Investitionen bedeuten Verantwortung: Der zweite China Overseas Investment Summit fand im August 2012 in Hongkong statt. Der Ruf chinesischer Unternehmen im Ausland beruht nicht nur auf ihren Beiträgen zum BPI, sondern auch auf der Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung.
Chinesische Unternehmen erhalten international Anerkennung dafür, dass sie bei Auslandsinvestitionen ihre gesellschaftliche Verantwortung nicht aus den Augen verlieren. Neue Regierungsinitiativen sollen die Messlatte noch höher legen.
Die China State Construction Engineering Corp. erhielt für das West Quad Living and Learning Center an der Universität von South Carolina das Silberne LEED-Zertifikat vom amerikanischen Green Building Council. Das LEED-Bewertungssystem (Leadership in Energy and Environmental Design) definiert und kontrolliert internationale Standards für nachhaltiges Bauen. Die chinesische National Petroleum Corporation gewann 2011 für ihr Projekt in Kasachstan zwei Auszeichnungen von der Regierung, den "Unternehmenspreis für nachhaltige Entwicklung" (Enterprise of Sustainable Development Prize) und den "Presidential 2011 Gold Paryz Award of Corporate Social Contribution". Gewürdigt wurden ihre Beiträge zur wirtschaftlichen und gesellschaftliche Entwicklung Kasachstans.
Allerdings gibt es längst nicht für alle Auslandsinvestoren Anerkennung in den Gastgeberländern. In Chile legen Anwohnerproteste gegen Umweltschäden die von Chinesen betriebenen Kupferminen immer wieder lahm. Afrikanische Regierungen lehnen Investmentprojekte aus China häufig aus Angst vor Umweltschäden und nachteiligen Auswirkungen auf die Tierwelt ab.
Am 28. Februar veröffentlichten das Handelsministerium (MOFCOM) und das Ministerium für Umweltschutz (MEP) gemeinsam die Umweltschutzleitlinien für Investitionen und Kooperationen im Ausland, die ersten ihrer Art für chinesische Unternehmen.
"Die meisten Investoren sehen die Notwendigkeit zum Umweltschutz, sie respektieren die Gesetze der Gastgeberländer und übernehmen aktiv gesellschaftliche Verantwortung. Einigen Unternehmen fehlen jedoch Erfahrungen im Umweltschutz, sie benötigen Orientierungshilfe", erklärte Yao Jian, Sprecher des MOFCOM in einer Presseerklärung anlässlich der Veröffentlichung der Leitlinien.
Die Leitlinien schreiben vor, dass Unternehmen Verantwortung für den Umweltschutz übernehmen, Religionen und Bräuche des Gastgeberlandes respektieren, Rechte und Interessen der Arbeiter schützen und ein Verständnis für das „Win-Win"-Verhältnis zwischen Profit und Umweltschutz entwickeln. Als Orientierung sollen internationale Standards wie die Grundsätze der UN für verantwortungsvolle Investitionen, die Leitlinien für multinationale Unternehmen, die Leitprinzipien der Weltbank und internationaler Finanzinstitute sowie Organisationen wie die Gesellschaft für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (GTZ) und die UN-Initiative „Global Compact" dienen.
Chen Lin, Wirtschaftsberater am Referat für Auslandsinvestitionen und wirtschaftliche Zusammenarbeit beim MOFCOM, erklärte, mit den neuen Leitlinien wolle die Regierung den chinesischen Firmen aufzeigen, wie sie verantwortungsvolle "Corporate Citizens" werden können.
Verantwortung übernehmen
Dass Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen, liegt mittlerweile weltweit im Trend. Corporate Social Responsability (CSR) betont den Schutz von Ressourcen und die Harmonie zwischen Mensch und Natur. Die internationale Gemeinschaft hat die entsprechenden Standards verbessert und verlangt, dass Unternehmen ihre Pflichten erfüllen. Manche Unternehmen fordern von Zulieferern mittlerweile Zertifikate, die belegen, dass sie ihre gesellschaftliche Verantwortung ernstnehmen, bevor sie Aufträge erteilen.
Chinas Auslandsinvestitionen steigen rasant. Nach Angaben des MOFCOM investierten Chinesen 2012 in 4425 Unternehmen in 141 Ländern und Regionen, die Direktinvestitionen beliefen sich auf insgesamt 77,2 Milliarden Dollar außerhalb des Finanzsektors, ein Zuwachs von 28,6 Prozent.
Angesichts eines sich wandelnden Investitionsumfelds, unterschiedlicher politischer Systeme, Kulturen und Arbeitsstrukturen sowie komplexer internationaler Beziehungen hatten einige chinesische Unternehmen Probleme, ihren gesellschaftlichen Pflichten nachzukommen. Internationale Medien kritisierten sie daraufhin als verantwortungslos.
