Auf der Diaoyu-Insel, der größten Insel der gleichnamigen Inselgruppe, die seit alters her zum chinesischen Territorium gehört, errichteten in diesem Sommer die japanische Rechten mit der stillschweigenden Einwilligung und Unterstützung der japanischen Regierung einen Leuchtturm, auf dessen Spitze sie eine japanische Flagge aufpflanzten. Dieser provokative Akt des mutwilligen Eindringens in chinesisches Territorium kann beim chinesischen Volk nur Entrüstung hervorrufen.
Bemächtigungsversuche
Blickt man auf die Entwicklung der chinesisch-japanischen Beziehungen zurück, muß man feststellen, daß Japan schon lange ein Auge auf die Diaoyu-Inseln geworfen hat.
In den späten Sechziger Jahren wurden in der Nähe der Inseln enorme Öl- und Erdgasvorkommen entdeckt. Die Japaner unternahmen eine Reihe unilateraler Aktionen, um die Herrschaft über das Territorium zu erlangen. Zunächst sandten sie Erkundungsteams, später dann Kreuzschiffe zu den Inseln, wobei sie die ursprünglichen chinesischen Markierungen entfernten und sie gegen japanische eintauschten. Auch wurden acht Inseln in Japanisch umbenannt. Als China und Japan 1978 die Unterzeichnung des Friedensund Freundschaftsvertrags verhandelten, forderten einige Mitglieder des japanischen Parlaments, daß China Japans Souveränität über diese Inseln anerkennen solle. Die japanische Regierung entsandte als Reaktion auf die Stimmen des rechten Flügels Patrouillierschiffe und Flugzeuge zur Beobachtung von Booten chinesischer Fischer, die in der Nähe der Inseln arbeiteten.
Im Mai 1979 beförderten die Japaner Personal und Ausrüstungen auf die Diaoyu-Insel und bauten dort einen Hubschrauberlandeplatz. Sie sandten außerdem ein Erforschungsteam und eine Vermessungstruppe in dieses Gebiet.
Im Oktober 1990, als der Westen Sanktionen gegen China verhängte, bauten japanische Rechtsgerichtete, mit Einwilligung der Regierung, auf einer der Inseln einen Signalturm. Die japanische Regierung sandte zwölf Schiffe und zwei Hubschrauber, um taiwanesische Fischer davon abzuhalten, sich den Inseln zu nähern.
Diese Tatsachen zeigen, daß jeder einzelne Schritt Japans nicht nur darauf hinzielte, der in der Nähe lagernden Ressourcen habhaft zu werden, sondern daß die Streitfrage auch dazu verwendet wurde, eine Verschwörung gegen China anzuzetteln. Die Ereignisse, die sich in diesem Sommer zugetragen haben, veranschaulichen diese Tatsache.
Japan verkündete überraschend, daß der 20. Juli wieder als Tag des Ozeans und als nationaler Feiertag bestimmt werden soll. Der 20. Juli war ein nationaler Feiertag vor dem Zweiten Weltkrieg. Der japanische Prinz und Premierminister Ryutaro Hashimoto waren auf den Feierlichkeiten zugegen. Am gleichen Tag begann Japan, offiziell das UNO-Abkommen über das Seerecht und die 200 Seemeilen breite Wirtschaftszone zu implementieren. Auf diese Weise konnte Japan seinen Gewässerhoheitsbereich um mehr als das zehnfache vergrößern, insgesamt auf sechs Mio. qkm, die sechstgrößte Hoheitsgewässerfläche der Welt.
Daher scheint es, daß Japans Wiedereinsetzen des Ozean-Tags nicht zufällig geschieht. Die Besetzung der Diaoyu-Insel würde zu Japans ausgedehnten Gewässern noch weiteres Territorium und Ressourcen hinzufügen. Kein Wunder also, daß die rechten Aktivitäten auf den Diaoyu-Inseln von der japaniscehn Regierung geduldet werden.
Comeback der Rechten
Während Rechtsgerichtete auf den Diaoyu-Inseln ihr Spektakel aufführten, verabschiedete das japanische Kabinett das 1996er Weißbuch zur Verteidigungspolitik. In dem offiziellen Dokument fanden sich Zitate wie ,,die Tendenzen des chinesischen Militärs müssen weiterhin beobachtet werden", ,,Rußland stellt nicht länger eine Bedrohung für Japan dar" und ,,die militärische Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten sollte weiter verstärkt werden". Insbesondere wurden die Militärübungen der chinesischen Volksbefreiungsarmee im März 1996 gerügt, die ,,Spannungen in der Taiwan-Straße verursacht haben".
Man nimmt an, daß die Veröffentlichung des Weißbuches das Ergebnis der engeren amerikanisch-japanischen Militärkooperation ist, die realisiert wurde, nachdem US-Präsident Clinton Japan im April dieses Jahres besuchte. Während Japan seine militärische Zusammenarbeit mit den USA verstärkte, setzte es China an die Spitze der Liste seiner hypothetischen Feinde.
Es gibt noch andere Zeichen für ein Wiederaufleben des rechten Flügels in Japan. Einige japanische Politiker verleugnen öffentlich die Existenz der comfort women (Frauen aus besetzten Kriegsgebieten, die zur Prostitution gezwungen wurden), die die japanische Regierung während des Zweiten Weltkrieges für seine Kaiserliche Armee rekrutierte. Premierminister Hashimoto besichtigte öffentlich den Yasukuni-Schrein, in dem die Überreste vieler der schlimmsten Kriegsverbrecher ,,verehrt" werden. Eine in Osaka geplante Kunstausstellung, auf der die Scheußlichkeiten während des Nanjing-Massakers von 1937 gezeigt werden sollten, mußte wegen Drohungen rechter Elemente abgebrochen werden.
