichnen. Im September stieg der Einkaufspreis-Index im dritten Monat in Folge auf 51,1 Prozent, Stromerzeugung und Verkehrswesen trugen ebenso zu diesem Trend bei.

Statistiken des SSA zufolge schossen die Anlageinvestitionen im dritten Quartal um 20,4 Prozent in die Höhe, nachdem der Staatsrat Fördermaßnahmen zum Ausbau von Hochgeschwindigkeitsbahnstrecken und U-Bahnen, zur Energieeinparung und zur Emissionsreduzierung sowie eine Breitband-Strategie für China bekannt gegeben hatte.

Von Januar bis September stiegen die Einzelhandelsumsätze von Verbrauchsgütern um 13,5 Prozent, ein leichtes Plus im Vergleich zum Vorjahr. Aufgrund des Regierungsverbots von extravaganten und kostspieligen Banketten auf öffentliche Kosten stiegen die Einnahmen im Gastronomiesektor von Januar bis September lediglich um 8,9 Prozent, 4,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Dadurch wurde das Wachstum bei den Verbrauchsgütern um 0,5 Prozent beeinträchtigt. Möbel, Bau- und Inneneinrichtungsmaterialen legten jedoch weiter schnell zu und zeigten mit einem Wachstum von 20,9 bzw. 19,7 Prozent Anzeichen einer Erholung. 

Der Außenhandel legte moderat zu. Angetrieben durch die Konjunkturerholung in Europa und den USA kehrte sich das Negativwachstum von 3,1 Prozent im Juni in ein Wachstum von 5,1 Prozent im Juli und 7,2 Prozent im August um. In den ersten drei Quartalen erreichten Im– und Exporte 3,06 Billionen Dollar, ein Plus von 7,7 Prozent, den Wechselkursfaktor nicht miteingerechnet.  

Das Wachstum in der Dienstleistungsindustrie fiel schwach aus. Das lag an den Regierungsbemühungen, die drei wichtigsten öffentlichen Ausgabenfelder zu kontrollieren: Fahrzeuge, Empfänge und Auslandsreisen.

 

 

Regulierung der Wirtschaftsstruktur

Die Abschwächung von Chinas Wirtschaft wurde 2008 durch die globale Finanzkrise ausgelöst. Mit der Bekanntgabe eines 4-Billionen-Yuan-Anreizpakets im gleichen Jahr begann sich die Wirtschaft einigermaßen zu erholen. 2010 erreichte Chinas BPI Wachstumszuwächse im zweistelligen Bereich.

Um eine gesunde und nachhaltige Entwicklung aufrechtzuerhalten, arbeitet die Regierung an einem neuen Wachstumsmodell und der Modernisierung industrieller Strukturen. In diesem Jahr liegt der Schwerpunkt auf der Reduzierung von Überkapazitäten, der Steigerung des heimischen Verbrauchs und der Förderung strategischer Schwellenindustrien. Auf dem Weg dorthin muss China einen schmerzhaften Übergang durchstehen, denn umstrukturierte Unternehmen müssen Gewinne abwerfen, während ältere Unternehmen sinkende Profite verzeichnen.

"Die Konjunkturabschwächung ist das unvermeidliche Ergebnis der Umstrukturierung, sie ist vorhersehbar und kontrollierbar", erklärte Li Huiyong, Analyst bei Shenyin & Wanguo, einem Versicherungsunternehmen in Shanghai.

Um sein BPI aus dem Jahr 2010 zu verdoppeln, muss China sein Wachstum lediglich über 7 Prozent halten. Um ein nachhaltiges und langfristiges Wachstum zu erzielen, hat China sich zu einer langsameren wirtschaftlichen Expansion und strukturellen Reformen entschlossen. Der Aufschwung im letzten Quartal ist ein Hinweis darauf, dass die chinesische Wirtschaft mit einer Wachstumsrate von 7,5 Prozent möglicherweise bereits ihren Tiefpunkt erreicht hatte.

Der schnelle Aufschwung energieintensiver Industrien erzeugt jedoch großen Druck auf den Prozess der Regulierung der Wirtschaftsstruktur. Im dritten Quartal verzeichnete China einen Aufschwung bei Investitionen, Verbrauch, Exporten und vor allem der produzierenden Industrie, dort stieg die industrielle Wertschöpfung von 8,9 Prozent im Juni auf 10,5 Prozent im September.  