Zahlreiche Firmen haben sich jedoch lange vor Erscheinen der Leitlinien zu ihrer gesellschaftrlichen Verantwortung bekannt. Die China Metallurgical Group Corp. betreibt eine Mine in Saindak in Pakistan und bietet Dorfbewohnern beispielsweise eine kostenlose medizinische Versorgung im Wert von 50.000 Dollar pro Jahr an. Das Unternehmen baute außerdem eine Schule, in der die Dorfkinder kostenlos unterrichtet werden. Trotz der weltweiten Finanzkrise fuhr die China Nonferrous Metal Mining Group Co. Ltd. in ihrer Kupfermine in Sambia weder die Produktion herunter, noch wurden Arbeiter entlassen oder Löhne zusammengestrichen.
Nach Zahlen des MOFCOM haben chinesische Unternehmen 2011 Steuern in Höhe von 22 Milliarden Dollar im Ausland gezahlt, von 1,22 Millionen Angestellten waren 888.000 bzw. 72,8 Prozent Einheimische.
Im Ausland tätige Unternehmen müssen noch viel im Hinblick auf ihre gesellschaftliche Verantwortung verbessern. Es mangele nicht an gutem Willen, aber manchmal am Verständnis für das Gastgeberland, erklärt Hao Jie, stellvertretender Direktor des Außenhandels- und Investmentbüros der Staatliche Kommission für Entwicklung und Reform.
Große und mittlere staatliche Unternehmen sind dabei erfolgreicher als kleine Privatunternehmen. Letzteren fehlt ein ausgearbeiteter Plan, um mit den Problemen vor Ort umzugehen. Manche Firmen verkaufen ihre durchaus guten Ergebnisse zudem einfach schlecht, andere wissen nicht, dass gesellchaftliche Verantwortung zu einer langfristigen nachhaltigen Unternehmensentwicklung gehört.
Zukünftige Schritte
"Mittel- und langfristig wird die Fähigkeit, den Anforderungen an gesellschaftliche Verantwortung gerecht zu werden, über den Erfolg chinesischer Unternehmen im Ausland entscheiden. Daher sollten Unternehmen und Regierung dem Thema ihre ganze Aufmerksamkeit schenken", sagt Hao.
In Entwicklungsländern in Asien, Afrika und Lateinamerika wächst das Bewusstsein für Arbeitsrechte und Umweltschutz, die Umweltschutzstandards erreichen internationale Richtwerte, so Hao. Das Verhalten chinesischer Investoren werde künftig strenger kontrolliert werden. Die meisten Investitionen in Südostasien, Afrika und Lateinamerika finden in umweltsensiblen Bereichen wie Öl- und Gasförderung, Bergbau, Wasserkraft, Fortwirtschaft oder dem Aufbau der Infrastruktur (Schnellstraßen, Eisenbahnen, etc.) statt.
Die Regierung sollte dafür sorgen, dass Unternehmen, die die Auflagen nicht erfüllen, die Umwelt schädigen oder die Rechte einheimischer Arbeiter missachten, sanktioniert werden, erklärte Hao.
Chinesische Firmen hätten über die Jahre enorme Fortschritte in puncto gesellschatlicher Verantwortung gemacht, meint MOFCOM-Sprecher Yao, das Ministerium werde ihnen auch künftig Hilfe anbieten. „Als nächstes werden wir Gesetzes- und Regelentwürfe ändern, um weitere Fortschritte im Umweltschutz zu erzielen."
Die Regierung wolle die Vorschriften um weitere Forderungen ergänzen. So müssten chinesische Firmen über die örtliche Rechtsprechung zu Themen wie Gewerkschaften, Arbeitsschutz, Besteuerung und Umweltschutz Bescheid wissen, erklärte Yao.
"Bei der Formulierung und Verbesserung der Gesetze und Vorschriften sollte die Regierung Umweltschutz und gesellschaftliche Verantwortung auch zu Kriterien für die Bewertung des Investitionserfolgs machen", sagte er.
Chi Changhai, Vize-Vorsitzender der China International Contractors Association, fordert, dass Industrieverbände eine wichtigere Rolle bei der Umsetzung unternehmerischer Verantwortung spielen sollten. Sie seien wichtige Kommunikationskanäle zwischen Regierung und Unternehmen, so Chi. Das MOFCOM fördert die Einrichtung von Verbänden in den Gastgeberländern.
"Industrieverbände können dabei helfen, das Geschäftsverhalten der Unternehmen zu regulieren. Sie können sicherstellen, dass gesellschaftliche Verantwortung wahrgenommen und destruktiver Wettbewerb vermieden wird. Sie vermitteln zwischen Unternehmen und Einheimischen, Gesellschaft, Regierung, religiösen Organisationen und Gewerkschaften", erklärte Chi.
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