01-11-2011
Kultur 2011
Kulturindustrie soll noch stärker wachsen
von Zhou Jianxiong

Während China gesamtwirtschaftlich immer weiter zu den Industrienationen aufschließt, hinkt das Land in Sachen kultureller Erzeugnisse noch immer international gesehen hinterher. Chinas Kulturindustrie macht bisher nur einen Anteil von mickrigen vier Prozent am globalen Kulturmarkt aus. Die Regierung forciert deshalb weiter die Reform des Kultursektors und fördert gezielt qualitativ hochwertige Produkte.

Genauso wie ein gewisser materieller Komfort ist auch Kultur ein unverzichtbarer Bestandteil des Lebens. Kultur gilt nicht nur als eine wichtige Quelle der Lebenskraft und Kreativität einer Nation, sondern auch als eine der Schlüsselkomponenten, die ein Land zusammenhält und es von anderen Ländern unterscheidet. Die Kultur einer Nation wird zur entscheidenden schöpferischen Antriebskraft, die nicht nur die Vorstellungen der Menschen formt und ihr Verhalten beeinflusst, sondern auch in großem Maße zur Verbesserung der physischen und materiellen Umwelt jedes einzelnen beiträgt.

Die kulturelle Entwicklung einer Nation ist zweifelsohne ernorm wichtig für das gesamte Fortkommen eines Landes. Vor diesem Hintergrund hat die chinesische Regierung in den vergangenen Jahrzehnten eine ganze Reihe von Umstrukturierungs- und Förderungsmaßnahmen auf den Weg gebracht, um die Kulturindustrie des Landes zu fördern und zu beleben. Mit Erfolg: In den letzten Jahren expandierte die Branche in Rekordtempo. Allein 2008 erwirtschaftete der Sektor Gesamteinnahmen von 763 Milliarden Yuan, umgerechnet rund 86,4 Milliarden Euro, ein Plus von mehr als 419 Milliarden Yuan (47,5 Milliarden Euro) im Vergleich zu 2004. Mit ihrem Plan zur Neubelebung der Kulturindustrie, den die Regierung im Juli 2009 verabschiedete – es war der erste derartige Plan in der Geschichte des Landes – räumte Chinas politische Führung dem Sektor den gleichen strategischen Status wie der Stahlerzeugung, der Automobilindustrie, der Petrochemie, der Textilbranche sowie sechs weiteren Schlüsselbranchen ein. Die Regierung hat die Förderung der Kulturindustrie damit zu einem Schwerpunkt für den Fortschritt und die Entwicklung des Landes gemacht. 

Trotz der Erfolge, die bisher erzielt worden sind, sieht sich Chinas Kulturindustrie jedoch noch immer mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert. In Sachen Entwicklungsdynamik beispielsweise hinkt die Branche der Gesamtwirtschaft noch immer deutlich hinterher. Vor allem aber wird Chinas Kulturmarkt dem wachsenden Bedürfnis der Bevölkerung nach vielfältigen und vor allem qualitativ hochwertigen Kulturerzeugnissen bisher kaum gerecht. Vor diesem Hintergrund beraumte die Kommunistische Partei von 15. bis 18. Oktober eine Plenarsitzung mit Spitzenvertretern der politischen Führungsriege an, auf der neue Leitlinien für den Industriezweig formuliert wurden. Dabei wurden zahlreiche konkrete Maßnahmen zur weiteren Belebung des Kultursektors beschlossen, darunter auch Schritte zur Regulierung des Marktes sowie die Neuverteilung der Finanzmittel.

 

Bei Kulturprodukten noch immer weit hinter den Industrieländern

Ihre Ziele stimmte die Regierung dabei präzise auf Chinas momentanen Entwicklungsstand ab. Während die Wirtschaft zunehmend floriert und eine immer stärkere Integration in das globale Wirtschaftssystem stattfindet, liegt China im Bereich der Kulturwirtschaft weit hinter anderen entwickelten Ländern zurück. Ein im August dieses Jahres von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften veröffentlichter Bericht belegt, dass die Einnahmen der chinesischen Kulturindustrie nur gerade einmal vier Prozent der weltweiten Einnahmen in diesem Bereich ausmachen. Zum Vergleich: Die USA, die EU und Japan haben jeweils einen Anteil von 43, 34 bzw. 10 Prozent am globalen Gesamtmarkt. In diesen Ländern macht die Produktion vielfältiger hochwertiger Kulturprodukte einen wesentlich größeren Teil an der wirtschaftlichen Gesamtleistung aus; die Kulturindustrie stellt dort einen wichtigen Pfeiler der nationalen Wirtschaft dar, der nicht nur stattliche Profite erwirtschaftet, sondern auch in großem Maße zur gesamten wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung dieser Länder beiträgt.

