12-07-2012
„Das ist mein Traum“
Der alte Mann und das Meer
von Tang Yuankai

 

Tiefseebohrungen

1997 wurde Wang mit seinen Kollegen für den Projektvorschlag „Erforschung der Geschichte der ostasiatischen Monsunwinde und deren globale Auswirkungen" von der ODP ausgezeichnet. Im Rahmen der Umsetzung des Projekts wurde im Frühjahr 1999 erstmals eine Tiefseebohrung in chinesischen Gewässern durchgeführt – unter der wissenschaftlichen Leitung Wangs.

Während dieser Erkundung bohrten Wang und sein Team an sechs verschiedenen Orten der Tiefsee siebzehn Löcher und gewannen dabei rund 5 500 Kubikmeter Felsgestein. Nach mehreren Jahren der genauen Analyse, schufen sie eine Datenbank mit Informationen über die Umweltbedingungen und den Querschnitt der Erdschichten im westpazifischen Ozean. Dadurch stehen Wissenschaftlern heute umfassende und exakte Daten über Umweltveränderungen zur Verfügung, die in diesem Gebiet über einen Zeitraum von 32 Millionen Jahren stattgefunden haben.

Nach vielen Jahren gemeinsamer Anstrengungen, konnten Wang und seine Frau Sun Xiangjun, Forschungsrätin am botanischen Institut der CAS, den Ursprung der jahreszeitlich variierenden ostasiatischen Monsunwinde nachweisen. Sie fanden heraus, dass der Ursprung der Winde von geographischen Veränderungen herrühren – der Westen der chinesischen Landmasse lag einst höher als die Regionen im Osten, die damalige Topographie war der heutigen also genau entgegengesetzt. Mit der Veränderung dieser geographischen Eigenschaft entstanden vor rund 25 Millionen Jahren diese zyklischen Winde.

2007 erhielt Wang die Milutin Milankovic Medaille der European Geosciences Union für seine herausragenden Forschungen auf dem Gebiet des Klimawandels.

Auch ausländische Wissenschaftler, die mit ihm zusammengearbeitet haben, loben den Beitrag Wangs zur Meeresforschung. „Wang war einer der ersten, der die Monsunwinde in einen globalen Kontext gestellt hat", betont Carlo Laj, ein bekannter französischer Meeresforscher. „Seine Erkenntnisse waren bahnbrechend und verschafften uns völlig neue Einblicke." Beide, Wang und Laj, arbeiteten gemeinsam an einer Studie über die Geschichte des Südchinesischen Meeres.

Neben seinen klimatischen und geologischen Entdeckungen leistete Wang auch einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Tiefsee.

So fand der heute 76-Jährige seinerzeit Gashydrat-Lagerstätten im Südchinesischen Meer. „Das natürliche Gas, das sich unter dem Meeresgrund befindet und von Eis bedeckt ist, kann als saubere Energiequelle genutzt werden", meint Wang. Nachdem das Eis erhitzt wird und schmilzt, entweicht Methan, ein brennbares Gas, das als saubere Energiequelle genutzt werden kann.

Nach jüngsten Berechnungen übersteigt der Umfang der Lagerstätten von Erdgas-Hydraten die Ölreserven der Erde bei weitem. Erdgas verfügt damit als Energiequelle der Zukunft über ein immenses Potential.

 

Leben in der Tiefe

Viele Menschen glauben, dass ein Leben ohne Sonnenlicht nicht möglich sei. Wangs Studien könnten dazu beitragen, dass sich diese Ansicht ändert. „Ab einer Tiefe von mehr als 600 Metern unter dem Meeresspiegel gibt es kein Sonnenlicht mehr. Es wurden aber tausende verschiedener Lebewesen in diesen Tiefen entdeckt. Diese unerwarteten Funde zeigen die wahren Kräfte der Natur!", schwärmt Wang. „Für die Lebensräume in den dunkelsten Gewässern der Tiefsee, spielt das Sonnenlicht keine Rolle. Viel wichtiger ist hier die Erdwärme."

Nur wenigen sei bekannt, dass die Tiefen der See über ihre eigenen Biosysteme verfügen, meint Wang. Das Grundwasser unter dem Meeresgrund kann jedoch viele Materialen umwandeln – zum Beispiel Kohlenstoff, ein Schlüsselelement allen Lebens auf der Erde.

Zurzeit beschäftigt sich Wang mit der Ausbildung junger Wissenschaftler und der Förderung der Ozeanographie. Was ihn bei Laune hält, sind die steten Verbesserungen seiner Arbeitsbedingungen.

China wendet der Erforschung der Meere in den letzten Jahren verstärkt Aufmerksamkeit zu. Im Jahr 2011 startete die National Natural Science Foundation of China das bislang umfassendste Projekt zur Erforschung der Tiefsee. Die gründlichen Untersuchungen im Südchinesischen Meer werden rund acht Jahre dauern und 150 Millionen Yuan (19 Millionen Euro) kosten. Bei dem Unternehmen hoffen die Forscher darauf, die Ursprünge des Südchinesischen Meeres zu ergründen, die wechselseitigen Beziehungen zwischen der Tiefsee und ihren Biosystemen zu erforschen und die Evolutionsgeschichte der gesamten Region zu erfassen.

Wissenschaftlicher Leiter der Expedition ist Wang Pinxian.

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