Der Hochgeschwindigkeitszug zwischen Beijing und Shanghai wird die Infrastruktur in Chinas Osten entlasten und die beiden großen Wirtschaftsräume enger miteinander verknüpfen.
Der Hauptbahnhof von Wuxi
Mei Yonghong, der Bürgermeister der Stadt Jining in der Provinz Shandong, blickt voller Erwartung auf die Eröffnung der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Beijing und Shanghai. Vor lokalen Beamten kündigte er am 17. Mai an: „Jining wird im Rahmen dieser neuen Verkehrsanbindung sein Bestes tun, um die Tourismusindustrie der Region zu fördern und zu entwickeln."
Jining liegt in der Nähe der Haltestelle Qufu, der Heimat von Konfuzius. Nach Mei werde die verringerte Fahrzeit mehr Besucher aus den Metropolen Beijing und Shanghai nach Jining bringen, vor allem an Wochenenden und Feiertagen: „Zweifellos wird dank der Hochgeschwindigkeitstrecke der Tourismus einen Aufschwung erleben."
Nicht nur Jining will seinen Vorteil aus der Eröffnung der Strecke ziehen, alle lokalen Regierungen der Städte entlang der Eisenbahnlinie wollen die Chancen nutzen, die sich aus der neuen Anbindung ergeben.
Der Beijing-Shanghai-Hochgeschwindigkeitszug, der die zwei dynamischsten Wirtschaftsräume des Landes zwischen dem Bohai-Meer und dem Jangtse-Delta miteinander verbindet, kann die Wirtschaftsentwicklung und die Arbeitsmarktlage in den Gebieten entlang der Eisenbahn effektiv fördern, sagt Xu Fengxian vom Forschungsinstituts für Wirtschaft bei der Akademie für Sozialwissenschaften.
Die gegenwärtige Eisenbahnverbindung zwischen Beijing und Shanghai ist eine der meistbenutzten Linien in China inmitten einer Region, in der ein Viertel der Gesamtbevölkerung des Landes leben. Zwischen Beijing und Shanghai passiert sie Tianjin und durchzieht die Provinzen Hebei, Shandong, Anhui und Jiangsu. Am gesamten Passagier- und Frachtgutvolumen des Landes hat die Strecke einen Anteil von 10,2 beziehungsweise 7,2 Prozent, während ihre Länge nur zwei Prozent des gesamten Eisenbahnnetzes Chinas ausmacht.
„Die begrenzte Kapazität zum Transport von Passagieren und Gütern auf der bestehenden Gleisanlage zwischen Beijing und Shanghai hat den Austausch zwischen den zwei Wirtschaftsräumen verlangsamt", sagt Wang Zhitai, Vizedirektor der China Society of Logistics (CSL), einem überregionalen Forschungsinstitut.
Die zwei Wirtschaftsregionen, deren Zentren Beijing und Shanghai sind, haben jeweils unterschiedliche Stärken vorzuweisen. Die Region um das Bohai-Meer liegt in der Nähe der wichtigsten Kohlefördergebiete, Shanghai im Jangtse-Delta verfügt über den wichtigsten Finanz- und Dienstleistungssektor des Landes. Nach Wang ist die Interaktion zwischen beiden Regionen durch die Überlastung der bestehenden Infrastruktur behindert. Die Inbetriebnahme des Hochgeschwindigkeitszuges könne die Lage deutlich verbessern.
Nach der Eröffnung der neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke wird die bestehende Trasse als Güterstrecke mit einer durchschnittlichen Kapazität von 130 Millionen Tonnen pro Jahr genutzt werden, so dass die Logistik auf der Route enorm erleichtert wird. Die Hochgeschwindigkeitsstrecke bleibt dem Personenverkehr vorbehalten: Durch 90 Zugpaare pro Tag wird die Neubaustrecke nach Angaben des Eisenbahnministeriums imstande sein, pro Jahr 80 Millionen Passagiere zu befördern.
Mit der verbesserten Verbindung zwischen dem Bohai-Meer und dem Jangtse-Delta, den zwei dynamischsten Wirtschaftszonen Chinas, können die Transportkosten effektiv reduziert werden, meint Zhao Hong, Direktor des Forschungsinstituts für Wirtschaft bei der Beijinger Akademie für Sozialwissenschaften.
Außerdem trennt die neue Hochgeschwindigkeitsstrecke die Beförderung von Menschen und Gütern: Shanghai Hongqiao, die Endstation des Hochgeschwindigkeitszuges in Shanghai, ist ein bedeutender Verkehrknotenpunkt nicht nur für die Stadt, sondern auch für das gesamte Jangtse-Delta. Er umfasst einen Flughafen, einen Bahnhof und zahlreiche Endhaltestellen von Buslinien. „Durch den Hochgeschwindigkeitszug kommen Passagiere in den Genuss eines nahtlosen Transfers zu anderen Orten", sagt Zhao.
Auf lange Sicht kann die neue Strecke die Urbanisierung und die Entwicklung des ländlichen Raumes durch die Entstehung weiterer moderner Verkehrknotenpunkte fördern, so Zhao. Er schätzt, dass die Inbetriebnahme das Bruttoinlandsprodukt der Gebiete entlang der Eisenbahnlinie um bis zu 20 Prozent erhöhen kann.
Sun Xiaofei, Wissenschaftler am Samsung Economic Research Institute China mit Sitz in Beijing, macht deutlich, dass der Hochgeschwindigkeitszug die Urbanisierung der Gebiete, die er durchquert, beschleunigen kann und den steigenden Transportbedarf im Personen- und Güterverkehr befriedigen wird.
Die Strecke wird zur Entstehung überregionaler Agglomerationen beitragen. Mit der Verringerung der Reisezeit um die Hälfte können die Städte entlang der Linie enger miteinander verbunden werden, so dass Produktions- und Dienstleistungspotenziale besser vernetzt werden. Außerdem kann die neue Strecke den Strukturwandel in Chinas Osten beschleunigen.
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