13-07-2011
Hintergründe
Chinas Investitionen in Afrika: Wohin geht die Reise?
von Wu Fang

In den letzten Jahren ist der Handel Chinas mit Afrika stark ausgebaut worden. In der internationalen Gemeinschaft mehren sich Stimmen, die vor einem Ausverkauf der Ressourcen des Kontinents zu Gunsten Chinas warnen. US-Außenministerin Hillary Clinton hat Mitte Juni Afrika bereist und dabei ähnliche Befürchtungen geäußert, auch wenn sie dabei China nicht ausdrücklich erwähnt hat. In einer Fernsehsendung in Sambias Hauptstadt Lusaka sagte sie am 11. Juni 2011: „Wir sind der Auffassung, dass langfristige Investitionen in Afrika nachhaltig und zum Vorteil der afrikanischen Völker sein sollten. Es ist einfach – das haben wir im Zeitalter des Kolonialismus gesehen – rein zu gehen, Bodenschätze rauszuholen, die politischen Führer zu bezahlen und zu gehen. Und wenn man wieder gegangen ist, ist nicht mehr viel übrig für die Menschen, die im Lande bleiben (...) Wir wollen keinen neuen Kolonialismus in Afrika sehen."

Diese Gefahr besteht angesichts des chinesischen Engagements in Afrika nicht. Die chinesisch-afrikanische Kooperation orientiert sich am Gesetz des Marktes. Als Nachzügler auf dem afrikanischen Markt befolgen chinesische Investoren die Gesetze des jeweiligen Landes, entrichten ihre Steuern und tragen zur Belebung des lokalen Arbeitsmarktes bei. Zudem haben sie zur Brechung des Monopols westlicher Konzerne beigetragen, was den Interessen der Verbraucher entgegenkommt. Chinas Investitionen in Afrika erhöhen den Wert heimischer Rohstoffe, wodurch sich der Ressourcenvorteil unmittelbar in einen Entwicklungsvorteil ummünzen lässt.

Der Abbau von Bodenschätzen ist nur ein Teil der chinesisch-afrikanischen Wirtschaftskooperation. China hat Handelsabkommen auch mit einer Reihe afrikanischer Staaten abgeschlossen, die nicht über Bodenschätze verfügen. So haben China und Äthiopien eine Wirtschaftszone errichtet. Derartige Aktivitäten haben nichts mit der „Plünderung von Ressourcen" zu tun.

Warum aber provozieren Chinas Investitionen in Afrika so harsche Kritik? Ein Hauptgrund dürfte darin liegen, dass tatsächlich eine ganze Reihe von Problemen bei Chinas Afrika-Engagement bestehen. Die Schwierigkeiten lassen sich in vier Kategorien unterteilen:

Erstens haben chinesische Unternehmen vorwiegend in Branchen investiert, die sich am unteren Ende der Wertschöpfungskette befinden. Es gibt wenige Investitionen in den Bereichen Finanzdienstleistung und Tourismus. Die meisten chinesischen Investitionen konzentrieren sich auf den Einzelhandel und die Fertigungsindustrie. In diesem Investitionsumfeld ist es relativ einfach, mit lokalen Anbietern in Konflikt zu geraten.

Zweitens mangelt es den meisten chinesischen Unternehmen an Managern, die über Auslandserfahrung verfügten. Das Personal ist unvertraut mit den Grundsätzen internationalen Managements. In den letzten Jahren haben afrikanische Regierungen im Zeichen der Wirtschaftsentwicklung nicht nur verstärkt Anstrengungen unternommen, Investitionen anzuziehen, sondern auch die Anforderungen hinsichtlich gesellschaftlicher Verantwortung und Umweltschutz deutlich erhöht. In den wenigstens chinesischen Firmen aber gibt es Manager, die diese Politik der Gastländer nachvollziehen können.

Drittens sind viele chinesische Unternehmen noch nicht wirklich in Afrika angekommen, sie haben es versäumt, tatsächlich zu afrikanischen Firmen zu werden. Um die Kosten zu senken und die Effizienz zu erhöhen, bevorzugen viele chinesische Unternehmen Arbeiter aus China als Arbeitskräfte. Das führt zu Konflikten auf dem lokalen Arbeitsmarkt, Missverständnisse und Missgunst sind häufige Folgen dieser Personalpolitik.

Viertens kommt es wegen Mentalitätsunterschiede häufig zu Streitigkeit u.a. hinsichtlich der Aufteilung der Arbeit, des Einsatzes von Kapital, der Verteilung des Gewinns und der Erfüllung von Umweltstandards.

Afrika ist für westliche Industriestaaten ein  traditioneller Exportmarkt und ein wichtiger Rohstofflieferant. Für die Schwellenländer ist Afrika ebenfalls ein wichtiger Markt, auf dem sie miteinander um Absatz konkurrieren. Auf einem Markt, der heftig umworben wird, kann es leicht vorkommen, dass es beim Auftreten von Problemen mit einem Handelspartner zu einer übertriebenen oder verfälschten Darstellung der Schwierigkeiten kommt. Da ist der Weg zum Etikett „Neuer Kolonialismus" nicht mehr weit. Dies hat zu Chinas lädiertem Image in einigen Ländern Afrikas geführt. Auch Afrikaner sind besorgt, und einige Extremisten haben sogar zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit chinesischen Unternehmern angestachelt, was die chinesische Wirtschaft in Afrika stark unter Druck gesetzt hat. Die chinesische Regierung und Unternehmen sollten sich gemeinsam darum bemühen, positive Lösungsansätze zu finden und eine entsprechende Politik auszuarbeiten.

Während die Regierung die internationale Zusammenarbeit fördert und sich verstärkt um ein gutes Image Chinas auf der internationalen Bühne bemüht, sollte sie doch auch Wert darauf legen, chinesischen Auslandsinvestitionen eine definierte Richtung zu geben und geeignete Standards für das Geschäft in Übersee auszuarbeiten. Vorrangig sollten möglichst bald entsprechende Gesetze und Regelwerke zur Regulierung chinesischer Investitionen in Afrika geschaffen werden, damit chinesische Unternehmen in Afrika in Übereinstimmung mit den lokalen Gesetzen ihr Geschäft betreiben und ihrer gesellschaftlichen Verantwortung besser nachkommen können.

In Städten Afrikas, in denen chinesische Firmen in besonders großer Zahl aktiv sind, sollten Handelskammern oder Interessensverbände gegründet werden, um die Koordinierung zwischen der heimischen und der chinesischen Wirtschaft zu verbessern, und rasch und flexibel auf aktuelle Entwicklungen reagieren zu können. Die Handelskammern sollten regelmäßig Statistiken zum Stand der chinesischen Wirtschaftsaktivitäten vor Ort veröffentlichen und über den Prozess der Preisbildung informieren. Die Regierung sollte Experten und Regionalwissenschaftler, die sich mit Afrika befassen, dazu ermutigen, chinesischen Unternehmen landeskundliche Informationen zu erschließen und interkulturelle Kompetenz zu vermitteln.

 

Die Autorin ist Wissenschaftsassistentin am Institut für Internationale Wirtschafts- und Handelsbeziehungen beim Handelsministerium.