Beate Grzeski(mitte), Leiterin der Wirtschaftabteilung der deutschen Botschaft in China
Deutsche Unternehmen wollen ihr Chinageschäft trotz des geringeren Wirtschaftswachstums im Reich der Mitte weiter ausbauen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die die Deutsche Außenhandelskammer (AHK) am 1. Juli auf einer Pressekonferenz in Beijing vorgestellt hat. Demnach rechnen die Unternehmen damit, dass Gewinne und Umsätze weiter steigen, wenn auch moderater als in den vergangenen Jahren. Generell wollen deutsche Unternehmen in Zukunft ähnlich wie bisher in China investieren.
Deutschland als Partner in Chinas nächster Entwicklungsphase
Deutschland sei das erste EU-Land gewesen, das Chinas neuer Ministerpräsident Li Keqiang vor einem Monat besucht habe, betonte Beate Grzeski, Leiterin der Wirtschaftabteilung der deutschen Botschaft in China. Dabei kündigte er die Gründung einer chinesischen Handelskammer in Deutschland und anderer Organisationen zur Förderung von Investitionen an. „Deutschland kann und will China in der nächsten Entwicklungsphase als Partner begleiten", erklärte Grzeski.
Das Handelsvolumen zwischen China und Deutschland macht ein Drittel des Handelsvolumens mit der EU aus. Die Globalisierung sei eine große Herausforderung für China. Beide Länder könnten u.a. in den Bereichen Informationstechnologie, Umweltschutz und Landwirtschaft gut zusammenarbeiten. Deutschland sei zum wichtigsten Ziel für chinesische Investitionen in Europa geworden. Allerdings stehen einige Bereiche wie der Dienstleistungssektor ausländischen Unternehmen noch nicht offen. Einige deutsche Unternehmen sind seit Jahrzehnten in China und bereit, die technologische und nachhaltige Entwicklung des Landes voranzutreiben. Ministerpräsident Li Keqiang habe auch versprochen, Chinas Markt für ausländische Investitionen weiter zu öffnen, betonte Gretzki. Dies sei ein wichtiges Signal.
Deutsche Unternehmen zuversichtlich
Jörg Mull, Vize-Präsident der Finanzabteilung der Volkswagen Group China und Präsident der deutschen Handelskammer in Nordchina, präsentierte anschließend Details aus der Umfrage der Handelskammer. 512 Unternehmen nahmen daran teil, die meistens aus dem Mittelstand sowie Unternehmen, die ausschließlich aus dem Ausland finanziert werden.
Insgesamt sehen deutsche Unternehmen demnach das wirtschaftliche Umfeld deutlich positiver als im vergangenen Jahr. Besonders in Südchina zeigen sie sich optimistisch, dass es nach zwei schwierigen Jahren mit zurückgehenden chinesischen Exporten wieder aufwärts geht. Prinzipiell erwartet man weniger starkes Wachstum als in den vergangenen Jahren, aber geht in der Mehrheit (78 Prozent) davon aus, die Geschäftsziele 2013 zu erreichen.
Laut Umfrage wollen 89 Prozent der befragten Unternehmen in Zukunft ähnlich wie bisher oder sogar mehr in China investieren. Vor allem die Elektronik-, Automobil-, Chemie- sowie die Plastik und Metall verarbeitende Industrie planen neue Investitionen. Besonders interessant sind dabei die Wirtschaftszentren Shanghai, Beijing und Chengdu. Hinzugekommen zu den zehn meistgenannten Standorten sind dieses Jahr Shenyang und Nanjing.
Mehr als die Hälfte der Unternehmen fühlt sich dabei von lokalen Regierungsstellen angemessen unterstützt – in 2nd Tier Cities sind es im Schnitt rund zehn Prozent mehr als in den nationalen Wirtschaftszentren.
Erwartungsgemäß sind das Verkaufspotenzial und die Nähe zum Kunden die wichtigsten Gründe für deutsche Unternehmen, in China aktiv zu sein. Auch geringe Produktionskosten spielen weiterhin für rund jedes dritte Unternehmen eine Rolle – im Maschinenbau sowie bei der Plastik- und Metallverarbeitung trifft dies für über 40 Prozent zu. Die Steigerung der Produktivität gilt als ein wichtiger Impuls für künftiges Wachstum der Automobil- und Maschinenbauindustrie im Reich der Mitte.
Die meisten deutschen Unternehmen nehmen weiterhin einen zunehmenden Wettbewerb wahr. Lediglich 5 Prozent der Unternehmen geben an, nicht mit chinesischen Firmen zu konkurrieren. Dabei gewinnen unter anderem chinesische Innovationen an Bedeutung. Konsequenterweise überlegt mehr als jedes zweite Unternehmen, in Zukunft verstärkt selbst in China Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Besonders die in den vergangenen Jahren zurückhaltenden Maschinenbauer geben an, hier in Zukunft stärker aktiv werden zu wollen.
Bei den Herausforderungen dominieren weiterhin Personalthemen. Während das Finden und Halten von Personal sich im Gegensatz zum letzten Jahr leicht entspannt, sind steigende Arbeitskosten weiterhin für über 80 Prozent der Unternehmen ein Problem.
Der Schutz von geistigem Eigentum steht dieses Jahr wieder mehr im Fokus. Mehr als jede zweite Firma sieht sich 2013 mit entsprechenden Problemen konfrontiert. Besonders betroffen sind Automobil- (64 Prozent) und Maschinenbauer (60 Prozent).
Obwohl Sozialversicherungskosten und Währungsrisiken ein wenig an Brisanz am chinesischen Markt verlieren, nehmen „aufgrund des neuen Regierungsschwerpunktes die Kosten von Umweltauflagen zu", erklärte Mull.
Die Bedeutung von Innovationen wird nach Einschätzung der deutschen Unternehmen in den nächsten fünf Jahren dramatisch zunehmen, erklärte Ulrich K. Frenzel, Direktor der Business Unit Lean Innovation bei der Staufen AG. Dabei geht es nicht mehr nur um kleinere Anpassungen von Produkten und Dienstleistungen, sondern um neue oder deutlich verbesserte Lösungen. Über die Hälfte der befragten Unternehmen plant eine Budgeterhöhung von mindestens fünf bis zehn Prozent, einige sogar über 20 Prozent.
Eines der größten Investitionshemmnisse für die befragten Unternehmen ist offensichtlich der Mangel an qualifiziertem Personal. Auffallend sei die bislang starke deutsche Prägung der Innovationsaktivitäten in China. So liegt die Verantwortung der verantwortlichen Abteilungen zu über 50 Prozent bei deutschen Managern. Auch bei den Kooperationspartnern für Innovationsprojekte steht das deutsche Mutterhaus bei über 75 Prozent an erster Stelle.
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