22-07-2011
Kunst der Aufklärung
Aufklärung und Kunst: „Aufklärung im Dialog" zweiter Teil
von Zeng Wenhui

Am 14. Juli fand der zweite Dialogblock der Veranstaltungsreihe „Aufklärung im Dialog" unter dem Thema „Aufklärung und Kunst" im National Museum of China statt. Dieser Dialog widmete sich der Aufklärung und ihrem Verhältnis zur Kunst, sowohl aus europäischer als auch chinesischer Perspektive.

Zur Einführung hielten Pan Gongkai, Präsident der Zentralen Hochschule für Bildenden Kunst (CAFA) in Beijing, und Dr. Joachim Kaak von den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München jeweils kurze Vorträge. Danach nahmen die beiden zusammen mit Prof. Zhu Qingsheng, Direktor des Instituts für chinesische Kunst der Peking Universität, und Chen Lusheng, Vizedirektor des National Museum of China, sowie Prof. Dr. Jeong-hee Lee-Kalisch von der Freien Universität Berlin an einer Podiumsdiskussion teil. Eine Einordnung der europäischen Aufklärung aus kunsthistorischer Sicht und die Beschreibung der Merkmale einer asiatischen Kunst der Aufklärung wurden dabei vorgestellt.

Pan Gongkais Vortrag trug den Titel „Aufklärung und die Entwicklung der chinesischen bildenden Kunst im 20. Jahrhundert". Einerseits hätten seit dem Opiumkrieg 1840 Japan und europäische Großmächte Aggressionen gegen China verübt, wodurch Chinas Souveränität geschmälert und Staat und Gesellschaft in eine tiefe Krise geraten seien, andererseits aber wurden die Gedanken der europäischen Aufklärung von chinesischen Intellektuellen aufgegriffen und legten die Grundlagen für Wirtschaftsreformen und letztlich auch für die Revolution gegen die Herrschaft der Qing im Jahre 1911. Anti-Imperialismus und Vaterlandsrettung waren landesweit die Hauptgedanken und dominierten über alle anderen Ideen in der Geschichte der chinesischen Neuzeit. Die bildende Kunst hatte in dieser Hinsicht keine Ausnahmerolle. Technische Zeichnungen, Baupläne etc. sind die frühesten Zeugnisse visueller Darstellungsformen des Westens. Wissenschaft und Technik – so die damalige Auffassung – sollten zur Stärkung und letztendlichen Rettung des Landes maßgeblich beitragen. Relativ spät, erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts, gingen Künstler vor allem nach Japan aber auch nach Europa um dort Kenntnisse der „reinen Kunst" zu erwerben, sie wollten mit Hilfe westlicher Maltechnik die chinesische Malerei „verbessern". Den Hintergrund für derlei Überlegungen lieferte ebenfalls die Einführung westlicher Wissenschaft. In einem gewissen Gegensatz zur Verwestlichungsbewegung trat in der bildenden Kunst der Aufschwung des „Volkstums" in Erscheinung, obwohl auch dieses Konzept aus dem Westen stammte. Es verdankt sich vor allem der Rezeption der Überlegungen, die Johann Gottfried Herder (1744-1803) in seinen „Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit" dargelegt hat. Bildende Künstler wie Deng Shi und Huang Binhong galten als Vertreter des „ Volkstums", die an einer Neuorientierung der traditionellen chinesischen Kunst arbeiteten. Die Verwestlichung setzte sich die Verbreitung der Gedanken der Aufklärung zum Ziel, das Volkstum schien diese Aufklärung dämpfen zu wollen, verdankt seine Entstehung aber letztlich ebenfalls dem Einfluss Europas auf die chinesische Kultur an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert.

Nach Pan gibt es im 20. Jahrhundert zwei weitere geistige Strömungen. Eine von ihnen erhofft sich durch den Kontakt mit der westlichen Kunst eine Erneuerung der traditionellen chinesischen Kunst. Die andere greift mit dem sozialistischen Realismus zum Mittel der Mobilisierung der Massen mit dem Ziel einer radikalen Veränderung der Gesellschaft. Diese vier Tendenzen in der Kunst sehen ganz unterschiedlich aus, haben ihre Wurzeln aber alle in der Aufklärung.

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