Was ist immaterielles Kulturerbe?
Als immaterielles Kulturerbe (IKE, englisch: intangible cultural heritage, ICH) bzw. immaterielles kulturelles Erbe oder immaterielles Kulturgut, wird Kulturgut bezeichnet, das nicht stofflicher Natur ist, daher im Gegensatz zu unbeweglichen Bauten und beweglichen Gegenständen (z. B. den bekannten Welterbestätten oder dem Weltdokumentenerbe) nicht anfassbar (intangible) ist.
Das immaterielle Kulturerbe umfasst (nach Definition der UNESCO-Konvention) „Praktiken, Darbietungen, Ausdrucksformen, Kenntnisse und Fähigkeiten - sowie die damit verbundenen Instrumente, Objekte, Artefakte und Kulturräume […], die Gemeinschaften, Gruppen und gegebenenfalls Individuen als Bestandteil ihres Kulturerbes ansehen."
Der Begriff kommt ursprünglich aus den Ländern der „Dritten Welt" und der Indigenenbewegung, deren materielles Erbe durch nichtmaterielle Traditionsformen selten geworden, aber auch durch Kolonialismus und Globalisierung überprägt ist, und sollte eine Gegenentwurf zur stark auf Denkmäler ausgerichtete, als eurozentrisch aufgefassten frühen Schutzkonzept der UNESCO darstellen.[2] Dass auch in Europa noch ein reicher Schatz an regionalen, nicht dinglich festgelegten Kulturäußerungen vorhanden ist, ist ein Bewusstsein jüngeren Datums.
Als Risiko einer Auszeichnung immateriellen Kulturguts wird Kommerzialisierung und Folklorisierung gesehen. Immaterielles Kulturerbe wird daher auch als das lebendiges Kulturerbe bezeichnet (im englischen Sprachraum existieren dafür Begriffe wie Living heritage, Living national treasure, Living human treasure), und meint regional autochtone, „gelebte" Kulturtradition aller Art, die nicht nurmehr im Sinne einer musealen Erhaltung oder touristischen Präsentation von Brauchtum gepflegt wird, sondern vitales, im Lebensalltag verankertes kulturelles Selbstverständnis darstellt. Damit steht der Begriff des immateriellen Kulturguts auch in Abgrenzung zum modernen Denkmalwesen, letzteres fokussiert auf die (materielle) Originalität einer Kulturleistung, erstere auf die Prozesse, materielle Ergebnisse werden als Nebenerscheinung aufgefasst. Auch vom Begriff des Museal-Bewahrenden setzt sich das Konzept ab, die Wandlungen der Kulturäusserung in ihrer Weitergabe (‚Tradition') wird als zentraler Aspekt gesehen. Daher sind die Konzepte zum immateriellen Erbe auch zunehmend in Denkansätze von Nachhaltigkeit und ‚alternativen' Wirtschaftskonzepten eingebunden.
Ein Unterbegriff des immateriellen Kulturerbes ist das mündliche Kulturerbe im Sinne der oralen Tradition. (Quelle: Wikipedia.de)
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