Mannigfaltige Bereiche
Trotz eines „kleinen Schlagochs", als sich eine chinesische Firma 2009 nach großen Verlusten aus einem polnischen Autobahnprojekt zurückzog, hat China bei seinen Investitionen in den Aufbau der Infrastruktur Mittel- und Osteuropas seinen großen Elan beibehalten. Die China Road an Bridge Corp. unterzeichnete im April 2010 einen Vertrag mit der serbischen Regierung zum Bau einer Donaubrücke, ein Meilenstein in der bilateralen Zusammenarbeit. Chinesische Unternehmen der Informations- und Kommunikationstechnologie wie Huawei und ZTE haben Investitionen in ganz Mittel- und Osteuropa getätigt. China hat außerdem Kapital- und Technologieinvestitionen in Wasser-, Atom- und Wärmekraftwerke forciert. Bezogen auf Maschinenverarbeitung und – herstellung gab es Investitionen in Elektrogeräte, Autos und Schwermaschinen aus Ungarn, Polen, Bulgarien und Serbien.
Ende Januar 2012 kaufte die Liugong Machinery Corp. das polnische Baumaschinenunternehmen HSW, einen der größten Baumaschinenhersteller Mittel- und Osteuropas mit einem hervorragenden internationalen Ruf im Großmaschinenbau. Mit dem Erwerb von HSW kann Liugong nun seinen Einfluss auf dem gesamten europäischen Markt erweitern.
Im Bemühen, die o.a. konkurrierenden Industrien zu integrieren, hat China den Bau von Industrieparks in Mittel- und Osteuropa vorangetrieben, um Investoren aus der Heimat anzuziehen und deren Einfluss in der Region zu vergrößern. In den kommenden Jahren wird China eine immer wichtigere Rolle bei der Privatisierung großer staatseigener Finanz-, Telekommunikations-, Energie- und Stromkonzerne in Mittel- und Osteuropa Ländern spielen und als wichtiger Teilhaber von Stützindustrien agieren.
Chinas wichtigster Investitionsansatz besteht darin, eine komplette Industriekette nach Mittel- oder Osteuropa zu bringen und sie in ein Produktveredelungs- und ein Verkaufszentrum zu integrieren, so Herstellung und Verkauf chinesischer Waren zu verorten und zudem in den EU-, den russischen und den türkischen Markt einzusteigen. Ein gewisses Investitionsrisiko bleibt dennoch bestehen. Einige Mitglieder des EU-Parlaments erklärten, China sei willkommen, wenn seine Investitionen Arbeitsplätze und Gewinne schaffen würden, es müsse aber mit ernsthaftem Widerstand rechnen, wenn es Europa nur als Exportbasis und Verkaufszentrum benutzen wolle. Auch den Wettbewerb zwischen China und einigen europäischen Ländern kann man nicht einfach ignorieren. So besitzen beispielsweise sowohl Polen als auch Ungarn verarbeitende Industrien, die die Nachfrage des europäischen Marktes stillen. Beide Länder gelten auf dem EU-Markt als eine Miniaturausgabe Chinas.
Außerdem ist China mit den Ländern Mittel- und Osteuropas nach deren politischen Veränderungen wenig vertraut. Seit den frühen 1990er Jahren setzte die Mehrzahl dieser Länder ihre Priorität darauf, die Demokratie zu festigen, sich in den Westen zu integrieren und der EU beizutreten. China setzt sich vor allem für die Entwicklung seiner Wirtschaft und den Erhalt der sozialen Stabilität ein. China und Europa waren sich einst nah, doch sie entfremdeten sich durch ihre unterschiedlichen strategischen Entwicklungsausrichtungen nach Ende des Kalten Krieges.
Es gibt zudem unterschiedliche Sprachen, Kulturen, Ethnien, Religionen und historische Vergangenheiten in Mittel- und Osteuropa, all dies sind Faktoren, die es China erschweren, das dortige Anlageumfeld wirklich zu verstehen.
(Der Autor ist Forscher im Professorsrang am Institut für Europastudien der Chinesischen Akademie für Sozialwissenschaften)
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