02-09-2011
Wirtschaft 2011
Unterm Strich bleibt mehr: Regierung hebt steuerlichen Freibetrag an
von Wang Jun

Viele chinesische Arbeitnehmer können sich bald über ein Plus im Geldbeutel freuen: Ab September tritt die Neufassung des Einkommenssteuergesetztes in Kraft. Darin wird der Steuerfreibetrag von bisher 2000 auf 3500 Yuan angehoben. Die Regierung hofft so große Teile der Bevölkerung steuerlich zu entlasten und damit die Binnennachfrage anzukurbeln.

Einwohner in der Stadt Meishan, Provinz Sichuan, erledigen Formalitäten der Einkommenssteuererklärung. Yao Yongliang

Als gewöhnlicher Angestellter gehört Ren Jun nicht gerade zu Chinas Besserverdienern. Und von seinem ohnehin eher spärlichen Gehaltsscheck muss der 32-Jährige monatlich auch noch 250 Yuan (rund 27 Euro) Steuer an den Staat abtreten. Ab September aber wird sich für Ren einiges ändern: Dann nämlich tritt die Neufassung des Einkommenssteuergesetzes für Privatpersonen in Kraft. Die Regierung hat darin den steuerlichen Einkommensfreibetrag von zuvor 2000 Yuan (rund 220 Euro) auf 3500 Yuan (380 Euro) deutlich angehoben. Zukünftig muss Ren monatlich nur noch etwa 30 Yuan (rund 3,30 Euro) Steuern zahlen.

Außerdem wird der gesetzliche Mindeststeuersatz für Arbeitnehmer mit einem steuerpflichtigen Monatseinkommen zwischen 3500 und 4500 Yuan (380 bis 490 Euro) von fünf auf drei Prozent herabgesetzt.

Der Vorstoß zur Novelle war vom Staatsrat angeregt worden. Durch die Senkung der Steuerlast für Geringverdiener soll die inländische Nachfrage deutlich angekurbelt werden. Ein erster Entwurf zur Neuregelung des Einkommenssteuergesetztes, der am 20. April dieses Jahres beim Nationalen Volkskongress – Chinas oberster Legislative – zu einer ersten Lesung eingereicht worden war, sah zunächst vor, den Steuerfreibetrag auf 3000 Yuan (325 Euro) zu erhöhen.

Der Änderungsantrag wurde daraufhin zunächst online veröffentlicht, um die Meinung der Öffentlichkeit einzuholen. Insgesamt rund 83 000 Menschen kommentierten nach Angaben des Nationalen Volkskongresses bis zum 31. Mai den Entwurf online. Rund 83 Prozent zeigten sich unzufrieden mit der geplanten Freibetragsgrenze von 3000 Yuan.

Bei einer zweiten Lesung des Entwurfs am 28. Juni reagierte die Regierung zunächst auf die Kritik, indem sie den Mindeststeuersatz von fünf auf drei Prozent herabsetzte. Der Freibetrag blieb zunächst unverändert bei 3000 Yuan festgeschrieben. Am 30. Juni schließlich wurde der endgültige Änderungsantrag durch den Nationalen Volkskongress gebilligt, der die Freibetragsgrenze auf 3500 Yuan anhob.

 

Angemessene Erhöhung

„Die Anpassung des Steuerfreibetrags spiegelt die Stimme der Bevölkerung wider", erklärt Gao Peiyong, Direktor des Instituts für Finanz- und Handelswirtschaft bei der Chinesischen  Akademie der Sozialwissenschaften. „Seit diesem Jahr hat der Inflationsdruck weiter zugenommen und auch die Einkommensschere klafft immer stärker auseinander. Diese beiden Probleme müssen wir dieses Jahr lösen. Die Steuerfreibetragsgrenze anzuheben, ist ein Mittel der steuerlichen Regulierung, das die Probleme der derzeitigen Einkommensverteilung lindern wird."

Das Einkommenssteuergesetz für Privatpersonen ist seit 1980 in Kraft. Damals wurde der Steuerfreibetrag auf 800 Yuan festgeschrieben. Zum Vergleich: Das durchschnittliche Monatseinkommen eines Angestellten betrug damals rund 63,5 Yuan. 1994 wurde das Einkommenssteuergesetz erstmals revidiert; der Steuerfreibetrag allerdings blieb zunächst unverändert bei 800 Yuan. 2006 und 2008 hob die Regierung die Steuerfreigrenze zweimal hintereinander an, zunächst auf 1600 Yuan (170 Euro), dann auf 2000 Yuan (220 Euro).

Die Erhöhung blieb aber noch immer deutlich hinter dem Anstieg der Verbraucherpreise zurück. Nach Zahlen des Staatlichen Statiskamts  stieg der Verbraucherpreisindex 2010 im Vergleich zum Vorjahr um 3,3 Prozent, in der ersten Jahreshälfte 2011 sogar um 5,4 Prozent. Lebensmittel verteuerten sich im vergangenen Jahr sogar um 7,2 Prozent, in der ersten Jahreshälfte 2011 um 11,8 Prozent.

Gleichzeitig konnte die Regierung deutlich höhere Einkünfte aus der Einkommenssteuer verbuchen. Zahlen des Staatlichen Statiskamts   belegen, dass die Einnahmen in diesem Bereich seit 1994 im Jahresdurchschnitt um rund 34 Prozent angestiegen sind. Die Einnahmen aus der Einkommenssteuer stiegen damit stärker als alle übrigen staatlichen Steuereinnahmen. 2009 wurden in China Einkommenssteuern von Privatpersonen in Höhe von 394,94 Milliarden Yuan (rund 43 Millionen Euro) eingezogen, was einem Anteil von 6,64 Prozent der gesamten Steuereinnahmen des Landes entspricht.

In einem im Mai dieses Jahres von der Zentralen Universität für Finanzwesen und Wirtschaft veröffentlichten Bericht heißt es, dass die derzeitige Steuerbelastung in China stärker als in vielen Ländern mit mittlerem und hohem Einkommen sei. Die Wissenschaftler empfehlen vor diesem Hintergrund, einerseits die Steuerraten zu senken und andererseits gleichzeitig die Ausgaben in wichtigen Kernbereichen, wie etwa für Gesundheitsversorgung und Bildung deutlich aufzustocken.

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