Im Bereich Produktion legten Erzeugnisse der Schwerindustrie wie Stahl, Steinkohlenkoks und Flachglas schnell zu, von den Investitionen profitierte vor allem die Infrastruktur. Die Wirtschaft wird einmal mehr von der chemischen Großindustrie gesteuert, durch Regierungsinvestitionen gelenkt und durch staatseigene Unternehmen angetrieben. 

Der Fokus liege weiterhin auf der Regulierung der Wirtschaftsstruktur  und Transformation und der Umsetzung von Reformen, erklärte Li. Die gegenwärtigen Hauptwidersprüche seien zurzeit eher in der schwachen Entwicklungsqualität und geringen wirtschaftlichen Effizienz zu sehen als in der niedrigeren Wachstumsrate. China müsse weg vom alten Entwicklungsmodell, das auf niedrigen Arbeitskosten, Exporten und Investitionen beruhte. Überkapazitäten und übermäßige Investitionen seien im ganzen Land verbreitete Übel, und zeigten, wie dringen ein neues Entwicklungsmodell benötigt werde.  

"China sollte sich nicht auf Zahlen fixieren, sondern auf Restrukturierung und Modernisierung, um Qualität und eine effiziente wirtschaftliche Entwicklung zu fördern", erklärte Li.

Chinas Regulierung bietet für ausländische Investoren großartige Möglichkeiten. Während chinesische Firmen immer noch ihr Möglichstes tun, um sich den ökonomischen Veränderungen anzupassen, haben ausländische Unternehmen den Markt erobert. 

 

Leistungsträger

Nach einem Bericht des Staatlichen Informationszentrums werden Maßnahmen zur Stabilisierung des Wachstums trotz nachlassender Konjunktur generell eine positive Auswirkung haben. Die Prognose für das BPI-Wachstum im vierten Quartal sowie des gesamten Jahres liegt bei 7,6 Prozent. Die Inflationsrate wird demnach voraussichtlich moderat steigen, der Arbeitsmarkt wird sich stabilisieren. 

Der Verbrauch wird im vierten Quartal weiterhin stabil zulegen. Da die Steigerung des heimischen Verbrauchs einen Schwerpunkt der Umstrukturierung darstellt, will die chinesische Regierung dem Bericht neue Wachstumsaspekte fördern. Dazu zählt der Ausbau des Breitband-Internetzugangs im gesamten Land, einschließlich ländlicher und abgelegener Gebiete, und die Entwicklung umweltfreundlicher Industrien. 

Zudem haben mehr als 20 Städte ihren Mindestlohn um rund 20 Prozent angehoben, was eine wichtige Rolle für die Förderung der Kaufkraft niedriger Einkommensgruppen spielt.

Der gleiche Trend wird sich im Außenhandel durchsetzen. Da sich die amerikanische Wirtschaft wieder auf dem Weg nach oben zu befinden scheint, hat die US-Notenbank beschlossen, ihre quantitativen Lockerungen allmählich zu reduzieren. Auch in der EU und Japan gab es eine Wende.

China treibt die Einrichtung von Freihandelszonen mit großem Enthusiasmus voran, um ein günstiges Wirtschaftsumfeld zu schaffen. Angesichts einer ganzen Reihe von Maßnahmen, die in der zweiten Jahreshälfte gestartet wurden, wird der Außenhandel wahrscheinlich zulegen. Berechnungen zufolge werden Exporte im vierten Quartal um 7,5 Prozent und im gesamten Jahr um 8,5 Prozent wachsen. Das Außenhandelsüberschuss wird 260 Milliarden Dollar erreichen, ein Plus von 16 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. 

Verbraucherpreise werden moderat steigen. Die Überschwemmungen in Nordchina und die Hitzewelle im ganzen Land werden eventuell zu Schwankungen bei den Getreidepreisen führen. Aufgrund der Restrukturierung wird die Regierung Druck auf Anlageinvestitionen ausüben. Berechnungen zufolge wird die industrielle Produktion im vierten Quartal um 9,7 Prozent und im ganzen Jahr um 9,6 Prozent zu legen.

"Auch wenn der Aufschwung vielleicht nachlässt, wird er sich bis ins vierte Quartal halten", erklärte Niu vom Staatlichen Informationszentrum. "In Zukunft wird die Wirtschaft stabiler wachsen."

 

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