21-07-2011
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Chinas Wirtschaft weiter auf Hochtouren
von Hu Yue

Auch wenn sich die Konjunktur in der ersten Jahreshälfte 2011 leicht verlangsamte, ist Chinas Wirtschaft weiterhin von Kopf bis Fuß auf Wachstum eingestellt. Die Regierung setzt zunehmend auf qualitatives statt quantitatives Wachstum, kurbelt Binnennachfrage und Importe an. Sorgen bereitet Chinas Ökonomen allerdings die anhaltende Inflation. Im Juni lag der Verbraucherpreisindex bei 6,4 Prozent und kletterte damit auf ein 35-Monatshoch.

Exportwirtschaft erholt sich: Autos aus heimischer Produkt vor der Verschiffung im Hafen von Lianyungang in der Provinz Jiangsu am 6. Juni 2011

Chinas Wachstumsmotor prescht weiter voran, auch wenn sich einige Wolken am Wirtschaftshimmel zusammenbrauen. In der ersten Jahreshälfte wuchs das Bruttoinlandsprodukt nach Angaben des Staatlichen Statistikamtes (SSA) um satte 9,6 Prozent im Vergleich zum ersten Halbjahr 2010 und lag damit bei 20,45 Billionen Yuan (umgerechnet rund 2,18 Billionen Euro). Zugleich verlangsamte sich das Wachstum des BIP gegenüber dem ersten Quartal 2011 von 9,7 auf 9,5 Prozent. Im letzten Quartal 2010 hatte das Wachstum sogar noch 9,8 Prozent betragen. Der Konsum machte rund 4,6 Prozent des BIP-Gesamtwachstums aus, 5,1 Prozent waren auf Investitionen zurückzuführen. Der Exportanteil ging um 0,1 Prozentpunkte zurück.

Chinas Wirtschaft wachse damit weiterhin solide und vergleichsweise schnell, erklärte Sheng Laiyun, Sprecher des SSA, am 13. Juli auf einer Pressekonferenz. „Einige Wirtschaftsindikatoren haben im zweiten Quartal leichte Korrekturen erfahren, was auf die strukturellen Anpassungen, die die Regierung vorgenommen hat, sowie den Subventionsabbau in einigen Bereichen zurückzuführen ist, wie etwa die Steuernachlässe beim Erwerb von Kleinwägen", so Sheng. „Auch die harten Eingriffe der Regierung auf dem Immobiliensektor hat dem Wachstum einen Dämpfer verpasst." Trotzdem sei angesichts des enormen Wachstumspotentials das Vertrauen in Chinas Wirtschaft nach wie vor groß.

Die größte Herausforderung sei es derzeit, einen klugen Weg zwischen der Förderung des Wirtschaftswachstums und der Inflationsbekämpfung einzuschlagen. „Auch die Verwirklichung einer gesunden wirtschaftlichen Entwicklung bei gleichzeitiger Energieeinsparung und Emissionsreduktion ist keine leichte Aufgabe", sagte Sheng.

 

Risiken kontrollierbar

Das verlangsamte BIP-Wachstum hatte jüngst Ängste geschürt, Chinas Wirtschaft könnte eine harte Landung bevorstehen. Vieles deutete daraufhin, dass Chinas turbo-geladene Wirtschaft dabei ist, sich abzukühlen. Dass die derzeitige Verlangsamung aber in einen Einbruch münden wird, wie ihn die Welt bei der globalen Finanzkrise erlebt hat, daran glauben nur wenige Ökonomen.

„Eine leichte Abkühlung scheint unvermeidlich, da die Regierung derzeit dabei ist, Transformationen vorzunehmen. Die chinesische Wirtschaft soll zukünftig stärker auf die Inlandsnachfrage bauen", sagt Yu Yongding, Forscher an der Akademie der Sozialwissenschaften in Beijing. „Vor dem Hintergrund, dass das Land neuerdings verstärkt auf qualitatives statt quantitatives Wachstum setzt, ist ein verlangsamtes Wachstum durchaus akzeptabel."

Im 12. Fünfjahresplan (2011 bis 2015) hat sich die Regierung der energischen Ankurbelung des Konsums sowie dem Ausbau des Dienstleistungssektors verschrieben. Gleichzeitig sollen umweltschädliche und zu viel Energie verbrauchende Unternehmen systematisch ausgesiebt werden. Für die kommenden fünf Jahre strebt die Regierung ein jährliches Wirtschaftswachstum von 7 Prozent an. „Diese Zielvorgabe ist durchaus realistisch", so Yus Einschätzung. „Aber es gilt wachsam zu bleiben, um angemessen auf externe Gefahren reagieren zu können wie beispielsweise die Auswirkungen der europäischen Schuldenkrise oder die anhaltende Unsicherheit um die Entwicklung des Dollars."

Auch Chen Dongqi, stellvertretender Leiter des Forschungsinstituts für Makroökonomie der Kommission für Entwicklung und Reform, sieht die chinesische Wirtschaft weiterhin auf einem stabilen Wachstumskurs. „Es gibt weiterhin rege Investitionen, die eine solide Basis für die wirtschaftliche Entwicklung schaffen", so Chen. „Und auch die chinesischen Verbraucher öffnen ihre Portemonnaies und füllen so die angesichts sinkender Exporte klaffende Lücke." Für das dritte Quartal sei zu erwarten, dass die Wirtschaft wieder anziehe, „sobald die Firmen ihre Lagerbestände nicht mehr reduzieren und sich die allgemeine Nachfrage wieder erholt hat."

Nach Auffassung von Dong Tao, Volkswirt bei Credit Suisse, bestehe für die chinesische Zentralbank derzeit keine Eile, ihre Geldpolitik zu lockern. Durch die straffe Zinspolitik würden Ängste vor einem weiteren Preisschub in der Immobilienbranche im Keim erstickt. „Die Regierung weiß ihre Kaufkraft zu nutzen, um eine zu starke Abschwächung des Wachstums zu verhindern", so Dong. „Statt einer voreiligen Lockerung der Geldpolitik, wird die Regierung mit staatlichen Paketen zur Wirtschaftsbelebung zur Stelle sein, falls die Gefahr einer harten Landung besteht."

„Die chinesische Wirtschaft ist voll und ganz auf Wachstum eingestellt", sagt Stephen Green, Volkswirt der Standard Chartered Bank Hongkong. „Beim Fortschreiten von Urbanisierung und Industrialisierung ist bisher kein Ende in Sicht und auch all die Fördergelder auf der lokalen Regierungsebene zielen eindeutig auf Wachstumsförderung", sagt er.

Laut einem Bericht der Deutschen Bank gibt es derzeit vor allem fünf Faktoren, die ein Inflationsrisiko darstellen: großflächige Stromausfälle, ein Rückgang der Autoverkäufe, weitere Einbrüche im Bereich der verarbeitenden Industrie, wie sie der amerikanische ISM-Einkaufsmanagerindex andeutet, ein Abschwung auf dem Immobilienmarkt sowie eine weitere Verschärfung der Geldpolitik. „Aber all diese Risiken lassen sich relativ leicht kontrollieren und die Inflationsgefahr wird vermutlich ab Sommer weiter nachlassen", heißt es in dem Bericht.

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