Um auch in China die Kulturindustrie zu einer landesweiten Triebkraft zu machen, ist es notwendig, einen gleichwertigen Status zu erreichen; nicht nur, um den wachsenden Bedürfnissen der chinesischen Bevölkerung nach einem gesünderen und reichhaltigeren kulturellen Leben gerecht zu werden und die moralische Integrität der Nation zu erhöhen, sondern auch, um für eine noch stärker ausgeglichene wirtschaftliche, gesellschaftliche und kulturelle Entwicklung zu sorgen. Nur so kann auch die Wettbewerbsfähigkeit des Landes insgesamt gestärkt werden.

 

Die Reform des Kultursektors im Überblick

1996: Auf ihrem 6. Plenum des 14. Zentralkomitees beschloss die KPCh, den Kultursektor weiter zu fördern, um den wachsenden Bedürfnissen der Bevölkerung nach geistigen und kulturellen Erzeugnissen gerecht zu werden. Vor allem kündigte die Regierung eine größere Vielfalt und Reformen in der Verwaltung der Branche an.

 

2000: Auf dem 5. Plenum des 15. Zentralkomitees der KPCh wurde beschlossen, die Richtlinien für die Kulturindustrie zu verbessern, die Verwaltung der Kulturmärkte zu stärken und die Entwicklung des Kultursektors weiter zu fördern. Zum ersten Mal wurde der Begriff der „Entwicklung der Kulturindustrie" in ein Regierungspapier aufgenommen.

 

2001: Unter Leitung des Staatsrats wurden als erstes in der südchinesischen Sonderwirtschaftszone Shenzhen, Provinz Guangdong, Pilotversuche zur Reform lokaler kultureller Institutionen vorgenommen. Dazu wurde im November 2001 vor Ort das erste Führungsteam zur Reform des Kultursektors gebildet.

 

2002: Auf dem 16. Parteitag der  KPCh wurde erklärt, man wolle die Reform des Kultursektors noch stärker forcieren und kündigte an, sobald wie möglich einen detaillierten Plan für die Reform vorzulegen.

 

2003: Die Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit der KPCh unterstützte insgesamt 35 kulturelle Institutionen und neun Städte bei der Durchführung von Projekten zur kulturellen Reform. Es war der Startschuss für eine großangelegte Reform des Kultursektors.

 

2006: Durchbruch der Reformbestrebungen: Die Regierung weitete die Umstrukturierung auf das ganze Land aus. Im Januar des Jahres hatte der Staatsrat die Entscheidung, die Reform des Kultursektors weiter zu forcieren, abgesegnet und die Leitlinien und Ziele detailliert dargelegt; darauf folgte die sofortige Umsetzung.

 

2007: Auf dem 17. Parteitag der  KPCh  sicherte die Partei zu, auch Leitlinien zur Förderung nicht-kommerzieller Kulturangebote auszuarbeiten. Parallel dazu sollte die Kulturindustrie weiter entwickelt und Isollten nnovationen in diesem Bereich gefördert werden.

 

2010: Bis zum Ende des Jahres schlossen mehr als 4300 kulturelle Institutionen aus Verlagswesen, Vertrieb, Filmproduktion und anderen Sektoren die Umwandlung von staatlich finanzierten zu gewinnorientierten Unternehmen ab.

 

2011: Auf ihrem 6. Plenum des 17. Zentralkomitees beschloss die KPCh, die Reform des Kultursektors weiter zu vertiefen und die kulturelle Vielfalt weiter zu fördern. Sozialistische Kernwerte sollen zukünftig noch stärker in die kulturelle Bildung und Produktion von Kulturgütern integriert werden. Außerdem plant die Regierung, einen Bewertungs- und Anreizmechanismus für Kulturerzeugnisse zu schaffen. Die Branche wird außerdem dazu ermuntert, qualitativ hochwertige Produkte und Internetinhalte zu schaffen. Chinas Kulturunternehmen sollen ihre Produkte dabei vorrangig in den Dienst des Gemeinwohls stellen. Außerdem setzt die Regierung vermehrt auf private Investoren zur Steigerung der Innovationskraft der Branche und stellte die Einführung eines landesweiten Netzwerkes kostenloser kultureller Angebote in Aussicht.         
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