11-09-2012
Historische Artikel der Beijing Rundschau
Bundeskanzler Kohl in Beijing
 

Zusammenkunft von Deng Xiaoping und Helmut Kohl

Ministerpräsident Zhao Ziyang sagte am Abend des 13. Juli anläßlich eines Begrüßungsbanketts für Bundeskanzler Helmut Kohl, die Beziehungen zwischen der Volksrepublik China und der Bundesrepublik Deutschland seien beispielhaft bei der freundschaftlichen Zusammenarbeit zwischen Staaten mit unterschiedlichen Gesellschaftssystemen, zwischen Entwicklungsländern und entwickelten Ländern. Eine wichtige Rolle spielt dabei die Aufrichtigkeit der beiden Partner, die ihre freundschaftliche Zusammenarbeit immer auf die Zukunft richten. Das trägt zweifellos zu den guten Beziehungen bei.

Ministerpräsident Zhao erklärte anschließend in seiner Tischrede, daß sich die Zusammenarbeit zwischen China und der Bundesrepublik Deutschland nicht auf den Wirtschafts- und Handelsbereich sowie auf die wissenschaftlichen, technischen und kultureilen Gebiete beschränkte. Beide Länder setzten sich ebenfalls gemeinsam für die Bewahrung des Weltfriedens ein. Der zweite offizielle China-Besuch des Bundeskanzlers Kohl wird den chinesisch-deutschen Beziehungen weiteren Auftrieb geben.

In seiner Tischrede sagte Bundeskanzler Helmut Kohl nach einem kurzen Rückblick auf die außergewöhnliche Entwicklung der Zusammenarbeit der beiden Länder in den letzten Jahren: ,,Wir haben eine sehr gesunde Basis für die langfristige Zusammenarbeit unserer beiden Völker entwickelt. Ich halte es nun für wichtig, darauf aufzubauen und die Perspektiven für diese Kooperation bis ins 21. Jahrhundert zu entwickeln. Uns beeindrucken Mut und Langfristigkeit dieser Zielsetzungen. . . Wenn wir genügend Mut, Initiative und Phantasie entwickeln, können sich unsere Völker trotz der bestehenden Unterschiede im Gesellschaftssystem und trotz der großen Entfernung ganz wesentlich dabei helfen, sich gegenseitig Fortschritt, Wohlstand und Frieden zu sichern."

Der achttägige Besuch des Bundeskanzlers Kohl in der Volksrepublik China begann am 12. Juli in Shanghai, wo er unter anderem an Bord des Schulschiffs ,,Deutschland" der Bundesmarine, das auf Besuch in Shanghai vor Anker lag, einen Empfang gab. Mehr als 300 Gäste waren beim Empfang zugegen, darunter der Oberbürgermeister und verschiedene Vertreter von Shanghai sowie in Shanghai lebende bundesdeutsche Experten und Studenten. Am selben Abend traf Bundeskanzler Kohl mit Frau und 120köpfiger Begleitung mit einem Sonderflugzeug in Beijing ein.

Das feierliche Begrüßungszeremonie für die Gäste fand am Morgen des 13. Juli unter Vorsitz des Ministerpräsidenten Zhao Ziyang auf dem Tiananmen-Platz vor dem östlichen Eingang der Volkskongreßhalle statt. Anschließend führten Minsterpräsdent Zhao und Bundeskanzler Kohl in einer herzlichen und freundschaftlichen Atmosphäre ihre erste Gesprächsrunde, wobei die Regierungschefs der beiden Länder über die langfristige und stabile Entwicklung der wirtschaftlichen Kooperation, des Handels und des Kulturaustausches diskutierten. Die Gesprächspartner brachten nicht nur ihren dringenden Wunsch zum weiteren Ausbau der Zusammenarbeit in den obenerwähnten Bereichen zum Ausdruck, sondern brachten konkrete Vorschläge ein. Ministerpräsident Zhao äußerte unter anderem, daß China sowohl seine Beziehungen mit Westeuropa entwikkeln, als auch die mit Osteuropa verbessern und entwickeln möchte. Gleichzeitig wollte China auch die Entwicklung der Beziehungen zwischen Ost- und Westeuropa fördern. Danach utnerhielten sich Ministerpräsident Zhao und Bundeskanzler Kohl über die internationale Lage.

Ebenfalls am 13. Juli traf Bundeskanzler Kohl separat mit dem Staatspräsidenten der Volksrepublik China Li Xiannian und dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses Peng Zhen zusammen. Ferner besichtigte Kohl das Chinesische Patentamt, welches als ein bemerkenswertes Beispiel chinesisch-deutscher Zusammenarbeit gilt, da die ,,Förderung des Patentwesens in der Volksrepublik China" zu den ersten gemeinsamen Projekten der wissenschaftlichtechnologischen Zusammenarbeit gehörte, dessen Erfolge allgemeine Anerkennung fanden und zur Verwirklichung des Modernisierungsprogrammes in China beitrugen.

