Zur Weiterentwicklung seiner Outsourcing-Industrie setzt Fuzhou auf seine Kontakte zu Taiwan.
Erfolg durch Geschäftsverbindungen zu Taiwan: Mitarbeiter der Newland Group in Fuzhou (Provinz Fujian) überprüfen PC-Teile. Das Unternehmen ist das erste des chinesischen Festlands, das in Taiwan investiert hat.
Fuzhou, eine Küstenstadt an der Taiwan-Straße, verzeichnet zurzeit ein rasantes Wachstum beim Outsourcing von Dienstleistungen. Die Zuwächse betreffen Software-Entwicklung, Computer-Animation, Online-Spiele, Telekommunikations-Dienste und Logistik.
Die Newland Group ist ein privates Hightech-Unternehmen, das seinen Kunden umfassende IT-Lösungen anbietet.
Mit einem Nettovermögen von mehr als 700 Millionen Yuan (87,5 Millionen Euro) hat sich das Unternehmen aus Fuzhou, der Hauptstadt der Provinz Fujian, einen Namen als Dienstleister für IT-Outsourcing gemacht.
Newland ist nur eines von vielen chinesischen Unternehmen, das auf diesen lukrativen und boomenden Markt drängt. Das Outsourcing von Dienstleistungen nimmt zu, China will sein weltweites Image als Hersteller von Billigprodukten loswerden. Nach Indien ist es zum weltweit zweitgrößten Anbieter für Outsourcing geworden.
Chinesische Firmen nahmen nach Angaben des Handelsministeriums (MOFCOM) im ersten Quartal Outsourcing-Aufträge im Wert von 11,7 Milliarden Yuan (1,45 Milliarden Euro) entgegen, 43,6 Prozent mehr als im Vorjahr. Der Outsourcing-Sektor beschäftigte im März 4,46 Millionen Mitarbeiter und erhielt 2012 Auslandsaufträge in Höhe von 33,6 Milliarden Dollar. Zum Vergleich: 2008 beliefen sich die Aufträge auf 4,69 Millionen Dollar. Der globale Marktanteil lag 2012 bei 27,7 Prozent, 2008 waren es lediglich 7,7 Prozent.
Durch Outsourcing wird ein breites Spektrum von Unternehmenswünschen wie Call Center, IT-Lösungen, Datenspeicherung und Cloud Computing realisiert. Anfangs nahmen nur Unternehmen diese Dienstleistungen in Anspruch, jetzt wollen auch immer mehr Regierungs- und Finanzinstitutionen outsourcen.
"Fuzhou bietet viele Vorzüge, um zu einem Zentrum für Outsourcing zu werden", erklärte Vize-Bürgermeister Chen Ye beim China Fuzhou International Outsourcing Forum, einer Veranstaltung, die am Rande der Cross-Straits Fair für Economy und Trade am 18. Mai stattfand. „Unser wichtigster Vorteil ist die geographische Nähe zu Taiwan. Als nächstgelegene Provinzhauptstadt pflegt Fuzhou eine Politik, die eine Kooperation mit Taiwan fördert."
In den vergangenen Jahren verzeichnete die Outsourcing-Branche zweistellige Zuwachsraten. Ende 2012 waren in Fuzhou insgesamt 585 Firmen in diesem Sektor tätig. Sie nahmen Aufträge aus dem Ausland in Höhe von 506 Millionen Dollar entgegen, 45 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Inlandsaufträge beliefen sich auf 38,6 Milliarden Yuan (4,8 Milliarden Euro), 33 Prozent mehr als im Vorjahr, hieß es in einer Stellungnahme der Stadtregierung.
Fuzhou hofft, bei der Entwicklung seines Outsourcing-Sektors von Taiwans Erfahrung im Hightech-Bereich und seinem Vorsprung beim Outsourcing profitieren zu können. Unternehmen hoffen, dass taiwanesische Firmen ihnen dabei helfen, internationale Verträge an Land zu ziehen.
"Die Stadt rühmt sich ihrer zahlreichen und schnell wachsenden Software-Unternehmen, ihrer guten Infrastruktur und eines großen Markts mit viel Potenzial. Im Gegenzug dazu verfügt Taiwan über solide internationale Erfahrungen sowie ausgereifte Geschäftsabläufe und -modelle. Beide Regionen ergänzen sich optimal. Sie sollten beim Outsourcing von Dienstleistungen enger zusammenarbeiten und gemeinsam den internationalen Markt erobern."
