20-05-2013
Der Traum Chinas
Gute Aussichten für die Beziehungen zwischen dem Festland Chinas und Taiwan
von Lu Cuncheng

 Die Beziehungen zwischen dem chinesischen  Festland  und Taiwan  haben sich seit einem bahnbrechenden Treffen hochrangiger Politiker vor 20 Jahren bedeutend verbessert.

  

 

Lang erwarteter Handschlag: Wang Daohan (li.), Präsident der  "Gesellschaft für Beziehungen beiderseits der Taiwan-Straße"(Festland) mit Koo Chen-fu, dem Vorsitzenden der "Stiftung zum Austausch über die Taiwan-Straße" (Taiwan), in Singapur am 27. April 1993.

 

Am 27. April 1993 trafen sich Wang Daohan, Präsident der Gesellschaft für Beziehungen beiderseits der Taiwan-Straße" (ARATS) mit Koo Chen-fu, dem Vorsitzenden der "Stiftung zum Austausch über die Taiwan-Straße" (SEF) in Singapur.

Das historische Treffen legte den Grundstein für die friedliche Entwicklung der Beziehungen zwischen dem Festland und Taiwan in den vergangenen 20 Jahren.

Nach einer Jahrzehnte langen militärischen Pattsituation an der Straße von Taiwan nach 1949 erlaubten Taiwans Behörden 1987 erstmals Besuche im Festland. Das sorgte für Tauwetter in den beidseitigen Beziehungen. Durch den intensiveren Kontakt entstanden aber auch Probleme, die einen Mechanismus für regelmäßig stattfindende  Verhandlungen erforderlich machten.

SEF und ARATS wurden 1990 bzw. 1991 gegründet. Beides sind NGO-Organisationen, die von Taiwan und dem Festland bevollmächtigt wurden, offizielle Gespräche zu führen.

Koo, ein erfolgreicher Geschäftsmann aus Taiwan und Mitglied des Ständigen Ausschusses der Regierungspartei Kuomintang, war der erste Vorsitzende der SEF, Wang, ein ehemaliger Sekretär des KP-Parteikomitees von Shanghai, der erste Präsident der ARATS.

Am 28. April 1991 besuchte der damalige Vize-Vorsitzende der SEF, Chen Charng-Yen, erstmals das Festland und traf sich mit Tang Shubei, dem damaligen Vizeminister des Büros für Taiwanangelegenheiten im Staatsrat, zu einem ersten Meinungsaustausch über die taiwanesisch-festländischen Beziehungen. Bei einem späteren Treffen zwischen Chen und Wang Zhaoguo, dem damaligen Minister im Büro für Taiwanangelegenheiten, forderte Wang die schnellstmögliche Umsetzung einer beidseitigen Kommunikation sowie direkte Verbindungen im Handel, Luft- und Schiffsverkehr. Er verlieh auch seiner Hoffnung Ausdruck, dass die taiwanesischen Behörden die SEF ermächtigen würde, Verhandlungen mit der Partnerorganisation aus dem Festland zu führen. Die anschließend ins Leben gerufenen Treffen intensivierten den Kontakt und die Freundschaft zwischen SEF und ARATS und schufen die Voraussetzungen für spätere Gespräche über Angelegenheiten, die für beide Seiten der Taiwan-Straße von Belang waren.

 Am 30. März 1992 erklärte Tang, damals amtierender Vizepräsident der ARATS, dass es nötig sei, bei Verhandlungen und Vereinbarungen am Ein-China-Prinzip festzuhalten, und unterbreitete entsprechende Vorschläge. Einige Monate später, am 1. August, veröffentlichten taiwanesische Behörden eine Stellungnahme zu seiner Interpretation des Begriffs "Ein China".

Im September 1992 trafen sich die Generalsekretäre der SEF und der ARATS in Xiamen (Provinz Fujian) zu einem inoffiziellen Meinungsaustausch über die unterschiedliche Interpretation des Begriffs "Ein China". Am 3. Dezember 1992 einigte man sich darauf, dass "beide Seiten darin übereinstimmen, dass es nur ein China gebe und man die nationale Wiedervereinigung anstrebe". Beide Seiten vereinbarten, Meinungsverschiedenheiten über die politische Bedeutung des Begriffs "Ein China" beiseite zu legen. Die Vereinbarung zwischen der ARATS und der SEF, sich ausdrücklich und beidseitig dazu zu bekennen, dass "beide Seiten der Taiwan-Straße am "Ein-China-Prinzip" festhalten", auch bekannt als "Konsens von 1992", hat die Grundlage für die Zusammenarbeit und das gegenseitige Vertrauen bei anschließenden Gipfeltreffen der beiden Organisationen geschaffen.

Vom 27. bis 29. April 1993 fand das Wang-Koo-Gipfeltreffen in Singapur statt. Es war das erste öffentliche Treffen hochrangiger Politiker aus dem Festland und Taiwan nach 1949 und fand im Namen der Leiter von SEF und ARATS statt. In friedlicher Atmosphäre wurden vier Vereinbarungen zur Förderung des Handels und des Austauschs unterzeichnet.