Die 100 Minuten dauernde Zusammenkunft mit Deng Xiaoping, dem Vorsitzenden der Beraterkommission beim ZK der KP Chinas, am Vormittag des 14. Juli bildete einen der Höhepunkte. Es war das dritte Treffen zwischen Deng und Kohl. In ihrem Gespräch über die bilateralen Beziehungen unterstrich Deng Xiaoping: ,,Wir sollten die gegenseitigen Beziehungen auf die Zukunft gerichtet entwickeln, d.h. wir sollten unseren Blick nicht nur auf dieses Jahrhundert, sondern auch auf das nächste richten. Zwischen unseren beiden Staaten gibt es keine Konflikte und Verwicklungen, so daß einer langfristigen Zusammenarbeit nichts im Wege steht."

Bundeskanzler Kohl teilte voll und ganz diese Meinung. Er sagte, die Bundesrepublik Deutschland sei bereit, ihre Beziehungen zu China in allen Bereichen zu intensivieren. Etwa 30 Unternehmer in seiner Begleitung haben während ihres Besuches Gespräche mit interessierten chinesischen Vertretern geführt und einige Erfolge erzielt.

Im Gespräch informierte Deng den bundesdeutschen Gast auch über die inländische Situation. Auf dem bevorstehenden XIII. Parteitag der KP Chinas soll im politischen und wirtschaftlichen Bereich die seit der 3. Plenartagung des XI. ZK der KP Chinas eingeführte Politik und Linie fortgesetzt werden, vor allem die Öffnungs- und Reformspolitik. Die Reform der politischen Struktur stehe ebenfalls auf der Tagesordnung. Nach dem XIII. Parteitag sollte das Führungsgremium der Partei und Regierung verjüngt werden, um die Vitalität der Partei und Regierung zu fördern.

Nach dem Meinungsaustausch mit Bundeskanzler Kohl in bezug auf die gegenwärtige Weltlage und wichtige internationale Probleme äußerte Deng: ,,Seit unserem letzten Treffen sind bereits drei Jahre verstrichen. In diesen drei Jahren entwickelte sich die Situation in der Welt zum Positiven, aber bisher konnten noch keine ,heißen Punkte', keine Probleme endgültig gelöst werden. Deswegen gibt es noch viel zu tun."

Bei der erweiterten Gesprächsrunde zwischen den beiden Regierungschefs am 14. Juli waren auch einige bundesdeutsche Unternehmer anwesend. In diesem Gepräch wies der Ministerpräsident Zhao darauf hin, daß sich die Beziehungen der beiden Länder nun auf der Bahn einer langfristigen und stabilen Entwicklung bewegen. Die gemeinsame Aufgabe der Partner sei es, in der Zukunft ihre Beziehungen weiterhin auszubauen und zu intensivieren.

Bundeskanzler Kohl betonte, daß die gegenseitigen Konsultationen im politischen Bereich, die wirtschaftliche Kooperation und der Kulturaustausch die drei Säulen einer langfristigen und stabilen Zusammenarbeit darstellen. Die Bundesrepublik sei bereit, diese drei Säulen zu verstärken.

Zhao und Kohl waren mit den Resultaten der zweitägigen Gespräche zufrieden und erklärten einstimmig, daß ein weiterer Schritt in den Beziehungen zwischen China und der Bundesrepublik durch diese Gespräche getan wurde. Die beiden Regierungschefs wohnten dann der Unterzeichnung von drei Dokumenten bei, die chinesisch-deutsche Kooperationsprojekte und Einführung von Fachkräften beinhalten.

Am Nachmittag des 14. Juli informierte Bundeskanzler Kohl auf einer Pressekonferenz Vertreter der chinesischen, deutschen und internationalen Presse über seinen Meinungsaustausch mit chinesischen Politikern. Er unterstrich daß alle Gespräche während seines Aufenthaltes in Beijing in einer Atmosphäre der Harmonie und des gegenseitigen Vertrauens geführt wurden. Die beiden Seiten wollten im Hinblick auf die kommenden Generationen eine langfristige und stabile Zusammenarbeit fördern. Die Bundesrepublik benötigt Freunde und zuverlässige Partner wie die Volksrepublik China.

Am Morgen des 15. Juli verließ Bundeskanzler Kohl die Hauptstadt und setzte seinen offiziellen Besuch in Nanjing, Provinz Jiangsu, und Lhasa, Tibet, fort. (Quelle: Beijing Rundschau, Nr. 29, 1987)