Taiwan hat eine hoch entwickelte Dienstleistungsindustrie, mit der es 70 Prozent seines BIP erwirtschaftet. Es hat außerdem Einfluss auf globale IT-Marken. Wenn beide Regionen ihre Zusammenarbeit erweitern und sich ergänzen könnten, wäre das für beide Seiten von großem Vorteil, so Wan.
Um sich bessere Geschäftsmöglichkeiten in Taiwan zu erschließen, erwarb Newland 2009 58 Prozent Anteile an einem dortigen IT-Unternehmen. Newland war damit die erste Firma vom chinesischen Festland, die in Taiwan investierte. Mit diesem Vorgehen habe man vier Ziele verfolgt, erklärte Vorstandsvorsitzender Hu Gang: die Entwicklung des Taiwan-Markts, die Erschließung des internationalen Markts von Taiwan aus sowie die Verbesserung von Produktdesign und Produktionskapazität.
"Newland hat all diese Ziele durch die Investitionen in Taiwan erreicht. Der Marktanteil vergrößert sich, unsere Produkte werden in viele Länder verkauft. Unser Taiwan-Ableger macht Gewinn", sagt Hu. „Wir haben außerdem von zwei weiteren Vorteilen profitiert. Zum einen konnten wir von der größeren Erfahrung Taiwans mit geistigen Eigentumsrechten lernen. Zum anderen haben wir nun einen dauerhaften Zugang zu qualifiziertem taiwanesischem Personal, das wir für Outsourcing-Unternehmen auf dem chinesischen Festland anwerben können."
Newland-Präsident Wang Jin erklärte gegenüber der Beijing Review, dass Taiwan für das Unternehmen eine Möglichkeit sei, um auf dem südostasiatischen Markt und dem Weltmarkt Fuß zu fassen. „Wir haben etwas Angst davor, gegen internationale Rechtsvorschriften, gängige Geschäftspraktiken oder geistige Eigentumsrechte zu verstoßen, das ist für Newland eine heikle Angelegenheit. Taiwan hat hier einen Vorsprung. Es ist mit der Erfüllung internationaler Vorschriften besser vertraut. Davon sollten wir wirklich lernen", erklärte Wang.
Weitere Herausforderungen
Die Outsourcing-Industrie von Fuzhou befindet sich immer noch am unteren Ende der industriellen Wertschöpfungskette und wirft nur geringe Gewinne ab. Fuzhou will sich in Zukunft besonders beim Technologie-Outsourcing (ITO), Business Process Outsourcing (BPO) und Knowledge Process Outsourcing (KPO) hervortun. Den größten Anteil machte 2012 mit einem Anteil von 70,42 Prozent an den Gesamteinnahmen das ITO aus, BPO und KPO, die über einen höheren Mehrwert verfügen, deckten 20,19 Prozent bzw. 9,39 Prozent ab.
Fuzhou steht in hartem Wettbewerb mit Städten wie Chengdu, Nanjing, Hefei und Suzhou und seinem Dauer-Rivalen Indien, der „wegen der englischen Sprache, niedrigerer Kosten, einem großen Mitarbeiter-Pool und der Vertrautheit mit internationalen Vorschriften eine große Wettbewerbsstärke besitzt", so Zhu Xiaoming, Präsident der China Europe International Business School.
"Ich denke, dass auch China viele Vorteile hat. Erstens steht das Land wie andere Industriestaaten in den Startlöchern für die dritte industrielle Revolution – die digitale Revolution. Zweitens ist es als bevölkerungsreichstes Land ein riesiger und attraktiver Verbrauchermarkt für Outsourcer. Und schließlich hat China die meisten Hochschulabsolventen in der Welt", so Zhu. „Angesichts der harten Konkurrenz sind Produkt- und Dienstleistungsinnovationen die einzige Lösung."
China sei immer noch zu sehr auf die Produktion fokussiert, meint Peng Qiang, Vizepräsident von Softstone Co. Ltd., Chinas führendem Anbieter von IT-Lösungen.
"Das Geschäftsumfeld und die entsprechenden Strategien sind im Hinblick auf die Produktion miteinander verzahnt, nicht im Hinblick auf den Dienstleistungssektor. Das ist ein entscheidendes Hindernis für seine Weiterentwicklung in China", erklärte er. |