Inspektoren sind im ganzen Land unterwegs, um die Korruption zu bekämpfen
Auf dem Treffen vom 17. Mai erklärte Chinas oberster Korruptionsbekämpfer Wang Qishan(mitte), Aufgabe der Inspektoren sei es, Praktiken wie Bestechung und Amtsmissbrauch sowie Arbeitsmethoden wie übertriebenen Formalismus, Bürokratie, Genusssucht und Verschwendung aufzudecken. Xie Huanchi
Zehn Inspektionsteams sind von offizieller Stelle in fünf Regionen auf Provinzebene, ein Ministerium, drei staatliche Unternehmen und eine Universität entsandt worden, um leitende Beamte zu überprüfen und Chinas entschlossenen Kampf gegen die Korruption zu demonstrieren, heißt es in einer Stellungnahme des Büros der leitenden Inspektionsgruppe.
Die Besuche der Inspektoren werden rund zwei Monate dauern. Das Büro veröffentlichte Kontaktdaten, damit Bürger sich mit ihren Hinweisen an sie wenden können.
Als Teil der verstärkten Anti-Korruptionsbemühungen des Landes würden sich die Inspektoren bei ihren Routinekontrollen in diesem Jahr auf die Aufdeckung von Korruptionsfällen konzentrieren, hieß es bei einem Mobilmachungs- und Ausbildungstreffen der Inspektoren am 17. Mai.
Die Überprüfung der Integrität der Beamten zähle einerseits zu den vorgeschriebenen Aufgaben, sei aber auch Teil eines breiter gefassten Ansatzes, erklärte Liu Changmin, Professorin an der Universität für Politikwissenschaften und Recht in Beijing.
"Meines Wissens nach ist der Kampf gegen die Korruption von den vorherigen Inspektionsteams der Partei niemals derart betont worden", sagte sie.
Auf dem Treffen vom 17. Mai erklärte Chinas oberster Korruptionsbekämpfer Wang Qishan, Aufgabe der Inspektoren sei es, Praktiken wie Bestechung und Amtsmissbrauch sowie Arbeitsmethoden wie übertriebenen Formalismus, Bürokratie, Genusssucht und Verschwendung aufzudecken.
Ebenso sollen Verstöße gegen die Parteidisziplin und Korruption bei der Auswahl und Förderung(Beförderung) von Funktionären untersucht werden, erläutert Wang, Sekretär der Zentralen Disziplinkontrollkommission bei der KP Chinas.
"Dadurch, dass der Kampf gegen die Korruption in diesem Jahr für die Inspektoren an die oberste Stelle gerückt ist, will sich die Partei zweifelsohne mehr öffentliche Unterstützung sichern und die Glaubwürdigkeit lokaler Behörden erhöhen", sagt Li Chengyan, Direktor des Forschungszentrums für Clean Government Construction an der Peking University.
Ein Jahrzehnt der Evolution
Chinas zentrales Kontrollsystem stammt aus dem Jahr 1996, als die CCDI beschloss, Beamte auf Ministerebene mit der Kontrolle lokaler Verwaltungen zu beauftragen. Das System wurde 2002 vom 16. Parteitag der KPCh bestätigt.
2003 richtete die Partei fünf Teams zur Überprüfung leitender lokaler Beamter ein. Dies war der offizielle Startschuss für das Kontrollsystem. Zurzeit gibt es zwölf solcher Teams und die Inspektoren haben ein offizielles Mandat durch das Parteistatut der KPCh. 2010 wurden selbst militärische Einrichtungen durch sie beaufsichtigt.
Es gibt Inspektionsorgane auf unterschiedlichen Ebenen, um Beamte auf der jeweils niedrigeren Ebenen zu überwachen. Die staatseigene Assets Supervision and Administration Commission des Staatsrats ist für die Inspektion und Kontrolle staatseigener Unternehmen zuständig.
In diesem Jahr wurden fünf der insgesamt zwölf Inspektionsteams in das Autonome Gebiet Innere Mongolei, Chongqing sowie die Provinzen Jiangxi, Guizhou und Hubei geschickt. Weitere fünf Teams nehmen das Ministerium für Wasserwirtschaft, die Export-Import Bank von China, die China Grain Reserves Corp., die China Publishing Group und die Renmin University unter die Lupe.
Die Inspektoren sollen die Parteiorganisation auf allen Regierungsebenen sowie staatliche Unternehmen untersuchen. Dazu lesen sie u.a. Berichte, gehen Hinweisen aus der Öffentlichkeit nach, befragen Beamte und prüfen Dokumente.
Die Teams erstatten dann ihrer Einsatzgruppe Bericht. Diese überprüft ihr Vorgehen und gibt den kontrollierten Behörden innerhalb von 15 Tagen nach der offiziellen Absegnung des Kontrollberichts ein Feedback und unterbreitet Vorschläge.
Nach erfolgter Inspektion sind die Parteiorganisationen verpflichtet, innerhalb von 60 Arbeitstagen einen Verbesserungsplan einzureichen, der auf dem erhaltenen Feedback und Vorschlägen basiert. Innerhalb eines Jahres danach müssen sie einen Ergebnisbericht präsentieren.