Am 15. August 1996, dem 51. Jahrestag der japanischen Niederlage im Zweiten Weltkrieg, veranstalteten einige Japaner eine Farce im Yasukuni-Schrein, wodurch sie alte Wunden auch anderer asiatischer Völker wieder aufrissen. An diesem Tag trugen einige Ex-Soldaten der Kaiserlichen Armee ihre Militäruniformen mit Säbeln an ihren Gürteln und paradierten um den Schrein herum. Einige Parlamentsmitglieder nahmen an der Farce teil und skandierten Sprüche wie ,,der große ostasiatische Krieg war ein heiliger Krieg" und ,,Tojo war unschuldig". Dann verbeugten sie sich vor dem Schrein und erwiesen den Kriegsverbrechern ihre Hochachtung.
In völliger Mißachtung der Meinung der Weltgemeinschaft verstärkte Japan 1995, am 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs, seine Bemühungen, um seine Kriegsaktionen zu rechtfertigen, anstatt dafür Reue zu zeigen. Eine Reihe von Ministern und Parlamentsmitgliedern verleugnete Japans Geschichte der Aggression, und verdammte stattdessen, in einem Versuch, das Benehmen der Regierung während des Zweiten Weltkrieges zu vertuschen, und tadelte Chinas Kernwaffenversuche.
Die sogenannte ,,Nichtkriegs-Resolution", die die Welt über Japans Bedauern seiner Vergangenheit und seines Strebens nach Frieden versichern sollte, wurde nur vom Repräsentantenhaus angenommen und umging fundamentale Streitfragen.
Japan hat versucht, eine politische und militärische Macht zu werden. Außer daß es versucht, die Geschichte zu verschönern, hat es auch Tabus gebrochen, wie z.B. seine Militärausgaben 1% des Bruttosozialproduktes übersteigen zu lassen oder Truppen nach Übersee zu entsenden. Japans Selbstverteidigungskräfte, die mit den fortgeschrittensten Angriffswaffen ausgerüstet sind und 50 Mrd. US-Dollar jährlich ausgeben, sind eine militärische Macht geworden, mit der man rechnen muß. 1996 erweiterte Japan seinen Verteidigungsgürtel und nimmt dadurch hoheitsmäßig fast die ganze asiatischpazifische Region ein. Diese Entwicklungen haben bei vielen asiatischen Nachbarn, einschließlich China, Mißtrauen erweckt und zu erhöhter Wachsamkeit veranlaßt.
Wurzeln
Obwohl nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges einige schwere Kriegsverbrecher wie Tojo Hideki vom Internationalen Gericht zum Tode durch den Strang verurteilt wurden, wurde eine Reihe anderer unverbesserlicher Militaristen, die unbestritten eine Mitverantwortung für diesen Aggressionskrieg trugen, von den amerikanischen Besatzungsmächten als Teil ihrer Strategie des Kalten Krieges gedeckt. Kurz nach dem Krieg wurden viele Kriegsverbrecher, die für ihre Verbrechen nicht zahlen mußten, von den Vereinigten Staaten oder seinen Verbündeten freigesetzt. Durch die Hilfe von Rechtsaktivisten aus politischen und finanziellen Kreisen konnten diese Ex-Kriegsverbrecher ein Comeback in der politischen Arena starten und wichtige Regierungsposten übernehmen, einschließlich des Amtes des Premierministers. Die Frage, ob der Krieg ein gerechter oder ungerechter war, wurde daher in Japan niemals klar beantwortet.
Deutschland, eine der drei Achsenmächte im Zweiten Weltkrieg, hat im Gegensatz dazu eine völlig andere Haltung eingenommen. 1970 kniete der damalige westdeutsche Bundeskanzler Willy Brandt vor dem Warschauer Monument zum Gedenken an die Juden, die während des Zweiten Weltkrieges von Nazi-Deutschland verfolgt wurden, nieder. Die Welt antwortete mit Vergebung. Diese Aktion war möglich, weil Deutschland unter der gemeinsamen Besatzung der Alliierten einen unmilitaristischen Zugang zur Geschichte hatte. In Deutschland waren Kriegsverbrecher und Verbündete des Nazi-Regimes unter starkem Druck seitens der Regierung und der Gesellschaft. Bis zum heutigen Tag werden flüchtige Nazi-Verbrecher aufgespürt und verurteilt. Die Deutschen wurden nach ihren faschistischen Verbrechen und seinen schlimmen Konsequenzen beurteilt. Versuche, den Nazismus in Deutschland wiederzubeleben, schlagen fehl.
Japans wirtschaftlicher Erfolg hat auch zu einem Aufleben konservativer Kräfte in Japan geführt. Rechte, nationalistische Stimmen werden lauter, viele Japaner wollen nicht ihre Geschichte der Aggression wahrhaben und mißachten die Gefühle anderer Völker. Einige Japaner versuchen, den Aggressionskrieg in Schulbüchern und Medien zu vertuschen. Bei den Atombombenabwürfen über Hiroshima und Nagasake verwechseln sie Kriegstäter und Kriegsopfer. Aufgebläht von einem Glauben an die rassische Überlegenheit schauen sie vermehrt auf andere asiatische Nationen herab. In den Augen vieler Japaner wird Japan bald eine große Weltmacht sein.
Die Welt hat Anlaß, aufmerksam zu beobachten, wohin Japan sich bewegt. (Quelle: Beijing Rundschau, Nr. 39 1996)