Die 113. Canton Fair zeigte, dass die Exporte wieder zulegen. Doch damit sind die Probleme für Chinas Exporteure nicht gelöst.
Menschenmassen: Teilnehmer strömen am ersten Tag der zweiten Phase der Canton Fair in die Messehalle.
Auf dem 18 Quadratmeter großen Messestand der Sunrise Packaging Machinery Group türmen sich die Maschinen. Bei der 113. Canton Fair konnte das Unternehmen gleich ein Dutzend Aufträge ausländischer Firmen aus Südostasien, dem Mittleren Osten, Europa und den USA an Land ziehen.
"Die Zahl der Auftraggeber und Messekunden ist höher als im vergangenen Jahr", sagt Gue Xuejuan, Repräsentantin des Maschinenbau-Unternehmens aus Tianjin, das seit elf Jahren an der Canton Fair teilnimmt.
Von einem kleinen Betrieb mit sechs Mitarbeitern entwickelte es sich zu einem regional führenden Unternehmen mit mehr als 200 Arbeitern. Den Grund für den Erfolg sieht Sunrise in den Handelsbeziehungen zu ausländischen Unternehmen. "Wir haben Managementfähigkeiten und technologisches Wissen von unseren Handelspartnern aus Europa übernommen, die wir bei Gelegenheiten wie der Canton Fair kennen gelernt haben", erklärt Gu, die ihre Aufregung um eine neue Handelspartnerschaft mit einem bekannten Lebensmittelhersteller aus Kuwait, der offenbar von der königlichen Familie unterstützt wird, nicht verbergen kann.
Aufgrund der andauernden wirtschaftlichen Unsicherheit in Europa und den USA nehmen Aufträge von Einkäufern aus dem Mittleren Osten, Südostasien und Lateinamerika zu.
"Der Wert der Verträge, die wir an den ersten fünf Tagen der Messe abgeschlossen haben, liegt leicht über dem vergangenen Jahr und wird in diesem Jahr voraussichtlich 20 Prozent der gesamten Aufträge aus dem Ausland ausmachen. Europäische und amerikanische Märkte haben leicht verloren", erklärte Chantal Ren, Vize-Geschäftsführerin von Taishan Aison Electrical Co.Ltd., einem Hersteller kleiner Elektrohaushaltsgeräte.
Obwohl Chinas Exporte durch Einkäufer aus nicht-traditionellen Märkten wieder anziehen, fragten sich viele nach Abschluss der Messe, wie lange der Exportboom angesichts von Arbeitskräftemangel und steigendem Yuan noch anhalten kann.
Die Messe
Farbenfrohe Auslage: Ein Stand mit Keramikprodukten bei der Canton Fair (23. April).
Die Canton Fair bzw. China Import and Export Fair ist die größte halbjährlich stattfindende Handelsmesse des Landes und gilt allgemein als Exportbarometer. Seit 1957 wird sie jeden Frühling und Herbst in Guangzhou (Provinz Guangdong) abgehalten, einem Außenhandelszentrum im Süden des Landes, unmittelbar nördlich von Hongkong. Die Messe wird vom Handelsministerium und der Provinzregierung ausgerichtet. China ist der größte Produzent von schweren Werkzeugen, Maschinen, Verbrauchsgütern und zahllosen anderen Gütern, daher wird die Messe in drei Phasen eingeteilt, die sich unterschiedlichen Produktkategorien widmen.
Am Eröffnungstag der Messe ging die offizielle E-Commerce-Plattform E-CantonFair.com an den Start. Das System beinhaltet einen Kreditindex für Lieferanten und Einkäufer, der auf Daten von der Regierung, Banken, Handelsverbänden und Kreditversicherungsorganisationen basiert.
"Früher haben wir auf die Messe gesetzt, um neue Kunden zu treffen und uns Aufträge zu sichern. Mittlerweile ist sie eher zu einer Werbeplattform für unsere Marke und unsere Unternehmenskultur geworden", erklärt Zhang Ye, stellvertretender Geschäftsführer der internationalen Marketingabteilung beim Elektronikhersteller Hisense.
"Aufgrund der breit gefächerten Vertriebskanäle für chinesische Exporteure können wir mehr Vertragsabschlüsse nach Ende der Messe erwarten", sagt Liu Jianjun, Messesprecher und stellvertretender Direktor des chinesischen Außenhandelszentrums.
Die Canton Fair hat eine Ausstellungsfläche von 1,6 Millionen Quadratmetern und fast 60.000 Messestände, zur 113. Ausgabe werden knapp 25.000 Unternehmen aus China und dem Ausland erwartet.
"Die Messe wird die globale Integration der heimischen Wirtschaft, die Stabilisierung der Exporte und die Ausweitung der Importe weiter fördern", so Vize-Handelsminister Li Jinzao.
Mehr als 200.000 Einkäufer aus dem Ausland werden zur Messe, die bis zum 5. Mai dauert, erwartet. Die erste Phase konzentriert sich auf Elektronik und elektrische Haushaltsgeräte, Beleuchtungskörper, Fahrzeuge, Ersatzteile und Maschinen. Nach Angaben der Organisatoren lag die Zahl der gemeldeten Teilnehmer bis zum 18. April um 10,5 Prozent höher als im Vorjahr. Die Zahl der Händler aus Europa, den USA und Japan nahm im Vorjahresvergleich um 2,2 Prozent ab (Europa: - 3,7 Prozent, USA: -1,8 Prozent, Japan: - 13,8 Prozent).