Einige Veränderungen betreffen in diesem Jahr auch die Inspektoren. Darunter ein Erlass, dem zufolge der Lieter jedes Teams vor jeder Aktion namentlich genannt wird.
Diese Reform solle Teamleiter davon abhalten, persönliche Beziehungen zu den inspizierten Behörden aufzubauen, erklärte Liang Musheng, Juraprofessor an der Huazhong University of Science and Technology in Wuhan (Provinz Hubei).
"Die aufgabenorientierte Ernennung macht die Führungsposition zu einer befristeten Angelegenheit, das garantiert Unabhängigkeit", so Liang.
Ratten aus ihren Löchern vertreiben
„Seit ihrer Gründung haben sich zentrale Inspektionsteams auf das Aufdecken von korruptem Verhalten bei leitenden Provinz- und Ministeriumsbeamten konzentriert", erklärt Wang Yukai, Professor an der Chinesischen Academy of Governance.
Dank ihrer Bemühungen konnten viele Beamte überführt und bestraft werden, darunter Chen Liangyu, ehemaliger Parteichef in Shanghai, der in einen Pensionsskandal in Höhe von 3,45 Milliarden Yuan verwickelt war. Chen wurde seines Amtes enthoben, 2006 verhaftet und 2008 zu 18 Jahren Gefängnis wegen Bestechlichkeit und Amtsmissbrauch verurteilt.
"In diesem Jahr werden die Inspektoren auch ein Auge auf die Vermögen im nahen familiären Umfeld der Beamten werfen", sagt Wang. Er fordert außerdem eine Loslösung vom traditionellen Inspektionsmodell, um zu verhindern, dass sich Behörden im Vorfeld auf Inspektionen vorbereiten oder auf andere Weise Kontrollen behindern.
Nach Angaben der CCDI ist jeder willkommen, der unter seinem echten Namen mögliche Korruptionsfälle melden will. Aber man werde nicht insistieren, wenn Informanten anonym bleiben wollten, hieß es.
Diejenigen, die sich von der Justiz vernachlässigt fühlen, heften sich an die Fersen der Inspektoren, um ihre Beschwerden zum Ausdruck zu bringen. Als die Inspektoren im April 2011 nach Shanghai kamen, versammelten sich Hunderte von Bittstellern vor ihrem Bürogebäude, in den Händen Bettlaken, auf die sie Protest-Slogans gekritzelt hatten. Auch wenn das Team sich nicht um jeden Einzelfall kümmern konnte, konnte es doch einige Informationen an zuständige Behörden weitergeben.
Eher als sich auf Hinweise zu verlassen, wollen die Inspektoren ihre „Beute" selbst ködern. Dazu laden sie Beamte unter Korruptionsverdacht zu diskreten Treffen ein.
"Private Gespräche sind einer der wichtigsten Bestandteile unserer Arbeit", erklärte der ehemalige Chefinspektor Qi Peiwen 2008 in einem Interview mit CCTV. „Der Vorteil solcher Gespräche ist es, dass sich die Beamten entspannen und in vertraulicher Atmosphäre eher bereit sind zu reden."
Li Baojin, Tianjins ehemaliger oberster Staatsanwalt, wurde auf diese Weise der Korruption überführt.
2006, ein Jahr bevor er wegen Veruntreuung von 20 Millionen Yuan zum Tod auf Bewährung verurteilt wurde, erklärte er Qis Team noch, dass es jederzeit zu ihm kommen könnte, wenn es irgendwelche Probleme in Tianjin gäbe.
"Alles, was der Bürgermeister nicht lösen kann, ich bin in der Lage dazu ", versicherte Li damals. Seine Kommentare erwiesen sich am Ende als sein Verderben. Sie lösten Ermittlungen darüber aus, wie einflussreich er wirklich war.
Die anschließenden Nachforschungen ergaben, dass Li zwischen 1996 und 2006 in seiner Zeit als oberster Staatsanwalt und stellvertretender Polizeichef Bestechungsgelder von acht Unternehmen in Tianjin angenommen hatte. 2009 wurde er hingerichtet.
Qi gibt zu, dass nicht jeder Beamte bereit ist, zweifelhafte Geschäfte seiner Vorgesetzten zu enthüllen. Oft müssen die Inspektoren sie dazu überreden, belastende Informationen herauszurücken.
Xu Danei, Kolumnist bei der chinesischen Online-Ausgabe der Financial Times, forderte von den zentralen Behörden die Einrichtung eines speziellen Online-Inspektions-Teams zur Bekämpfung der Korruption.
Ende 2012 lag die Zahl der Internetnutzer in China bei 564 Millionen. 12 Prozent der Hinweise, die zu Korruptionsermittlungen führten, kamen aus dem Netz. 2008 bis 2012 erreichten mehr als 300.100 Hinweise die CCDI und das Überwachungsministerium, so Zhang Shaolong, Vizedirektor des Letters and Calls Office bei der CCDI.
"Online gibt es unheimlich viele Hinweise, manche sind nützlich, andere schlicht falsch. Aber ich denke, dass die Inspektoren in der Lage sein sollten, sie alle zu überprüfen", erklärte Xu.
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