29-12-2010
Sonderberichterstattung
Das Jahr 2011 in den Augen der Ökonomen
von Jin Duoyou

Wang Jianmao, Professor für Ökonomie an der China-Europa Industrie- und Handelsakademie

Wang Jianmao sieht wachsende Inflationsgefahr im neuen Jahr. „Vor dem Hintergrund der weltweiten Inflation ist es kaum möglich, den Konsumpreisindex in China im kommenden Jahr unter 3 Prozent zu halten." Dies führt er vor allem auf die zu großzügig ausgehändigten Kredite in den vergangenen zwei Jahren zurück. Allein im Jahr 2009 sei der Preis für Immobilien in China durchschnittlich um 23,5 Prozent gestiegen. Die chinesische Regierung hat im Arbeitsbericht ihren Willen bekräftigt, Preise für Immobilien und Rohstoffe nicht mehr so stark zu regulieren, aber auch die Löhne nicht länger künstlich niedrig zu halten. Mit deutlichen Preiserhöhungen muss also gerechnet werden.

Auch wenn China 2011 gezielt sein Wachstum verlangsamt, werden die Volkswirtschaften der anderen Schwellenländer weiterhin auf der Überholspur bleiben. Deren enorme Nachfrage nach Ressourcen werde die Rohstoffpreise auf dem Weltmarkt in die Höhe treiben, was indirekt Inflationsgefahr auch nach China bringen werde.

Lee Kaifu, CEO von Innovation Works

Lee meint, dass sich das mobile Internet zum neuen Liebling der Märkte entwickeln wird. Die Software für herkömmliche PCs wird zu sehr dominiert von einigen großen Namen. Für Einsteiger gibt es da so gut wie keinen Spielraum. Der Markt für mobiles Internet ist hingegen noch jung. In China gibt es 800 Millionen Handynutzer, 60 Prozent davon surfen gerne mit ihren Handy. Lee meint, der Preis für internetfähige Smart-Phones werde in absehbarer Zeit drastisch sinken. Für immer mehr Kunden werden Smart-Phones mit Wifi zum einzigen Gerät werden, mit welchem sie ins Internet geht. Der PC werde nach und nach verdrängt.

Su Hainan, Chefökonom des Forschungsinstituts für Arbeit und Lohn des Ministeriums für Arbeit und Soziale Absicherung

Su meint, die große Kluft zwischen Arm und Reich in China gehe vor allem auf die ungerechten Lohnunterschiede und das chaotische Verteilungssystem zurück. „Es ist nicht mehr eine reine Wirtschaftsfrage, sondern eine soziale bzw. politische Frage geworden, die die Stabilität der Gesellschaft gefährden wird."  Schon im Jahr 2005 wurde eine Umgestaltung des Verteilungssystems diskutiert. Diese Reform aber hat in den vergangenen sechs Jahren keinen Erfolg erzielt. Die Einkommensschere geht sogar immer weiter auseinander. Su hofft, dass die Zentralregierung 2011 trotz der Proteste verschiedener Interessensgruppen diese wichtige Reform tatsächlich umsetzen kann.

Yao Jingyuan, Chefökonom des Staatlichen Statistikamtes

 2011 muss China mehr Wert auf die Qualität des Wirtschaftswachstums legen, so der Chefökonom des Staatlichen Statistikamtes. In den vergangenen dreißig Jahren hat China durch die Förderung von arbeitsintensiven und energieaufwändigen Industriebranchen einen Aufschwung realisiert. Um die Wirtschaft kontinuierlich zu entwickeln, muss man nun aber das alte Modell aufgeben und sich mehr auf die Qualität des Wachstums konzentrieren, so Yao. Man solle den Beamten klarmachen, wie wichtig heute der Umbau der Wirtschaftsstruktur für eine nachhaltige Entwicklung des Landes sei. Zudem sollte die Regierung die Unternehmen unterstützen, damit sie während des Umbaus des Produktionsmodells wettbewerbsfähig bleiben können.

Li Jian, stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts für Außenhandel und wirtschaftliche Zusammenarbeit

„Der Wechselkurs des Renminbi wird sich vielleicht erhöhen, aber das wird nur schrittweise und langfristig vollzogen werden", meint der Ökonom. Wegen der lockeren Geldpolitik der USA befindet sich der US-Dollar langfristig in einem Abwertungskanal, weswegen der Renminbi auch in den kommenden Jahren nach wie vor unter starkem Aufwertungsdruck steht. Aber die Aufwertung wird sich nicht von heute auf morgen vollziehen. Eine stabile Makrowirtschaft vorausgesetzt, wird sich der Wechselkurs schrittweise und kontrolliert erhöhen. Nach Auffassung von Li Jian wird sich der Yuan im Jahr 2011 nicht mehr als fünf bis sechs Prozent verteuern.

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