Eine Studie der Jiangsu-Handelsdelegation ergab, dass die Zahl der Messebesucher vor allem aus dem Mittleren Osten, Russland, der Türkei, Südamerika und Südostasien zugenommen hat, die Bereitschaft, direkt Aufträge zu erteilen, stagniert allerdings.
"Wenn ausländische Unternehmen Interesse an unseren Produkten haben, kontaktieren sie uns eher nach der Messe und besichtigen dann unsere Fabriken und Forschungsabteilungen, als direkt an Ort und Stelle eine Anzahlung zu machen wie in der Vergangenheit", sagt Gu.
Mit anderen Worten, man ist vorsichtiger geworden bei der Auftragsvergabe. "Aber das bedeutet nicht unbedingt, dass weniger Aufträge auf der Messe zustande kommen, viele bahnen sich erst nach Ende der Messe an. Ich denke, dass diese potenziellen Aufträge in diesem Jahr um zehn Prozent zunehmen werden", fügte sie hinzu.
Außenhandel
Nach Angaben des Handelsministeriums erwirtschaftete Chinas Außenhandel im ersten Quartal schätzungsweise 6,12 Billionen Yuan (765 Mrd. Euro), das sind 13,4 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Exporte in diesem Zeitraum beliefen sich auf 3,2 Billionen Yuan (400 Mrd. Euro), 18,4 Prozent mehr als im Vorjahr, Importe wuchsen gleichzeitig um 8,4 Prozent auf 2,9 Billionen Yuan (362,5 Mrd. Euro).
Laut einer Umfrage des Ministeriums unter 1900 Außenhandelsunternehmen haben Exportaufträge wieder zugenommen und das Vertrauen in den Außenhandel erholt sich. 38,7 Prozent der befragten Unternehmen verzeichneten einen Wertzuwachs ihrer Exportaufträge im März.
"Die Exportperspektive für das gesamte Jahr ist wegen der sich verändernden Auslandsnachfrage, steigender Rohstoffkosten und des erbitterten Wettbewerbs eventuell weniger optimistisch", erklärte Shen Danying, Sprecher des Handelsministeriums, am 18. April.
Durch die steigende Nachfrage aus Schwellenmärkten, einschließlich des Mittleren Ostens, Südamerikas, Russlands und Südostasiens, werde Chinas Außenhandel in diesem Jahr weiterhin konstant wachsen, so Liu.
Die Europäische Union braucht indes immer noch Zeit für einen beständigen Aufschwung und Japans Wirtschaft zeigt gerade einmal erste Anzeichen dafür.
"Wir haben einen Anstieg der Aufträge aus Ländern wie Südostasien, Zentral- und Südamerika und dem Mittleren Osten verzeichnet, während Aufträge aus Europa und den USA schwächelten", sagt Gu.
Am Eröffnungstag der 113. Canton Fair erreichte der Mittelkurs des Renminbi gegenüber dem Dollar ein neues Hoch von 6,2506. Nach einer Umfrage der Economic Information Daily setzt der ständig steigende Wechselkurs kleine Privatunternehmen unter Druck, da sie nur begrenzte Verhandlungsstärke im Handel besitzen. Statistiken zufolge stieg der Wechselkurs des Renminbi gegenüber dem Dollar seit Ende 2012 um 0,36 Prozent.
"Da der Wechselkurs des Renminbi in den vergangenen sechs Jahren von über 8 auf weniger als 6,2 gestiegen ist, gleichen wir wachsende Produktionskosten durch mehr Qualität und technischen Mehrwert aus, aber wir stehen immer noch etwas unter Druck", so Gu.
Die Betriebskosten für heimische Firmen bewegen sich weiterhin auf einem hohen Niveau, die Arbeitskosten steigen seit geraumer Weile. Seit Beginn diesen Jahres haben insgesamt 13 Provinzen und Städte ihre Mindestlöhne um durchschnittlich 16,9 Prozent angehoben
"Wir haben ein großes Problem damit, ausreichend Arbeitskräfte zu finden", sagt Wen Zhiman, der in der Marketing-Abteilung von Guangdong Shine Electric Appliances Co. Ltd. tätig war, einem kleinen Privatunternehmen, das ebenso an der Messe teilnahm.
Produkte aus den Nachbarländern sind allmählich international wettbewerbsfähig geworden und haben den Marktanteil chinesischer Firmen auf dem Auslandsmarkt reduziert, was im Fall von Japan und der EU besonders offensichtlich ist.
Diese Probleme und externe Faktoren wie der wachsende Handelsprotektionismus, die Reindustrialisierung der Industrieländer und die verstärkte Konkurrenz in arbeitsintensiven Industrien aus den Nachbarländern werden die chinesischen Exporte weiterhin überschatten.
Trotz komplexer äußerer Bedingungen stiegen die Auslieferungen des größten Exporteurs der Welt im März immer noch um 10 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, Grund dafür war der leichte globale Aufwärtstrend. "Die Weltwirtschaft dreht den Abwärtstrend um und stabilisiert sich langsam", sagt Liu.
|