Das Treffen begründete einen institutionalisierten Verhandlungsmechanismus zwischen dem Festland und Taiwan, der auf dem Ein-China-Prinzip basierte und Taiwans Politik der "drei Neins", d.h. "kein Kontakt, kein Kompromiss und keine Verhandlungen", praktisch ignorierte. Es wurde zum Modell für künftige Beratungsgespräche. Auch Handel und Austausch erlebten dadurch einen starken Anstoß, Menschen auf beiden Seiten der Taiwan-Straße konnten in der Folge ihr gemeinsames nationales Selbstverständnis stärken.

"Das Wang-Koo-Treffen war erfolgreich und fruchtbar, es bedeutete einen historischen Fortschritt für die Beziehungen zwischen dem Festland und Taiwan", erklärte der ehemalige Generalsekretär des Zentralkomitees der KP Chinas, Jiang Zemin, während eines Treffens mit einer Delegation von Bankern aus Taiwan am 6. Mai 1993.

 

 

Entwicklung friedlicher Beziehungen

In den vergangenen 20 Jahren folgten die Beziehungen dem Leitsatz der friedlichen Entwicklung und erzielten in politischer, wirtschaftlicher, kultureller und anderer Hinsicht einen Durchbruch.

Erstens wurden die Versuche bestimmter politischer Kräfte vereitelt, Taiwan von China zu trennen, und der "Konsens von 1992" als politische Basis für die Beziehungen etabliert. Das Festland errang einen entscheidenden Sieg im Kampf gegen die Kräfte der "Unabhängigkeit von Taiwan" um Lee Teng-hui und Chen Shui-ban. Ein Großteil der Bevölkerung Taiwans war gegen die "Unabhängigkeit von Taiwan", das legte den Grundstein für die historische Wende in den Beziehungen.

Im April und Mai 2005 traf sich Hu Jintao, ehemaliger Generalsekretär des Zentralkomitees der KP Chinas, mit Lien Chan, dem damaligen Vorsitzenden der Kuomintang, und Song Chu-yu, dem Vorsitzenden der People First Party. Das Festland und die wichtigsten politischen Kräfte Taiwans wurden sich erstmals in ihrer Haltung gegen die "Unabhängigkeit von Taiwan" einig, man insistierte gemeinsam auf dem "Konsens von 1992" und brachte so die Beziehungen weiter nach vorn. Auch nachdem die Kuomintang 2008 erneut an die Macht kam, kamen beide Seiten politisch darin überein, sich der "Unabhängigkeit von Taiwan" zu widersetzen und den "Konsens von 1992" aufrechtzuerhalten. Man hielt am Geist gegenseitigen Respekts fest, legte Differenzen bei, suchte nach einer gemeinsamen Basis und arbeitete an einer Kooperation, von der beide Seiten profitierten. Das Festland und Taiwan setzten zudem proaktive Strategien und Maßnahmen zur Weiterentwicklung ihrer Beziehungen um und folgten dabei dem Prinzip, zuerst einfache Angelegenheiten und Wirtschaftsfragen, dann schwierigere Angelegenheiten und politische Probleme anzugehen.

Zweitens wurden drei direkte, beidseitige und lückenlose "Verbindungskanäle" eingerichtet und der Austausch erweitert. Der Dialog zwischen ARATS und SEF wurde nach neunjähriger Unterbrechung im Juni 2008 wieder aufgenommen. Bis heute wurden 18 Vereinbarungen unterzeichnet, dazu zählt auch das wichtige Economic Cooperation Framework Agreement vom 29. Juni 2010. Die Vereinbarungen boten eine Lösung für praktische Probleme im gegenseitigen Kontakt. Die Verwirklichung direkter, beidseitiger und umfassender Post-, Handels-, Luft- und Schiffsverbindungen im Jahr 2009 erleichterte den Austausch wesentlich. Die wirtschaftliche Zusammenarbeit nahm zu. Unternehmen aus dem Festland  begannen, in Taiwan zu investieren.

Auch der persönliche Austausch trug Früchte. Das Cross-Straits-Forum, an dem ganz gewöhnliche Menschen teilnehmen, sowie der Zijinshan-Gipfel für Unternehmer wurden ins Leben gerufen und regelmäßig abgehalten. Beide Veranstaltungen dienten als neue Plattformen für einen persönlichen Austausch und Unternehmenskooperationen. Nachdem Taiwan 2008 Touristen aus dem Festland die Einreise erlaubte, wurden sie schnell zur größten Besuchergruppe in Taiwan.

Drittens haben sich Kultur- und Bildungsaustausch weiterentwickelt und die öffentliche Unterstützung für eine friedliche Entwicklung der Beziehungen zwischen Festland und Taiwan hat sich gefestigt. Menschen auf beiden Seiten haben effektive und kontinuierliche Plattformen zur Förderung des kulturellen und pädagogischen Austausches aufgebaut, die das gemeinsame nationale Selbstverständnis stärken und den Einfluss der "Unabhängigkeit von Taiwan" in Kultur und Erziehung eliminieren.

Das Festland versucht mehr und mehr, ganz normale Menschen aus Taiwan in Austauschprogramme einzubeziehen, damit sie von den verbesserten Beziehungen profitieren und sich beide Seiten emotional annähern können.

Die Unterstützer der "Unabhängigkeit von Taiwan" verlieren Anhänger, die Mehrheit der Bevölkerung Taiwans will eine friedliche Entwicklung der Beziehungen, das ist mittlerweile Teil der gängigen öffentlichen Meinung.

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