Die Wirtschaft hat die Talsohle erreicht und sollte langfristig jeden Zweifel ausräumen können.
Rollen und Ringe: Ein Arbeiter überprüft in der Dongbei Special Steel Group-Zentrale in Dalian (Provinz Liaoning) die Oberfläche von rostfreiem Stahl. Chinas Industrieproduktion wuchs im August stabil. (Liu Debin)
Die Anfang September veröffentlichten Wirtschaftdaten vom August zeigen einmal mehr, dass Chinas Wirtschaft Fahrt aufgenommen hat, ein Affront für Schwarzseher, die über lange Zeit eine harte Landung für die zweitgrößte Wirtschaftsmacht der Welt vorhergesagt hatten.
Die Realwirtschaft ist Grundlage der Wirtschaft eines Landes und direkt an Arbeitsplätze geknüpft. Laut dem Staatlichen Statistikamt (SSA) stieg der Einkaufsmanagerindex im produzierenden Gewerbe von 50,3 im Juli auf 53 im August und erreichte somit den höchsten Wert seit April vergangenen Jahres. Ein Wert über 50 gilt als ein Hinweis auf Expansion. Die industrielle Mehrwertproduktion stieg erstmals in diesem Jahr auf über zehn Prozent (10,4 Prozent). Auch die Exporte nahmen nach Angaben des Hauptzollamts vom 8. September im August unerwartet um 7,2 Prozent zu.
Der Kapitalmarkt reagierte sofort auf die positiven Wirtschaftsdaten. Seit September ist Chinas Aktienmarkt im Aufwind. Als das SSA am 9. September mit der Veröffentlichung der Wirtschaftszahlen begann, stieg der Shanghai Stock Exchange Composite Index um 3,39 Prozent, ein in den vergangenen drei Jahren selten gesehener Sprung nach oben.
Das Wachstum übersteige die Markterwartungen, alle Daten wiesen auf eine Konjunkturerholung hin, erklärt Wang Jun, Wissenschaftler am China Center for International Economic Exchanges.
Internationale Investmentbanken, darunter Goldman Sachs, HSBC, Standard Chartered und JPMorgan Chase & Co., sowie internationale Wirtschaftsforschungsinstitute haben ihre Prognosen für das BIP-Wachstum in China für 2013 erhöht.
Unter den gegenwärtigen Bedingungen wird die chinesische Wirtschaft das Anfang des Jahres aufgestellte Wachstumsziel von 7,5 Prozent erreichen. Abgesehen von unerwarteten Umständen ist damit zu rechnen, dass langfristig ein stabiles Wachstum von 7 bis 8 Prozent aufrechterhalten werden kann.
Die August-Daten sollten die Behauptungen von einer "harten Landung" für die chinesische Wirtschaft entkräften und der chinesischen Regierung mehr Spielraum für die Vertiefung der Wirtschaftsreformen und die Neuausrichtung der Wirtschaft von Investitionsabhängigkeit und Exporten hin zu mehr Verbrauch geben. „Für Chinas Wirtschaft beginnt eine Phase der Qualität und des effizienten Wachstums. Diese zweite Wachstumsphase wird eine aufregendere Geschichte schreiben", erklärte Chinas Premier Li Keqiang bei der Eröffnungszeremonie für das 11. Davos-Sommerforum in Dalian (Provinz Laioning) am 11. September.
Die dritte Plenarsitzung des 18. ZK der KP Chinas, auf der wichtige Ankündigungen zu Wirtschaftsreformen erwartet werden, wird im November stattfinden. Da die Tagung den Kurs und die Tonart der Wirtschaft für die nächsten fünf bis zehn Jahre festlegen und die Regierungskompetenz der neuen Führungsspitze zeigen soll, sind die Erwartungen in der Öffentlichkeit hoch.
Reform bringt Vorteile
In der ersten Jahreshälfte wuchs die chinesische Wirtschaft langsam, ein klarer Indikator dafür, dass sich die Wirtschaft im Wandel befand, um in Übereinstimmung mit den Regierungsplänen Umweltverschmutzung und hohen Energieverbrauch zu verringern.
Viele Ökonomen prognostizierten, dass die Konjunkturverlangsamung aufgrund des Wandlungsprozesses eine ganze Weile andauern würde, die August-Daten zeigen jedoch, dass die Periode der "Schmerzen" vorbei ist bzw. bald vorbei sein könnte und China ermöglicht, eine Phase gesünderen und nachhaltigeren Wachstums einzuleiten.
Um während der Veränderung des Wachstumsmodells für Stabilität zu sorgen, hat die neue Führung ein Dutzend Reformmaßnahmen an den Start gebracht, so haben untere Regierungsebenen mehr Entscheidungsvollmachten erhalten, die Untergrenzen für Kreditzinsen wurden abgeschafft, die Entwicklung energiesparender Industrien und des Umweltschutzes beschleunigt, die finanziellen Hilfen für Klein- und Kleinstunternehmen verstärkt und es wurde eine Freihandelszone in Shanghai errichtet. Die Zahlen vom August zeigen, dass die Maßnahmen einige Wirkung erzielt haben, die politische Dividende hat einen Impuls für stabiles Wachstum erzeugt.
Blick in die Zukunft
Chinas Strategien zur Sicherung stabilen Wachstums werden nicht nur das gegenwärtige Wachstum berücksichtigen, sondern auch ein gesundes und nachhaltiges Wachstum in der Zukunft.
Die Konjunktur erhole sich bereits wieder und werde in der zweiten Jahreshälfte aller Voraussicht nach stabil bleiben, erklärte Hu Chi, Wissenschaftler am staatseigenen Forschungszentrum für Assets Supervision and Administration Commission. Die steigende Verschuldung von Lokalregierungen, weniger Investitionen in die Produktion, schwache Zuwächse bei den Unternehmensgewinnen und vor allem der Gewinnrückgang bei Privatunternehmen gäben jedoch Anlass zur Sorge, dass das Wachstum ausgebremst werden könnte.
Für Chinas Wirtschaft sei es nahezu unmöglich, zu einem zweistelligen Wachstum zurückzukehren, fügte er hinzu, einer Leistung, der es sich über 30 lange Jahre hinweg erfreuen konnte. Ein Wachstum von 7 bis 8 Prozent in den nächsten 20 Jahren sei ausreichend, um den Erfordernissen des ökonomischen Wandels gerecht zu werden, sagte er.
Einem Bericht von Everbright Securities Co. Ltd. zufolge haben Verbrauch und Investitionen in die Produktion mehr Wachstumsspielraum. Auch wenn die Neuigkeiten vom August willkommen seien, seien viele der positiven Zahlen auf Investitionen in die Infrastruktur zurückzuführen, worauf man bei der Erhaltung langfristigen Wachstums nicht bauen könne.
"In dieser Hinsicht sind wir beunruhigt darüber, wie lange die Konjunkturbelebung anhalten wird", heißt es im Bericht. "Nur wenn Verbrauch und Exporte künftig den Staffelstab aus den Investitionen in die Infrastruktur aufnehmen können, kann die Wirtschaftsbelebung aufrechterhalten werden."
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