Dr. Di Dongsheng, Dozent des Instituts für Internationale Studien, an der Renmin-Universität
Hat es Auswirkungen auf die bilateralen Beziehungen zwischen China und den USA, wenn sich China selektiv aus dem Konjunkturpaket zurückzieht?
Ich glaube nicht. China hat bereits heute einen großen Beitrag zur Wiederbelebung der Weltwirtschaft geleistet, was sehr deutlich vor aller Augen liegt. Trotz seines Rückzugs aus Konjunkturprogrammen kann China die Entwicklung der Weltwirtschaft beflügeln.
In China fordern mittlerweile viele Ökonomen, dass sich die Regierung von Konjunkturprogrammen verabschieden soll. Allerdings befürchtet man zugleich, dass bei einem Auslaufen des Konjunkturpakets viele Menschen ihren Arbeitsplatz verlieren werden. Wie kommentieren Sie diese Sorge?
Ich glaube nicht, dass es zu einer Massenarbeitslosigkeit kommen wird, wenn China sich selektiv aus dem Konjunkturpaket zurückzieht. Durch eine Analyse der Altersstruktur der chinesischen Bevölkerung kann man leicht erkennen, dass China gerade einen Scheitelpunkt überstiegen hat: der Eintritt ins Arbeitsleben betrifft normalerweise die Altersklasse der 18- bis 19-Jährigen, während die Anzahl der Menschen in dieser Alterskohorte in drei bis fünf Jahren stark absinken wird, also von heute 19 Millionen auf dann acht bis neun Millionen. Der Wegfall von Arbeitsplätzen für Minderqualifizierte wird sich also nicht negativ auf den Arbeitsmarkt auswirken können. China wird es besser gelingen, konjunkturelle Schwankungen auszugleichen. Deswegen glaube ich, dass man sich nicht besonders um die Arbeitsmarktlage sorgen muss.
China steht vor einem Wandel seiner Wirtschaftsstruktur und einer Aufwertung seiner Industriestruktur. Glauben Sie, dass der Rückzug von Konjunkturprogrammen diesem notwendigen Strukturwandel förderlich ist?
Zunächst einmal glaube ich, dass diese zwei Dinge auf verschiedenen Zeitebenen liegen. Die Industrie auf einem höheren Glied der Verwertungskette anzusiedeln ist eine Aufgabe, für die mindestens zehn Jahre veranschlagt werden müssen, während der Rückzug aus dem Konjunkturpaket eine relativ kurzfristige Angelegenheit ist.
Allerdings gibt es Berührungspunkte zwischen beiden Vorgängen. Wenn wir uns aus dem Konjunkturpaket zurückziehen, werden wir Blasenbildung auf dem Markt als Folge übermäßigen Kapitalzuflusses reduzieren können. Dies wird zum Wandel der Wirtschaftsstruktur beitragen. Wenn Unternehmen nicht länger durch das Konjunkturpaket der Regierung Subvention beziehen, werden sie dazu gezwungen sein, sich zu wandeln, um auf dem Markt zu überleben. Eine nachhaltige Verbesserung der Industriestruktur bedarf positiver Signale der Regierung. Die Regierung muss den Regulierungskräften des Marktes vertrauen, die Potenziale chinesischer Unternehmen realistisch einschätzen, und den Bürgern des Landes mit dem Aufbau sozialer Sicherungssysteme entgegenkommen.
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