23-05-2011
Nachrichten
Yangbajing – Tibets Energiestadt

Yangbajing liegt an der Überlandstraße von Qinghai Richtung Süden ins tibetische Lhasa, der Hauptstadt des Autonomen Gebiets. Die Gemeinde besteht aus lediglich zwei Häuserreihen. Sie ist so klein, dass sie schon von so manchem Reisenden einfach übersehen worden ist. „Ach, so! Das war Yangbajing!", ist ein Ausruf, den man nach der Fahrt durch die kleine Gemeinde nicht selten zu hören bekommt. Nur die wenigsten wissen, dass sich in Yangbajing das größte Geothermiekraftwerk der Welt befindet.

Yangbajing gehört zum Landkreis Dangxiong im Bezirk Lhasa. Die Gemeinde ist umgeben von schneebedeckten Bergen und dichten Wäldern. Ab und zu sprudelt aus der Erdoberfläche bei Yangbajing heißes Wasser, Dampfschwaden ziehen über die Gegend. Ein Phänomen, das Hydrologen und Elektroingenieure in den 1970er Jahren zu erforschen begannen. 1975 entdeckten sie schließlich das geothermische Potential, das 300 Meter unter Yangbajing schlummert. Einem Expertenteam der Akademie der Wissenschaften gelang es wenig später, den ersten Schacht zu graben und die Wärme aus der Erde in Elektrizität umzuwandeln. Seither hat sich Yangbajing in China als Energiestadt einen Namen gemacht. In fast jedem chinesischen Schulbuch wird der Ort am Fuße des Nyenchen Tanglha-Berges als Synonym für Erdwärme verwendet.

Natürliche Energiequellen wie Sonne, Wind, Wasser oder Erdwärme gewinnen in der heutigen Zeit zunehmend an Bedeutung. Tibet ist reich an geothermischen Ressourcen. Die Abgeschiedenheit vieler Erdwärme-Vorkommen in den unwirtlichen Höhenlagen Tibets erschwert die kommerzielle Nutzung jedoch massiv. Dies erklärt, warum die Geothermie in Tibet erst seit den 1970er Jahren zur Stromgewinnung genutzt wird.

Yangbajing ist nicht nur reich an Geothermie, sondern auch noch geografisch günstig gelegen. Der Entscheid, hier im Jahr 1975 das erste Geothermiekraftwerk Chinas zu bauen, fiel daher leicht. Seither wurde die Infrastruktur zur Wärmegewinnung aus dem Boden in Yangbajing kontinuierlich erweitert. Ein Meilenstein in der Geschichte des Geothermiekraftwerks in Yangbajing war das Jahr 1982, als mit Hilfe von Experten des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) neue Generatoren zur Stromerzeugung installiert wurden. Im Jahr 2000 schließlich arbeiteten japanische Ingenieure einen Plan aus, der die Nutzung von Erdwärme zur Erzeugung von Strom für mindestens dreißig weitere Jahre sicherstellt.

In der Zwischenzeit wurde in Yangbajing ein weiteres Kraftwerk gebaut. Die beiden geothermischen Kraftwerke verfügen über eine Gesamtkapazität von 24 000 Kilowattstunden. Seit ihrer Fertigstellung haben sie bereits 2,5 Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugt. 140 Millionen Kilowattstunden allein im vergangenen Jahr.

Das Kraftwerk in Yangbajing ist das erste geothermische Kraftwerk in China. Es hat bei der wirtschaftlichen Entwicklung Tibets eine zentrale Rolle gespielt. Vor der Fertigstellung des Wasserkraftwerks Yanghu im Jahr 1998 wurde in Yangbajing 60 Prozent des Stroms für Lhasa erzeugt. Geradezu überlebenswichtig für Lhasa ist das Geothermiekraftwerk Yangbajing im langen Winter, wenn die Wasserkraftwerke infolge der zugefrorenen Flüsse außer Betrieb sind.

Im Jahr 2010 wurde das Geothermiekraftwerk in Yangbajing renoviert, um die Stromproduktion effizienter zu gestalten. Dank neuer Technologien konnte der Nutzungsgrad der Erdwärme weiter erhöht werden. Yangbajing ist jedoch erst der Anfang. Erdwärme soll auch in anderen Regionen Tibets schon bald als Energielieferant genutzt werden. Experten sagen dem Dach der Welt diesbezüglich eine große Zukunft voraus.

Neuerdings wird in der Energiestadt Yangbajing auch die Produktion von Solarstrom vorangetrieben. Im Jahr 2010 wurde mit dem Bau eines Solarkraftwerks begonnen. Das auf 25 Jahre angelegte Projekt kostet 220 Millionen Yuan und soll täglich 10 000 Kilowattstunden Strom erzeugen. Wenn die Strategie der Regierung in Lhasa aufgeht, dann wird der Ausruf „Ach, so! Das war Yangbajing!" wohl schon bald der Begrüßung „Willkommen in Tibets Energiestadt Yangbajing!" weichen. (Quelle: Radio China International)